Edelhof Rohrbach an de rGölsen - © Foto: ORF

Missbrauchsvorwürfe gegen ein Kinderheim

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Drei Brüder klagen an: Sie sollen von Ordensfrauen in Rohrbach an der Gölsen körperlich und psychisch misshandelt worden sein.

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Drei Brüder klagen an: Sie sollen von Ordensfrauen in Rohrbach an der Gölsen körperlich und psychisch misshandelt worden sein.

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Der Edelhof im Sommer, umrahmt von sattem Grün: Was heute ein idyllisches Bild abgibt, scheint von einer düsteren Vergangenheit überschattet. Zumindest stehen schwerwiegende Vorwürfe im Raum. Bis 2014 war hier, in Rohrbach an der Gölsen im Bezirk Lilienfeld, ein Kinderheim untergebracht, betrieben vom „Orden der Schwestern vom armen Kinde Jesus“. Drei Brüder wuchsen hier auf, nachdem sie ihren Eltern wegen Vernachlässigung von der Stadt Wien abgenommen worden waren. Die Buben sollen von den Ordensfrauen von 1991 bis 2001schwer misshandelt worden sein – körperlich und psychisch. Nachdem sie sich an die unabhängige Opferschutzkommission der katholischen Kirche (Klasnic-Kommission) gewandt hatten, bekamen sie 2019 eine finanzielle Entschädigung. Doch nun klagen die Männer im Alter von 34, 35 und 37 auf Schadenersatz – vom Orden, der Diözese St. Pölten und der Stadt Wien. Es wäre bei weitem nicht der erste Missbrauchsfall in Kinderheimen. Doch die beklagten Institutionen streiten die Vorwürfe im laufenden Gerichtsverfahren ab: Die Gewalt sei nicht nachzuweisen, und als Kinder hätten die heutigen Kläger bei den Kontrollen geschwiegen.

Am Montag hat die ORF-Sendung „Thema spezial“ den Fall beleuchtet. Die neuen Besitzerinnen des Edelhofs hatten den Journalisten erlaubt, dort zu filmen. Zwei der Brüder haben dabei offen über ihr Schicksal und ihre anhaltenden Schwierigkeiten gesprochen: Arbeitslosigkeit, Alkoholmissbrauch, Gewalt gegenüber Frauen. „Ich habe gemerkt, wo ich auch hingehe – es verfolgt dich halt“, sagte einer von ihnen. „Wenn ich nicht brav war, wurde ich zu den Schweinen gesperrt. Es wurde gesagt, wenn du dich nicht benehmen kannst, gehörst du eh dorthin.“ Sie berichteten auch von öffentlicher Demütigung: „Ich bin bestraft worden und habe deshalb ins Bett gemacht, daraufhin bin ich wieder bestraft worden. Es hat nie aufgehört. Ich musste am nächsten Tag im großen Raum stehen mit dem angemachten Leintuch über dem Kopf (...). Die anderen Kinder wurden von den Schwestern aufgefordert, mich auszulachen.“

Dem Fernsehpublikum vermittelte sich ein authentischer Einblick in eine tragische Situation. Wertvoll in der ORF-Sendung waren auch die Einschätzungen von Expert(inn)en wie der Psychotherapeutin Elia Bragagna oder dem ehemaligen Vorstand des Jugendgerichtshofs Udo Jesionek, heute Präsident der Verbrechensopfer-Hilfsorganisation „Weisser Ring“. Sie machten deutlich, welche tiefschürfenden Schäden und verheerenden Dynamiken durch traumatische Beziehungserfahrungen ausgelöst werden können. Es braucht Aufklärung – hier im konkreten Fall und ganz generell im Sinne einer traumabewussten Gesellschaft.

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