Ein bedingungslos unverwechselbarer ORF

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Zugegeben, es ist nicht leicht, all die ideologischen, wirtschaftlichen und emotionalen Reflexe zu unterdrücken, um eine neutrale Antwort auf diese Frage zu finden. Machen wir ein Gedankenexperiment: Stellen wir uns Österreichs Medienlandschaft ohne den ORF vor. Wir hätten zahlreiche Privatradios und Privatfernsehsender, dazu Tageszeitungen, Printmagazine und redaktionelle Online-Angebote. Wir hätten vielfältige Radioprogramme und könnten die Formel 1 ebenso sehen wie die neuesten Hollywood-Filme oder packende Dokumentationen. Auch ohne ORF gäbe es ein pluralistisches Angebot an qualitätsvollen Nachrichten, Information und Reportagen. Und all das ohne einen Gebühren-Euro. Brauchen wir den ORF also noch?

Meine Antwort mag überraschen: Ja. Aber der ORF und seine Rahmenbedingungen müssen sich entscheidend ändern. Ich befürworte das öffentlich-rechtliche System, kritisiere aber den ORF. Der öffentlich-rechtlicher Rundfunk in seiner Reinform ist für eine entwickelte Demokratie wichtig. Er ist hohen Qualitätsstandards verpflichtet, trägt zur Angebots-und Meinungsvielfalt bei und ist politisch und wirtschaftlich unabhängig. Vieles davon trifft aber nur eingeschränkt auf den ORF zu. Analysen zeigen, dass der "Public Value" der ORF-Programme laufend sinkt, während die Verwechselbarkeit des ORF mit Privatsendern zunimmt. Der ORF scheint weniger an seinem öffentlichrechtlichen Auftrag orientiert als an Umsatzmaximierung.

Der Kernauftrag: Information und Qualitätsjournalismus

Was wir uns als demokratische Gesellschaft wünschen und leisten sollten, ist ein bedingungslos unverwechselbarer ORF, der sich ohne Kompromisse seinem Kernauftrag verschreibt: Information und Qualitätsjournalismus. Ein ORF mit mehr Public Value und weniger Kommerz, der insbesondere auch Inhalte anbietet, die sich nicht kommerziell refinanzieren lassen - denn warum sollte Gebührengeld für Sendungen ausgegeben werden, die es eh auch bei Privatsendern gibt? Ein ORF, der in einem dualen Mediensystem -also dem fairen Miteinander von privaten und öffentlichen Medien -für ein höchst aktuelles Gegengewicht zur unkontrollierten Macht sozialer Online-Medien sorgt.

Denn diese Online-Medien geben dem Einzelnen zwar eine unmittelbare mediale Stimme, aber sie bedrohen auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt -Stichwort: Fake News, Wahlbeeinflussung oder Echokammern. Vor allem aber bieten sie eines nicht: Journalismus und Medieninhalte mit hoher Qualität und echter Relevanz für lokale Gemeinschaften, staatliche Gesellschaften und Europa.

Wir brauchen einen funktionierenden dualen Medienmarkt dringender denn je -mit einem unverwechselbar öffentlichrechtlichen ORF einerseits und pluralistischen und qualitativen Privatmedien andererseits. Ja, wir sollten uns weiterhin einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk leisten. Aber es muss sichergestellt werden, dass dieser seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag bedingungslos erfüllt.

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