Immer noch am Anfang des Bewusstseins

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Seit die öffentlichen Rundfunkanstalten unter Druck geraten sind, lassen sie sich auf Public-Value-Strategien ein. Auch der ORF setzt nun darauf.

Die BBC tut es seit vier Jahren. Die ARD und das ZDF in Deutschland wollen sich auch diesbezüglicher Evaluierung unterziehen: Public Value scheint ein Zauberwort für öffentliche Anstalten in Nöten. War es bei der BBC die Krise um die Seriosität der Berichterstattung, die nach einer neuen Strategie für die Mutter aller Öffentlich-Rechtlichen rufen ließ, so waren die deutschen Öffis nicht zuletzt ob ihrer Internet-Auftritte in die Bredouille geraten. In all diesen Zusammenhängen kommt den jeweiligen Management die Besinnung auf den öffentlichen Wert ihrer Unternehmungen, als den Public Value in den Sinn.

Die "öffentlichen" Player

Mit Recht, wie der Wiener Medienwissenschafter Fritz Hausjell anmerkt: Private Medien seien ihren Shareholdern verpflichtet, die "öffentlichen" Player in der Medienlandschaft hätten hingegen einen Auftrag, der von solchen Kriterien nicht zu erfassen ist. Hausjell: "Als demokratische Gesellschaft setzen wir auf das frühzeitige Aufgreifen von neuen Herausforderungen, insbesondere dort, wo das noch nicht mehrheitsfähige Positionen sind." Und genau hier lasse das private Mediensystem aus: "Genau hier muss der öffentliche Rundfunk seine Leistung erbringen", ist der Wiener Medienwissenschafter überzeugt.

Kurz gesagt: Jenseits aller Mutmaßungen, es ginge nur um die Selbsterhaltung des Systems öffentlich-rechtlicher Rundfunk, ist es sinnvoll, auf die neue Public-Value-Management-Strategie ein Auge zu werfen. Seit Beginn der Ära Wrabetz setzt auch der ORF verstärkt auf Public-Value-Management - eher unbemerkt und unbedankt. Seit etwa einen Jahr gibt es "ein Public-Value-Kompetenzzentrum", in dem sich Klaus Unterberger bemüht, das neue Gedankengut auf dem Küniglberg und in den anderen Häusern des ORF zu verbreiten. Der aus der TV-Bürgerredaktion kommende Unterberger will das Bewusstsein heben, dass der gebührenfinanzierte Rundfunk einem Auftrag verpflichtet ist und letztlich eine Dienstleitung für die Gesellschaft erbringt.

Das Public-Value-Konzept setzt, so Unterberger, zunächst einmal bei der Qualitätssicherung an: Bis jetzt habe sich Qualität vor allem über "Publikumszufriedenheit" definiert. Das aber sage nichts darüber aus, "ob der ORF den gesellschaftlichen Auftrag erfüllt". Daher entwickelt Unterberger - noch am Anfang stehend - "komplementäre Bewertungskriterien" zu Marktanteil und Quote.

Public-Value-Kriterien

Im Herbst 2008 wird es erstmals einen Public-Value-Bericht für 2007 geben, der ORF-Stiftungsrat hat beschlossen, dass ab 2009 jährlich einmal ein solcher Bericht fürs Jahr davor erstellt wird. Es ist das erste Mal, dass ORF-Leistungen in öffentlich-rechtlichen Leistungskriterien beurteilt werden. Trocken klingen diese in fünf "Qualitätsdimensionen" und 20 "Public-Value-Kategorien" aufgeschlüsselten Kriterien. Aber so sollen "Wert und Nutzen" für den Einzelnen und für die Gesellschaft dargestellt werden.

Ein Anfang im Bewusstsein, dass sich eine öffentliche Anstalt wie der ORF öffentlichen Kriterien stellen muss. Und eine Erkenntnis, die nach dem Ende der Rundfunkmonopole lange auf sich warten ließ. ORF-Public-Value-Mann Unterberger gibt das auch unumwunden zu: Ja, auch der ORF leugnet keineswegs den Druck des Wettbewerbs mit den Privaten. Kann dieser die heimische Anstalt zur Selbstbesinnung in Richtung ihres "öffentlichen Wertes" zwingen?

Klaus Unterberger will beweisen, dass dies möglich ist.

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