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Sakrale Denkmäler — Wahrzeichen des Landes

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Immer noch ließ die Höhe der Zuwendungen, die ein Staatswesen für die staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften übrig hatte, einen Rückschluß auf den Grad der gegenseitigen Beziehungen zu. Die Summe der jeweils gewährten Beihilfen ist auch immer ein Gradmesser für die wirtschaftliche Lage in den entsprechenden Epochen gewesen. Denn es ist erwiesen, daß sich Sparmaßnahmen meist in erster Linie auf die kulturellen Belange auswirken, wenn sich einmal die Notwendigkeit ergibt, solche zu treffen. Praktisch sind in solchen Zeiten immer Kultur, Kunst und Wissenschaft zu kurz gekommen, weil man glaubte, daß die Ausgaben für diese Gebiete leichter eine Kürzung vertragen.

Das Burgenland mit seinen rund 276.000 Einwohnern und 318 Gemeinden ist das zweitkleinste Bundesland Oesterreichs. Zufolge seines Wirtschaftspotentials und ausgesprochenen Mangels an Industrien ist es das finanziell schwächste Land. Trotzdem ist es sich seiner Verpflichtungen gegenüber den beiden christlichen Konfessionen stets bewußt gewesen, und die Zuwendungen des Landes an die katholischen und evangelischen Kirchen stießen nie auf Schwierigkeiten, sondern wurden einmütig vom Landtag beschlossen.

Die nachstehende Aufstellung zeigt, in welchem Ausmaß das Burgenland zur Erhaltung und zum Ausbau von Kirchen, kirchlichen Kunstwerken und sonstigen sakralen Denkmälern beigetragen hat. Wenn für die Jahre 1945 bis 1947 nichts ausgewiesen werden kann, so liegt der Grund darin, daß in diesen Jahren der Baustoffbewirtschaftung ein ausgesprochener Mangel an Baustoffen herrschte, die in erster Linie für kriegszerstörte Wohnstätten bereitgestellt werden mußten.

Für Erhaltungsarbeiten und Restaurierungen kirchlicher Bauten und Denkmäler wurden In den Jahren 1948 bis 1957 2,124.517 S, an

anderen Landesbeihilfen im gleichen Zeitraum 3,515.000 S gegeben. Außerdem wurden aus dem Gemeindeausgleichsfonds in den Jahren 1948 bis 1957 an die Gemeinden des Burgenlandes für Kirchen, Kapellen und Pfarrhöfe Bedarf szuweisungen im Betrag von 2,923.000 S zur Verfügung gestellt, insgesamt 8,5 6 2.5 1 7 S.

In diesem Betrag sind Beiträge zur Instandsetzung der Basilika in Mariazell anläßlich der 800-Jahr-Feier, zum Neubau des evangelischen Superintendentialgebäudes in Eisenstadt, -des Knabenseminars in Mattersburg und zum Neubau des Bischofshofes in Eisenstadt enthalten.

Im Zusammenhang mit der Ausgestaltung des Stephansdomes in Wien hat das Burgenland 1952 das Kommuniongitter gestiftet und leistet durch zehn Jahre innerhalb des Finanzierungsprogram-

mes des Bundes und der Länder seinen Jahresanteil.

Besonders hervorgehoben zu werden verdient der Anteil des Landes an der Ausgestaltung der Eisenstädter Pfarrkirche zur Bischofskirche. Für diesen Zweck hat das Land einen Betrag von 1,475.000 S gewidmet. Die Pfarrkirche Sankt Martin, die zufolge ihres wehrhaften Charakters das Stadtbild beherrscht, repräsentiert sich im Inneren bereits in neuer Gestaltung.

Die schon 1335 erwähnte, vielbesuchte Wallfahrtskirche in Frauenkirchen, ein Juwel kirchlicher Baukunst im Lande, bietet sich nach der Generalrestaurierung in seiner ganzen strahlenden barocken Schönheit dar. Diese prunkvolle Wallfahrtskirche mit sehenswerter Schatzkammer, die eine gotische Gnadenstatue aus dem

14. Jahrhundert aufweist, kann nachgeradezu als das burgenländische Landesheiligtum angesprochen werden.

Unter den vielen sonstigen Kirchen, die solcherart Gegenstand hilfreicher Sorge der Landesregierung waren, sind noch andere bedeutende Baudenkmäler, die eine große Anziehungskraft auch auf fremde Besucher ausüben. So die Kalvarienbergkirche in Eisenstadt-Oderberg, in der Haydn 1820 seine letzte Ruhestätte gefunden hat, ebenfalls eine Wallfahrtskirche, mit einem sehenswerten Kalvarienberg, der nach dem Vorbild von Maria-Lanzendorf gestaltet ist und dessen einzelne Stationen von lebensgroßen Holzfiguren gebildet werden. Ferner die gotische „Fischerkirche“ in Rust zum heiligen Aegydius und heiligen Pankratius mit der 1384 erbauten Kapelle und einer aus dem

15. Jahrhundert stammenden Altarstatue; in dieser Kirche konnten alte Wandmalereien freigelegt werden. Weiter die zweitürmige barocke Wallfahrtskirche in Loretto mit der Gnadenkapelle und die von einer Wehrmauer umgebene und auf einem Felsen gelegene Klosterkirche in Wimpassing an der Leitha. Nach 'der Zerstörung der alten Anlage durch die Türken wurde die Kirche in Wimpassing 1723 wiederaufgebaut. Sie beherbergte das wertvolle byzantinische Kruzifix aus dem 13. Jahrhundert, das während des Krieges in. die Stephanskirche in Wien gebracht und bei deren Brand leider, wie so vieles Unersetzliches, zerstört wurde.

Wie unsere Burgen so lieben wir die sakralen Denkmäler unserer Heimat als Wahrzeichen des Landes. Das kleine Burgenland versucht nach Kräften mitzuhelfen, daß die steinernen Zeugen seiner Vergangenheit erhalten bleiben. Saxa loquuntur — Steine sprechen; sie sprechen zu uns vom Fleiß and von der Frömmigkeit vieler Geschlechter. Sie werden davon Zeugnis geben noch lange Zeit, wenn vieles andere dahingeschwunden sein wird.

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