Fast jeder Zweite über 60 greift täglich zur „Kronen Zeitung“. Beinahe jeder Zweite unter 30 liest wochentäglich „heute“.
Wien vor einer Landtagswahl: 2001 startet der U-Bahn-Express, Hans Dichands erste und letzte offizielle Gratiszeitung. Denn was Deutsche „Klaubeutel“ schimpfen und den Erfolg der Krone mitbegründet, gilt uns als Selbstbedienung. Und Heute, das Blatt nach dem U-Bahn-Express, hat mit dem weltgrößten Kleinstformat formal nichts zu tun. Weil Hälfteeigner WAZ das nicht will.
Gratiszeitungen sind der Gottseibeiuns aller deutschen Verlagsriesen. Also kann Herausgeberin Eva Dichand nur als Indiz einer Verbindung zu Schwiegervater, Mann und Krone gelten. Geschäftsführer Wolfgang Jansky, ehemals Sprecher des einstigen Stadtrates Werner Faymann, lässt ein zweites Naheverhältnis des Gratisblatts erahnen.
Wien vor einer Landtagswahl: 2010 erreicht hier heute nahezu gleichviel Publikum wie die Krone. Jeweils mehr als eine halbe Million Tagesreichweite (37,5 bzw. 35,9 Prozent) attestiert die Media-Analyse (MA) den populärsten Zeitungen der Metropole. Fast jeder Zweite über 60 liest täglich Krone, beinahe jeder Zweite unter 30 greift wochentäglich zu heute.
Die Leserstrukturen des ältesten und jüngsten Massenblatts des Landes sind komplementär. Lediglich bei Bildungsbürgern haben ihre Reichweiten Dellen. Doch die MA bescheinigt nur dem Standard mehr Akademiker als heute und sieht die Krone auch hier noch vor der Presse. Dennoch wird das Gratisblatt unterschätzt. Die MA weist keinen Österreichwert, sondern neben Wien- nur die Nieder- und Oberösterreich-Daten für heute aus. Allein in diesen drei Bundesländern verfügt es über 711.000 Leser – und wäre damit hinter der Kleinen Zeitung bereits die Nr. 3 am nationalen Markt (nach verbreiteter Auflage sogar schon Zweiter).
Mangelnde Jugendlichkeit der papierenen Krone wird zudem gemindert durch Markentöchter: Kronehit, das einzige bundesweite Privatradio, hat täglich eine halbe Million Hörer. krone.at erzielt die höchste Reichweite aller Internet-Auftritte österreichischer Medienhäuser. Die Krone mag oft alt ausschauen, die Dichand-Medien insgesamt sind es auch heute noch nicht.
* Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst in Innsbruck, Wien und Klagenfurt
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