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Am Beginn des neuen Baujahres

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Die anhaltende Konjunktur der österreichischen Wirtschaft und ein wiederum investitionsintensiv erstelltes Budget ermöglichen es dem Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau — als dem Bauressort des Bundes —, auch im Jahre 1959 eine Vielzahl von Baumaßnahmen durchzuführen. Ob es sich um deri Wiederaufbau und Neubau staatlicher Gebäude, die Wiedererrichtung kriegsbeschädigter oder -zerstörter Wohnhäuser, die Wasserversorgung und Kanalisation, den Wasserbau, den Bundesstraßen- und den Autobahnbau handelt — überall sind wir bestrebt, unter rationellstem Einsatz womöglich noch höherer Mittel als im Vorjahr ein Optimum an Leistung zu erzielen, der österreichischen Bauwirtschaft die Möglichkeit zur vollen Ausschöpfung ihrer Kapazitäten zu bieten und — nicht zuletzt — der Vollbeschäftigung zu dienen.

Wenn ich ohne Umschweife mit dem Wiederaufbau beginne: er ist hinsichtlich der staatlichen Hochbauten, von einzelnen kleineren Objekten abgesehen, abgeschlossen. Mit der Restaurierung der prachtvollen Festsäle in der Hofburg und ihrer Ausgestaltung zu einem modernen internationalen Kongreß- und' Festsaalbereich sowie mit dem Wiederaufbau der altehrwürdigen Burg zu Wiener Neustadt haben wir im abge laufenen Jahr zwei Taten gesetzt, die Oesterreichs Namen als kulturelle Großmacht neuerdings in alle Welt hinaustrugen. Daneben wird die dringend notwendige Sanierung und Modernisierung einer Vielzahl von Bundesgebäuden, die während der Kriegs- und Nachkriegszeit vernachlässigt wurden, nur im Rahmen eines langjährigen Programms und unter Aufwendung sehr hoher Kosten zu bewältigen sein.

Rüstig schreitet die Arbeit an zahlreichen Neubauten fort. Für die Weiterführung, Fertigstellung und die Inangriffnahme von Kultur- und Amtsgebäuden sieht das diesjährige Budget 215 Millionen Schilling vor, gegenüber einem finanzgesetzlichen Ansatz in Höhe von 123 Millionen Schilling im Vorjahr. Dazu kom-

men noch 25 Millionen Schilling als Sonderkredite für die Fertigstellung des Werkstättengebäudes im Arsenal und 17,5 Millionen Schilling für die Aufstellung des Oesterreichischen Weltausstellungspavillon im Schweizergarten, rund 1,8 Millionen Schilling für Sportbauten und verschiedene kleinere ERP-Beträge für die Fertigstellung landwirtschaftlicher Schulen.

Der Schwerpunkt der Baumaßnahmen liegt heuer bei den Unterrichts- bzw. Kulturbauten,' für die im Bundesvoranschlag allein rund 125 Millionen Schilling enthalten sind. Von diesem Betrag werden 70 Millionen Schilling für die Fortsetzung bzw. Fertigstellung von 55 bzw. 13 Schulbauten, 25 Millionen Schilling für das Universitätsinstitutsgebäude in Wien I und 30 Millionen Schilling für den Neubau der Mittelschulen in Lepben und Graz (2. Bundesrealgymnasium sowie Höhere Bundeslehranstalt für hauswirtschaftliche Frauenberufe), die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien XIV. und voraussichtlich auch für die Bundeserziehungsanstalt für Mädchen in Altmünster verwendet werden.

Unter den im Jahre 1959 fertig werdenden Schulbauten befinden sich unter anderen die Mittelschulen in Wien XIX, Billrothstraße, Wien IX, Wasagasse, Bundesrealgymnasium und Bundeshandelsakademie in Linz, Bundesrealgymnasium in Schärding, das letzte Baulos der Mädchenmittelschule in Salzburg-Nonntal, die Frauenoberschule in Graz-St. Peter und die Bundesfachschule für Stahlbearbeitung in Fulpmes sowie die Bundestextilschule in Dornbirn. Besonders interessant wird die Errichtung des Atomreaktors für die Technische Hochschule in Wien II, Stadionallee, werden. Der Reaktor selbst soll noch im Juni aus den USA geliefert werden.

Weiter steht die Klimabiologische Versuchsanstalt auf dem Patscherkofel vor der Fertigstellung. Beim Neubau des Chemischen Instituts in Graz werden derzeit die umfangreichen Installationsarbeiten für die einzelnen Laboratorien ausgeführt. Mit der Fertigstellung des Werkstättengebäudes in Ossiach wird die dortige forstliche Ausbildungsstätte zur Gänze im eigenen Heim untergebracht sein. In Kematen und in Ellenberg (Oberösterreich) werden landwirtschaftliche Mittelschulen errichtet bzw. ausgebaut, ln Rotholz soll ein Neubau für die Hartkäserei errichtet werden. Beim Bundessportheim in Hintermoos wird man das Haus Unterbach abbrechen und durch einen Neubau ersetzen. Für den Jugend-Campingplatz am Faakersee wird ein Gebäude zur Unterbringung der sanitären Anlagen und Duschen errichtet.

Von den 60 laufenden Bauvorhaben für Amtsgebäude werden in diesem Jahr neun fertig- gestellt bzw. der Benützung übergeben werden. Es handelt sich um den Neubau von Finanz-, Arbeits- und Vermessungsämtern, Gendarmerie- und Polizeiunterkünften, Gerichtsgebäuden und Zollstützpunkten. Das interessanteste Bauvorhaben wird das am Naßfeldpaß sein. Am 1. Juni 1959 soll dort der Grenzübergang nach Italien freigegeben werden. Es muß daher die Zollabfertigung an lawinengeschützter Stelle einen Neubau erhalten.

Das getrennt finanzierte neue Salzburger Festspielhaus wächst trotz aller Unkenrufe mit einer Schnelle und Präzision aus dem Boden, die ihresgleichen suchen. Der Rohbau ist bereits vollendet und das fertige Haus wird, wie vorgesehen, zur Saison 1960 seiner Bestimmung übergeben werden.

Der Wiederaufbau kriegsbeschädigter und -zerstörter Wohnhäuser geht planmäßig weiter. 7,7 Milliarden Schilling wurden bisher für den Bau oder die Sicherung von rund 125.000 Wohnungen in ganz Oesterreich aufgewendet. Der Wohnhaus-Wiederaufbaufonds hat aber seine Aufgabe noch lange nicht beendet. Gegenwärtig liegen ihm noch rund 1600 Ansuchen vor, in denen eine Gesamtdarlehenssumme von rund 5; Milliarden Schilling änge- sprochen wird. Monat für Monat laufen weitere Ansuchen ein. Trotz der Auflage von Anleihen wird es, eine jährliche Finanzierung etwa im bisherigen Ausmaß angenommen, noch mindestens zehn Jahre dauern, bis alle Kriegsschäden an Wohnhäusern behoben sein werden und daneben viel zusätzlicher, über den früheren Bestand hinausgehender Wohnraum gewonnen sein wird. Neu läuft nach mehrjähriger Pause die Hausratsaktion an. Bisher sind beim Ministerium rund 1000 Ansuchen eingelangt, mit deren Bearbeitung bereits begonnen wurde.

Der Bau von Wa.sse.rvtrsprgu.ngs- und Kanalisationsanlagen, der bisher auf der Grundlage des Wasserbautenförderungsgesetzes nur höchst unzureichend subventioniert werden konnte, wird nach der jüngst beschlossenen Novelle zu diesem Gesetz einen starken Auftrieb erfahren. Erhöhtes Augenmerk beansprucht in diesem Zusammenhang auch die so notwendige Reinhaltung der Gewässer.

Die Bundeswasserbauverwaltung setzt im Bereich der Großschiffahrtsstraße Donau ihre Regulierungsarbeiten und Baggerungen'planmäßig fort, wodurch maßgebliche Verbesserungen der Schiffahrtsrinne erzielt werden. Man will in etwa zehn Jahren ein Regulierungsniederwasser von etwa 2,50 Meter erreichen, gegenüber 2,10 Meter derzeit. Die Kraftwerksbauten haben den Aufgabenbereich des Bundesstrombauamtes naturgemäß bedeutend erhöht. Daneben werden die Hafenbauten in Linz, Krems und Wien durch Bundesbeiträge maßgeblich gefördert. Umfangreiche und nur im Verlaufe zum Teil vieler Jahre zu bewältigende Aufgaben bringt die erforderliche Regulierung der Grenzflüsse in den Grenzstrecken, so an der March und Thaya, dem Inn, der Salzach, der Saalach und dem Rhein. Bezüglich der meisten dieser Regulierungen bestehen zwischenstaatliche Vereinbarungen.

Der Ausbau des 8.325. ..Kilometer langen Bundes Straßennetzes wickelt sich im Rahmen des 15-Jahr-Programms ab. Am 1. Jänner 1957 waren 1560 Kilometer (19 Prozent) voll ausgebaut und 6633, Kilometer (80 Prozent) staubfrei gemacht. Nach fünf Jahren sollten alle Bundesstraßen staubfrei und frostsaniert und 2608 Kilometer (31 Prozentj voll ausgebaut sein. Am Ende der 15 Jahre, also 1971, sollten rund 5608 Kilometer (67 Prozent) aller Bundesstraßen voll ausgebaut sein. Das noch verbleibende Drittel beinhaltet Straßen, die mangels entsprechender Frequenz noch auf lange Jahre hinaus nicht voll ausgebaut werden müssen, so insbesondere verschiedene Paßstraßen und Straßen von untergeordneter Bedeutung. V5'į.v.: ?~, : r ! it :

Die termingerechte Erfüllung dieses Programm;' setzt freilich alljährlich einen bestimmten Mindestbetrag voraus. Der derzeit pro Jahr aus dem Bundeszuschlag zur Mineralölsteuer anfallende Betrag von rund 1 Milliarde Schilling liegt noch unter diesem Erfordernis.

Von der Autobahn Salzburg—Wiep sind derzeit 144,7 Kilometer in Betrieb. Es sind dies die Teilstrecken Salzburg— (Grödig) bzw. Walserberg—Mondsee, Sattledt—Ennsdorf, Pöchlarn— St. Christophen. Höchste Dringlichkeitsstufe im weiteren Ausbau hat der Abschnitt St. Christophen—Preßbaum. Auch in der Fortsetzung bis zum Auhof soll noch 1959 begonnen werden. Weiter werden die Arbeiten von Pöchlarn in Richtung Blindenmarkt und von Sattledt in Richtung Seewalchen vorangetrieben.

Auf der Südautobahn ist im Abschnitt Wien- Vösendorf—Wiener Neustadt die Planung so weit fortgeschritten, daß mit dem Bau in wenigen Wochen begonnen werden kann. Das sicher nicht unerhebliche Problem ist hier die Aufbringung der erforderlichen 800 Millionen Schilling. Es ist zu erwarten, daß noch laufende Vorfinanzierungsverhandlungen mit der inländischen Bauwirtschaft schon in Kürze zu einem erfolgreichen Abschluß kommen werden. Auch an der Autobahn Innsbruck—Schönberg (in Richtung Brenner) wird heuer mit der Arbeit begonnen. Die ungeschmälerte Fortführung des Ausbaues der Autobahn Salzburg—Wien und der gleichzeitige Bau der Strecken Wien—Wiener Neustadt und Innsbruck—Schönberg würden pro Jahr Aufwendungen in Höhe von rund 1,1 Milliarden Schilling verursachen. Hier kann also nur die Aufnahme zusätzlichen Kapitals eine befriedigende Lösung bringen.

Diese nur unvollständige Liebersicht mag eine Vorstellung von der Vielfalt der Probleme geben, mit denen sich der Handelsminister neben den Aufgaben der Handelspolitik, der Industrie- und Gewerbepolitik zu befassen hat. Eine verantwortungsbewußte und bewährte Zusammenarbeit mit der österreichischen Bauwirtschaft wird auch die Bausaison 1959 zu einem vollen Erfolg werden lassen.

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