Sympathie in Stimmen verwandeln

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Bundespräsident, Bundeskanzler, Außenministerin und Staatssekretär samt jeweiliger Entourage und Sonderemissären reisen kommende Woche in die UNO-Zentrale nach New York, um im Finale der österreichischen Kandidatur für den UN-Sicherheitsrat die nötige Zustimmung für Österreich zu gewinnen.

Es ist die Gruppe mit der schärfsten Konkurrenz, in der Österreich um einen Sitz im UN-Sicherheitsrat kandidiert: „Westeuropa und andere“ heißt der Topf, aus dem sich die drei Kandidaten Türkei, Island und Österreich um zwei freie Plätze im wichtigsten UN-Organ für die Periode 2009/10 bewerben – einer der Kandidaten wird also bei der Abstimmung in der UN-Generalversammlung am 17. Oktober keine 2/3-Mehrheit für sich gewinnen und leer ausgehen. Island war noch nie im Sicherheitsrat, die Türkei das letzte Mal 1961. Österreich hingegen saß bereits zweimal, in den Jahren 1973/74 und 1991/92 im Sicherheitsrat. Ist das ein Nachteil für unsere jetzige Bewerbung? Erhöht das die Chancen der Mitbewerber, dieses Mal zum Zug zu kommen?

Mitnichten. Aus dem Außenministerium heißt es, dass Österreichs gute Figur bei seinen letzten beiden Perioden im Sicherheitsrat ein Vorteil für die jetzige Bewerbung sei. Und mit Außenminister a. D. Peter Jankowitsch, dem ersten österreichischen Vertreter im UN-Sicherheitsrat und jetzigen Sonderemissär (siehe Interview Seite 3), ist man im Außenministerium überzeugt, „einen weiteren Trumpf für unsere Bewerbung im Ärmel“ zu haben.

Mustermitglied Österreich

„Es ist normal, dass sich ein Land wie Österreich, das sich so stark in der UNO engagiert, alle 20 Jahre um einen Sicherheitsratssitz bewirbt“, rechtfertigt der Staatssekretär im Außenministerium, Hans Winkler, die Kandidatur. Das österreichische Engagement in den Vereinten Nationen fußt vor allem auf Wien als UNO-Sitz und Österreichs überdurchschnittlichem Einsatz bei UN-Friedensmissionen. Seit 1960 sind rund 60.000 österreichische Blauhelm-Soldaten und -Polizisten in über 50 UN-Einsätze entsandt worden.

Besonders auf diese beiden Themen konzentriert sich auch eine Broschüre, die vom Referat zur Koordination der österreichischen Sicherheitsrats-Kandidatur im Außenministerium verfasst und bei den Lobbying-Gesprächen mit den diplomatischen Vertretern anderer Staaten als Werbung für Österreich verteilt wird. Österreich präsentiert sich in diesem Werbefolder als UN-Mustermitglied, als ein Land, das sich seine Mitgliedschaft bei den Vereinten Nationen etwas kosten lässt; das seine Beiträge pünktlich und auf den Cent genau überweist; das im Gegensatz zu anderen UN-Sitzen die Renovierung der UNO-Gebäude aus der eigenen Staatskasse bezahlt und, und, und …

Schon 1999 hat sich Österreich für den Sitz 2009/10 im Sicherheitsrat beworben. Völkerrecht, Herrschaft des Rechts und Menschenrechte sind die österreichischen Themenschwerpunkte bei dieser Bewerbung. Zunächst hat es danach ausgesehen, die Kandidatur würde zu einem „Schönheitskontest“ ohne Gegner. Doch im Jahr 2000 ist Island und 2003 die Türkei dazugekommen: Island forciert die Themen Umwelt und Energie und hofft auf die Stimmen anderer kleiner Inselstaaten. Zudem wird Island von den Skandinaviern unterstützt, die sich einen guten Ruf als Entwicklungshilfe-Geber erworben haben. Ein anderes Prädikat, das Island für sich ins Treffen führt, lautet: „friedlichstes Land der Welt“, zu dem die Insel im Vergleich mit 140 Staaten gekürt worden ist.

Türkei wartet seit 50 Jahren

Mitbewerber Türkei landet in diesem Friedensranking nur an 115. Stelle. Nichtsdestotrotz gibt man sich in Ankara siegessicher: „Die Zahl der türkischen Freunde steigt“, schreibt die regierungsnahe türkische Zeitung Today’s Zaman. Die Türkei schaffe Stabilität, Frieden und erhöhe den internationalen Einfluss der Vereinten Nationen, heißt es selbstbewusst: „Genau so ein Land benötigt der UN-Sicherheitsrat!“

Mahmut Ayub, der türkische UN-Koordinator, findet es außerdem „ungewöhnlich, dass ein politisch so bedeutsames Land wie die Türkei, das Rang 17 unter den wirtschaftlich stärksten Staaten einnimmt und eine Brücke zwischen Ost und West bildet“, fast 50 Jahre lang keinen Sitz im Weltsicherheitsrat gehabt hat. Als Pluspunkte für die türkische Kandidatur nennt der Diplomat Ankaras Vermittlungsaktionen im Nahen Osten sowie zuletzt die türkische Shuttle-Diplomatie zwischen Georgien und Russland.

Handfeste Argumente für eine Unterstützung ihrer Sicherheitsrats-Kandidatur hat die Türkei in Afrika vorgelegt – neben einer Erhöhung der Entwicklungshilfe will Ankara bis Ende nächsten Jahres 15 neue Botschaften in afrikanischen Staaten eröffnen.

Viel umworbenes Afrika

Auch Österreich hat im Rahmen der Sicherheitsrats-Kandidatur seine Kontakte nach Afrika intensiviert: Im Außenministerium wurde eine eigene Afrika-Abteilung geschaffen; zudem gibt es den Vorschlag, ein Verbindungsbüro der Afrikanischen Union beim Wiener UNO-Sitz einzurichten und afrikanische Staaten erhalten Hilfestellungen bei der Ansiedlung von Botschaften in Wien; Österreichs Engagement beim Friedenseinsatz im Tschad muss ebenfalls als ein Mosaiksteinchen in dem Bild gesehen werden, mit dem man sich in Afrika präsentieren und für die Wahl in den Sicherheitsrat empfehlen will.

„Unser Interesse an Afrika hat auch mit dieser Wahl zu tun“, bestätigt Helmut Freudenschuss, der Leiter der Afrika-Abteilung im Außenministerium, „denn schließlich betrifft die Hälfte aller Tagesordnungspunkte im Sicherheitsrat den afrikanischen Kontinent.“

Neben Afrika wurden aber auch die österreichischen Kontakte in den pazifischen und karibischen Raum, bis nach Fernost und Lateinamerika, intensiviert. Die Größe des Landes spielt keine Rolle, denn jede Stimme zählt gleich viel: Der pazifische Inselstaat Tuvalu mit seinen 12.000 Einwohnern ist für Österreich genauso wichtig – und kann bei der Stimmenauszählung den Ausschlag geben – wie China.

Im Referat zur Koordination der österreichischen Kandidatur im Außenministerium, wo alle Fäden zusammenlaufen, betont man, dass bei der Anbahnung und Intensivierung der Kontakte zu anderen Staaten „keine Einmal-Geschenke“ verteilt, sondern „tragfähige und nachhaltige Partnerschaften“ gesucht und gefunden wurden. Dazu gehört Unterstützung bei der Umstellung auf Alternative Energieerzeugung genauso wie Stipendien für österreichische Tourismusschulen.

Jede Form von Stimmenkauf sei undenkbar, heißt es unisono im Außenministerium. Im Falle einer anderen Bewerbung ist einmal über Geldkoffer für die eine oder andere Stimme spekuliert worden: „Allein das Gerücht hat dieser Kandidatur schwer geschadet!“

Österreich jedoch, „schlägt viel Sympathie entgegen“, sagt Bundeskanzler Gusenbauer. Und wenn es trotzdem nicht klappt, ist mit einer Wiederkandidatur zu rechnen? Frühestens in zehn bis 15 Jahren, sagt man im Außenministerium, aber daran will man gar nicht denken: „Wir haben eine gute Chance – jetzt gilt es die letzten Wochen optimal für uns zu nützen!“

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