Premium siegt am Medienmarkt: Zeitungen vor neuen Chancen

Werbung
Werbung
Werbung

Eine Studie der Beratergruppe Roland Berger analysiert die Erfolgskriterien für Zeitungen. Wer sie erfüllt, hat beste Chancen auf mehr Leser, wie Beispiele in Deutschland zeigen.

Roland Falb, Geschäftsführer der Beratergruppe Roland Berger in Wien, ist überzeugt: "Die Aussagen sind auf Österreich anwendbar." Gemeint sind die Analysen und Thesen der Studie "Totgesagte leben länger - Printmedien im digitalen Zeitalter". An einigen Beispielen in Deutschland untersuchte Infocom, die Berger-Division für die Medienbranche, den "immer härter umkämpften" Print-Markt. Es zeigte sich, dass die Qualitätstitel an verkaufter Auflage sogar zulegen konnten, was ein auf den ersten Blick widersprüchliches Bild ergibt. Die Dauer der Mediennutzung steigt in Deutschland zwar ständig an, doch die Auflagen der Printtitel sind insgesamt gesunken. Innerhalb von zehn Jahren ging die Anzahl der täglich verkauften Exemplare der Tages- und Wochenzeitungen von 31,4 auf 26 Millionen Stück zurück. Da passt es in der Tat kaum ins Bild, dass sich einzelne Angebote seit Jahren erfolgreich gegen den Abwärts-trend stemmen.

Erfolg mit Qualität der Zeitung

Ein Beispiel für den Erfolg sei, so heißt es in der heuer erschienenen Studie, die Süddeutsche Zeitung. Das Blatt verkaufte 2007 mit 442.000 Stück um rund 33.000 Exemplare mehr als vor zehn Jahren. Die Zeit etwa steigerte ihre Auflage im gleichen Zeitraum um sieben Prozent auf 487.000 Stück, die Anzahl ihrer voll bezahlten Abonnements wuchs sogar um 20 Prozent. Das Handelsblatt, ein weiteres Beispiel, konnte seine Auflage trotz des allgemeinen Abwärtstrends "erfolgreich stabilisieren". Die Ursache dafür? Mediennutzung sei schon immer eine Frage der Sozialisierung gewesen. Dieses Phänomen habe sich in den letzten Jahren sogar noch verstärkt, wobei sich die einzelnen Kundensegmente in ihrem Mediennutzungsverhalten "zunehmend entkoppeln", wie es in der Studie wörtlich heißt. So nehme die Mediennutzung in der breiten Bevölkerung zwar ab, doch "gerade die besser verdienenden und gebildeten Schichten bleiben Print nach wie vor treu". Und das "trotz steigender Internetnutzung". Eine "beruhigende Nachricht" für die Printmedien, wie Berger-Geschäftsführer Falb gegenüber der FURCHE meinte.

Die Leser von Qualitätsmedien seien zudem bereit, für Qualität zu zahlen. So habe die Süddeutsche Zeitung zwischen 2000 und 2007 ihre Abo-Preise um rund 65 Prozent erhöht, der Spiegel seine um 39 Prozent. Bei beiden Titeln seien zudem mehr Abonnements verkauft worden. "Print wird somit zunehmend zum Premium-Produkt", schreiben die Autoren der Studie. Überregionale Qualitätszeitungen oder hochwertige Publikumszeitschriften werden auf deutlich stabilere Nachfrage treffen als etwa Boulevard- und Regionalzeitungen, die es in Hinkunft "schwerer haben werden". Wie sich die Qualität behaupten kann, beschreiben die Autoren in einer Gruppe von Thesen.

Wesentlich sei, wenig überraschend, die Orientierung an der Zielgruppe im Rahmen eines verlegerischen Gesamtkonzeptes. Print biete weiterhin ein attraktives Umfeld für Anzeigen, müsse sich aber noch mehr auf seine Stärken konzentrieren.

Diese Qualitäten für die Leserschaft lägen im individuellen Erlebnis der Lektüre und in der damit verbundenen "bewussten Entschleunigung des Tagesablaufs". Dies bedeute mehr Agenda-Setting, Einordnung und Meinung sowie die Stärkung des optischen und haptischen Leseerlebnisses. Da der Massenmarkt verteilt sei, müssten die Verlage Nischenfähigkeit noch erlernen. Weiters empfehlen die Berater, in die Printmarken zu investieren, vor allem die junge Generation zu Lesern zu machen. Veranstaltungen und Erlebniswelten seien die nächste Stufe für profitable Diversifikation, denn Print biete aufgrund seiner Reichweite und Markenbekanntheit eine optimale Plattform für die Erschließung dieser Wachstumsfelder.

"Trotz aller Abgesänge ist der Print-Markt nicht tot." Er werde härter umkämpft sein, aber das Segment der Premium-Leser sei "das attraktivste" mit Potenzialen und Chancen auf Erfolge.

Diese Studie ist laut Falb keine Auftragsarbeit, sondern solle die Kompetenz der Berater-Division Infocom belegen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung