6557550-1948_30_10.jpg
Digital In Arbeit

Österreich 1938—1948

19451960198020002020

Zu dem Buche „Die internationale Stellung österreichs 1938 bis 1948". Von Dr. St. Verosta. 148 Seiten, Preis S 25.—, Manzsche Verlagsbuchhandlung

19451960198020002020

Zu dem Buche „Die internationale Stellung österreichs 1938 bis 1948". Von Dr. St. Verosta. 148 Seiten, Preis S 25.—, Manzsche Verlagsbuchhandlung

Werbung
Werbung
Werbung

Unter den zahlreichen Dokumentensammlungen, die entweder sdion publiziert oder im Erscheinen begriffen sind, ragt die Arbeit des Privatdozenten Verosta nicht an Umfang, wohl aber an Inhalt ganz wesentlich hervor. Es ist der völkerrechtlich-politische Rahmen zu dem großen Drama des Unterganges, Verleugnet- werdens, Wiedererkannt Werdens und Wiederauferstehens unserer österreichisdien Heimat. Es ist ein Ausschnitt aus der großen Verkettung der Dinge, deren geschichtlichen Ablauf wir Zeitgenossen als nicht selten sehr passive Zeugen miterlebten und nodi erleben. Ein Ausschnitt, der grelles Licht auf das österreichisdie Problem wirft, dessen ganze, große Bedeutung für den Frieden Europas den Verantwortlichen des Vormärz 1938 im In- und Auslande nicht genügend klar war und damit die Ursache wurde, daß es auch heute noch zu den ungelösten Fragen der Gegenwart zählt. Erst nada und nach trat in der Erkenntnis der Schwere dieses Problems ein Wandel ein, den Verosta an der Hand zahlreicher Dokumente darlegt. Entsprechend dem -Zwecke der Arbeit, richtet der Verfasser dabei das Hauptaugenmerk auf die völkerrechtlichen Aspekte.

Der Dokumentensammlung geht eine zusammenfassende Darstellung der Folgen des rechtswidrigen Zwangsaktes der Besetzung Österreichs durch die damalige deutsche Macht voran, die wohl die österreichisdie Staatsgewalt wirkungslos machte, jedoch Österreich als „ein und dasselbe Völkerreditssubjekt von 1918 bis 1947" fortbestehen ließ. Es ist nicht zu leugnen, daß diese These nicht von Anbeginn an ein Axiom der Politik der Alliierten war. Das gebt mit Klarheit aus den 58 in der Sammlung enthaltenen, auf die Reditsstcllung österreid’s bezugnehmenden wichtigen Urkunden hervor. Österreich ist nidit nur heute, sondern war auch schon sek den Märztagen 1938 ein umstrittenes Objekt der Politik der alliierterf Mächte. Politische Gelegenheitserwägungen und mangelndes Verständnnis haben viel dazu beigetragen, daß eine Reihe von Erklärungen und Handlungen der verantwortlichen Staatsmänner jene Festigkeit und Präzision vermissen ließ, die nicht nur alle heimattreuen Österreicher um der Freiheit ihres damals von Hitler unterdrückten Vaterlandes ersehnten, sondern um des Schicksals Europas willen erhofften und oft genug schmerzlich erwarteten.

Die Gcsdiidne des Kampfes um die internationale Anerkennung österreidis und die Erkenntnis seiner Mission während und nach dem zweiten Weltkrieg ist noch nicht geschrieben. Sie kann noch nicht geschrieben werden, weil der Inhalt seines letzten Kapitels, von der Freiheit Österreichs, von den Verantwortlichen dieser Tage noch nicht zur Tat wurde. Die Dokumentensammlung, die Verosta uns bietet, ist ein Ausschnitt, der wohl keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Wir finden darin bekannte Dokumente, wie die Protestnoten und Erklärungen der Regierungen ‘ von Mexiko, Chile, China, der Sowjetunion und Spanien aus den ersten Monaten nach dem 13. März 1938, dann zahlreiche Kundgebungen führender Staatsmänner aus den Kriegsjahren, ferner die Moskauer Erklärung vom 30. Oktober 1943 sowie eine Reihe von Dokumenten aus Öen Jahren 1945 bis 1947.

Mit Freuden konnte ich das Rechtsgutachten meines leider seither verstorbenen Freundes und Kollegen, des hervorragenden amerikanischen Völkerrechtslehrers Herbert W r i g h t, in dieser Sammlung wiederfinden, dessen Zustandekommen ich persönlich miterlebte. Dieses Rechtsgutachten wurde durch die Initiative eines anderen großen Freundes Österreichs und Sohnes eines Tiroler Einwanderers, des Abgeordneten Hermann P. Eberharter, vom amerikanischen Kongreß zum Dokument des Repräsentantenhauses erhoben und als solches veröffentlicht. Gerne hätte ich in diesem Zusammenhang auch den von einem anderen Freunde Österreichs, James Shanley, im Repräsentantenhaus eingebrachten Resolutionsantrag zugunsten eines freien Österreich aus dem Jahre 1941 in die Sammlung mit aufgenommen gesehen. Und nicht minder gilt dies von Churchills denkwürdiger Parlamentsrede aus den Märztagen 1938, worin er in dramatischen Worten den Untergang Österreichs als die letzte Chance darstellt, der Welt die Augen zu öffnen, um sie vor dem kommenden Chaos „furchtbarer als die Träume der Hölle“ zu warnen, dessen prophetisches Bild nur zu schrecklich durch die Katastrophe des zweiten Weltkrieges Wirklichkeit wurde.

Was hier als ergänzende Anregungen beispielsweise erwähnt wurde, soll dem großen dokumentarischen Wert der Arbeit Verostas keinen Abbruch tun. Sie ist ein bedeutender Beitrag im Kampf um die Freiheit Österreichs.

Univ.-Prof. Dr. Willibald M. P 15 c h l

Ein seltsames Bündnis. Amerikas Bemühungen während des Krieges, mit Rußland zusammenzuarbeiten. Von John R. D e a n e. Verlag Neue Welt, Wien. 318 Seiten.

Wie in allen Bündniskriegen ergaben sich auch 1939 bis 1945 überall große Reibungen zwischer den Allierten, die dadurch vervielfältigt waren, daß sich grundverschiedene politische Systeme miteinander verbündet hatten. Auch gab es keine einheitliche Verhandlungssprache mehr, und die Kriegführung über ganze Kontinente und Ozeane hinweg tat ein übriges, um sich dornenvoll zu gestalten. General Deanc, Leiter der US-Militärmission in Moskau 1943 bis 1945, gibt ein überaus anschauliches Bild von Regierung, Wehrmacht und Volk in Rußland, ist ersichtlich bemüht, der Wahrheit auf den Grund zu gehen, und ist objektiv genug, auch vor einer Kritik amerikanischer Maßnahmen nicht haltzumachen. Nicht alles, ist dieser Mission gelungen, das Erreichte genügte jedoch zur siegreichen Beendigung des Krieges, und auf diesen Erfolg darf sie stolz sein. Der in die Verhandlungen der Militärmission gewährte Einblick ist unerläßlich für eine Beurteilung der ganzen diplomatischen Kriegführung, die zweifellos an einen Wendepunkt angelangt ist: ob es nämlich den beiderseitigen, voneinander so abweichenden Methoden gelingt, die Früchte eines gigantischen Sieges sicherzustellen. Deane Schließt ein positives Ergebnis nicht aus und bekennt sich zur altbewährten Methode: das Äußerste für die Friedenserhaltung zu wagen, nie aber auf militärische Bereitschaft dabei zu verzichten, also neuerdings Frieden durch Macht zur Hauptleitlinie zu machen. Der große Soldat ist jener, der den Krieg gewinnt, der große Staatsmann aber jener, der den Krieg auch dann verhindert, wenn die letzten Möglichkeiten erschöpft erscheinen. Hier ist von der neuen Diplomatengeneration viel zu lernen und es ist zu hoffen, daß sie Bücher, wie „Ein seltsames Bündnis“, dazu benützt, um neuartigen Ver- handlungsmethoden gewachsen zu sein und der Friedenscrhultung neue Seiten abzugewinnen. Ein russisches Buch über dasselbe Thema würde wesentlich dazu beitragen, sich dauernd zusammenzufinden, woran manche schon zweifeln. Wenn die Zweifler aber Deanes Berichte lesen, werden sie anders denken.

Dr. H. G. A s t n e r

Die christlichen Charakterwerte. Von Oskar Katann. Verlag Amandus-Edition, Wien.

Das Wesen des Sittlichen unterliegt heute so vielen Verkennungen und Verzerrungen, daß seine Klarstellung in der Sprache unserer Zeit und in Auseinandersetzung mit den Irrlehren und Sophistereien einer korrupt gewordenen Gegenwart wahrlich not tut. Katann hat wohl vor allem an die geistig oft so verbildete Jugend gedacht. Das merkt man der Argumentation an, die sich besonders mit den „Schulungs“-Weisheiten einer jüngsten Vergangenheit auseinandersetzt und geeignet ist, das Bild des wahrhaft christlichen Charakters ln seiner unvergleichlidien Größe aufleuchten zu lassen. Ein Buch, das jeden ernsten Leser wieder erleben läßt, was Christentum sein und wirken kann! Dr. Heinrich Peter

Einleitung in das Alte Testament. Von

Bischof A. H u d a 1. VI. Auflage. Herausgegeben von Univ.-Prof. Dr. F. Sauer. Verlag Styria, Graz 1948. Broschiert S 32.—, geb. S 40.—.

Die ungezügelten Angriffe des Nationalsozialismus haben auf de’m Gebiete des Alten Testaments eine maßlose Verwirrung angestiftet. Es war darum eine dankenswerte Tat des Herausgebers, durch diese Neubearbeitung wieder Klarheit zu schaffen. Das Werk verbindet in einer sehr glücklichen Weise das alte kirchlichtraditionelle Lehrgut mit den neuesten Erkenntnissen des moderen Wissenschaftlers. Die umfassende Kenntnis der Literatur ist neben der klaren Gliederung des Stoffes ein Hauptvorzug des neuen Werkes. So ist zu erwarten, daß dieses Werk nicht nur in den Kreisen der engeren Fachwissenschaft, sondern darüber hinaus auch von jenen begrüßt werden wird, die für die wissenschaftliche Darstellung interessiert sind. Univ.-Prof. Dr. Johanii Fisch 1

Der Prophet des Herzens, Johannes Eudes.

Von Oda Schneider. Verlag Herder, Wien.

Heute, da die Verehrung des göttlichen Herzens Jesu und des Unbefleckten Herzens Mariens einen so bedeutenden Aufschwung erlebt und da zugleich in manchen Kreisen eine nicht geringe Verlegenheit festzusteUen ist.

dieser Andacht auch gerecht zu werden, wird man mit Dank das neueste’Buch Oda Schneiders begrüßen. Es hat Johannes Eudes, den großen Volksmissionar, und Marie de Valles zum Gegenstand. In einer schlichten, schönen Sprache wird zunächst das Leben des Heiligen dargelegt. Seine Frömmigkeit wird grundgelegt durch das französische Oratorium. Die Abhängigkeit von dessen Begründer, Peter von Berulle, tritt klar hervor, aber auch die Selbständigkeit, zu der Johannes Eudes unter Kämpfen heranreift, bis er schließlich" zum Vater, Lehrer und Apostel des liturgischen Kultes des heiligsten Herzens Jesu und des Unbefleckten Herzens Mariens wird. Für die Entfaltung des Frömmigkeitslebens erhält er eine ähnlich- entscheidende Bedeutung wie etwas später Grignon von Montfort. Marie de Vallcs, deren Persönlichkeit im letzten Teil des Buches gezeichnet wird, hat daran einen nicht geringen Anteil. — Der Akzent des Werkes ist auf die Darlegung der Lehre gelegt. Wir werden über den Ursprung und die innere Entwicklung der „Herzlehre“, über den Umfang und das Wesen des Herzbegriffes wie auch über die Lehre von der „Einheit der Herzen“, von dem „Einen Herzen“ klar unterrichtet. Dieser Begriff ist es, an dessen Herausarbeitung der Verfasserin am meisten gelegen ist und der das Ziel der eudistischen Frömmigkeit klar zum Ausdruck bringt. — Das Buch füllt eine große Lücke in unserem aszetischen Schrifttum aus und ist geeignet, der Theologie des Herzens einen neuen Impuls zu geben.

Univ.-Prof. Dr. F. Wessely

Die Chronik von Zistersdorf (2. Auflage).

Von Fr. Binder. Verlag Binder, Zistersdorf 1948. 134 Seiten.

Die erste Auflage des seinerzeit auch hier (vergleiche „Furche“ vom 28. September 1946) besprochenen Werkes ist seit fast einem Jahr vergriffen gewesen, ein Zeichen des starken Interesses für landeskundliche Schriften wie auch für die geschichtliche Vergangenheit der österreichischen Ölstadt ZiStersdorf. Trotz den Papier- und Druckschwierigkeiten konnte bereits vor kurzem eine zweite Auflage dieser Arbeit herauskommen, die fast um ein Drittel erweitert erscheint, was hauptsächlich bedingt ist durch die Umarbeitung des vom Archivar K. B e d n a r stammenden ersten Teiles, in welchem nunmehr die ausführliche Frühgeschichte des gesamten östlichen Weinviertels nach dem neuesten For. schungsstand hinzukommt. Wie sehr noch viel Einzelverbesserungen durch die ganze übrig „Chronik“ hindurch festzustellen sind, ergibt schon die Liste der benützten Schriften, deren Zahl gegenüber der Erstauflage auf mehr als das Doppelte angewachsen ist; außer diesen Umarbeitungen sind noch neu duzugekommen im Nachhang der Text eines Weistums der Zistersdorfer Pfarrherrsdiaft sowie drei kleiner Aufsätze. Landeskundler wie Weinviertelschulen dürften sich auch diese Neuauflage gerne wiederum kaufen. Zu weiteren Forschungen würde freilich hier noch reiches Quellenmaterial genug zur Verfügung stehen.

Univ.-Doz. Dr. Franz L o i d 1

Gott schläft nicht. Roman von Suzann C h a n t a 1. Margarste-Friedrich-Rohrer-Verlag, Innsbruck. 515 Seiten.

Das Leid von Exulanten zu schildern, war noch allzeit eine undankbare Aufgabe: wer isolches Leid an sich selbst erfahren, mag nach allem, was er durchzumachen hatte, nicht daran erinnert werden; wer aber nichts dergleichen erleben mußte, wird nie und nimmer das Maß des Elends begreifen können, das im Wort „Exil“ Raum hat. Denn dieses Elend, das beim Abschied von der Heimat im Seelischen keimt und aufprießt, wandelt sich in der Mehrzahl der Fälle, durch Mangel, der zur Not wird, und durch Not, die zum Hunger führt, bald genug in physisches Leiden; wenn aber dieses durch harte Arbeit oder durch glückliche Umstände sich stillen ließ, wächst im Fluß der Zelt die Seelenqual neu empor, tief und brennend: die Qual der Wurzellosigkeit, das Elend des Heimwehs. — Dies alles und noch viel mehr, unvorstellbar viel mehr liegt im Wort „Exil" verborgen, es gehört zu den weiten, uferlosen Worten unserer Sprache, und diese sind es, die zu allen Zeiten die Schriftsteller locken und reizen, ihrer Herr zu werden, ihren vollen Inhalt auszuschöpfen. Und keinem wird es je gelingen. Suzanne Chantal gelingt immerhin ein farbiges, anschauliches Bild der Invasion, die in den ersten Jahren des zweiten Weltkrieges über Portugal, insbesondere über Lissabon, gekommen ist, wo unzählige aus Rassegründen Verfolgte oder auch nur Verängstigte sich zusammenfanden, um die ersehnte Möglichkeit abzuwarten, in die Neue Welt zu fliehen. Viele Menschen treten auf, zu viele, als daß wir sie recht auseinanderhalten “könnten, und so erschütternd manche Szene wirkt, man hat doch den Eindruck, daß das Tiefste ungesagt geblieben ist. — Der Übersetzung, die Pauly von Baldass besorgt hat, fehlt es nicht an Lebendigkeit, sie ist sogar — ein seltener Vorzug — leicht und flüssig zu lesen, doch wäre sorgfältigere Revision am Platz gewesen, um manches deutsche Satzgebilde auf gerade, tragfähige Beine zu stellen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung