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Von Ellert zu Bergengruen

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Mohammed. Roman von Gerhart Ellert. F. Speidelsche Verlagsbuchhandlung Wien. 355 Seiten. Preis 78 S.

Eine Neuauflage des bekannten historischen Romans der Kärntner Schriftstellerin, dem alle Bewegtheit und das Kolorit seines Genres eignet, aber auch alle Gefahren, wo er sich allzusehr der Schablone nähert. Das tritt bei der Behandlung eines so sublimen Themas, wie es eine Religionsgründung darstellt, besonders zutage.

Die Abenteuer des David Balfour. Roman von Robert Louis Stevenson. Uebersetzt von Karl und Maria Bamberger. Wilhelm-Braumüller- Verlag, Wien. 240 Seiten. Preis 44 S.

Ein lebendiges Abenteurerbuch mit historischem Hintergrund. Die gefahrvollen romantischen Erlebnisse eines schottischen Waisenknaben in der weiten Welt finden eine flüssige und farbige Darstellung. Ein gesundes Ethos von Kameradschaft und Hilfsbereitschaft machen das Buch sympathisch.

Sibylle. Roman von Rudolf von Eichthal. Frau-und-Mutter-Verlag, Wien. 324 Seiten. Preis 48.50 S.

„Der Kreuzberg" hieß dieser Roman in der ersten Auflage, zu der sich noch Hermann Bahr — sehr lobend, wie der Verlag mitteilt — geäußert hat. Die Zeit ist aber über dieses Buch hinweggegangen. Die sentimentale Erzählung von der „ewigen" Liebe zwischen dem armen Handwerksburschen und dem adeligen Fräulein, das unerquickliche Ende mit einer Exhumierung der verstorbenen Ehefrau durch den Gatten und der anschließenden Gemeinschaft mit einem entseelten, aber doch noch irgendwie lebenden Leichnam werden bei den Literaturfreunden von heute nicht mehr viel Resonanz finden. Und wer sich an gewissen antiklerikalen Aspekten vergnügen will, der findet wohl auch bessere Stücke als die abgestandene Geschichte von dem armen, aufgeklärten Naturforscher, der von der Hexenphobie „reaktionärer" Priester und Beamten liquidiert wird. Dr. Hans M. Loew

Frau Chef. Roman von Eduard P. D a n s z k y. Eduard-Wancura-Verlag, Wien-Stuttgart. 336 Seiten. Preis 72 S.

Nach einem halben Menschenalter ist Danszkys Roman „Frau Chef" wiedererschienen. Das Buch hat in dieser Zeitspanne nichts an Leuchtkraft der Schicksale und Probleme eingebüßt, ja es mutet heute in mancher Hinsicht wie eine prophetische Warnung an… Eine österreichische Offizierswitwe führt nach dem Ende der Habsburger Monarchie mit Zähigkeit und Geschick ein Industriewerk in Böhmen. Mutig wehrt sie die soziale Ueberspitzung ab. Dem nationalen Chauvinismus bewußt verschlossen, bemüht sie sich, die wirtschaftlichen Positionen der Deutschen zu halten. In zweiter Ehe hat sich die Frau Chef mit dem Wiener Schriftsteller Max Drewe vermählt, ihm folgt sie nach dem Zusammenbruch ihres Werkes in seine Heimat. . . Das Buch ist ein Schlüsselroman. In Max Drewe gibt Danszky ein Selbstbildnis. Die Frau Chef ist seine Gattin, die kürzlich, vor Danszkys 70. Geburtstag, verstorben, sich an dem neuen Beifall für dieses schöne Buch leider nicht mehr erfreuen kann. Der Roman besitzt bereits die Vorzüge von Danszkys späteren Erfolgsbüchern, die Dialoge sind voll von Frische und Lebendigkeit, die Darstellung ist schlicht, die Probleme werden nirgends überspitzt, überall herrscht Ehrlichkeit. Er erzählt nicht nur das Schicksal einer liebenswerten, prachtvollen Frau, auch die technische und kaufmännische Geschichte der Fabrik wird unter seinen Händen zur bedeutsamen Epik.

Prof. Dr. Friedrich Wallisch

Der Pfauenstrauch. Von Werner Bergengruen. Verlag Die Arche. 56 Seiten.

Der Wettstreit dieser mit heiterer Grandezza geschilderten Handlung geht um einen Pfauenstrauch, dessen Dekokt kinderlosen Frauen zur Erfüllung ihrer Mutterwünsche verhelfen kann. Und dieser seltene Strauch steht im Garten des gutmütig-gravitätischen „Tyrannen" eines erfundenen und ins Barock transponierten kleinen italienischen Städtchens. Dort aber ist er an einer rechtlich strittigen Stelle gepflanzt, und der Gastwirt, der ihn für seine Zwecke ausgrub — von dem gleichen Wunsche beseelt, den auch der Markgraf gehabt hätte —, vermag dadurch den Rechtsfolgen seines Frevels zu entgehen. Beiden Frauen geht schließlich ihr Wunsch in Erfüllung, und das hübsch ziselierte Spiel löst sich in Harmonie. Eine fein geformte Erzählung.

Carl Peez

Schöpferisches Tirol. 1. Folge: Dichtung. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck. 296 Seiten. — Wort im Gebirge. 5. Folge. Tyrölia-Verlag, Innsbruck-Wien. 222 Seiten. Preis 38 S.

Seltsam, daß der gleiche Versuch im gleichen Jahr zweimal unternommen werden und so verschieden ausfallen kann. Von den je anderthalb Dutzend Autorennamen (ungefähr) weisen die beiden Chrestomathien allerdings nur drei gleiche auf, aber nicht daran liegt es, daß sie einen so ungleichen Wert haben, sondern wohl an der sehr verschiedenen Auffassung der Herausgeber: In der Sammlung „Schöpferisches Tirol" wird jeder noch so relative Wert wie ein absoluter angesprochen, und dadurch kommt gerade eine sozusagen provinzielle Wirkung zustande. Das machen vor allem die zahlreichen literaturkritischen Würdigungen aus, die halt alles nur. nicht kritisch sind, sondern ganz bieder lokalpatriotisch; auch findet sich da manches viel zu selbstgefällige Wort eines Selbstbetrachters.

„Wort im Gebirge" hingegen hält das geistige Niveau, das es unter der Redaktion von Josef Leitgeb erreichte, durchaus weiter. Mittelpunkt und Schwerpunkt bildet die prächtig vorgetragene Erzählung „Die Schwestern". Mag man auch im einzelnen anderer Ansicht sein über die Art, wie der Barras des zweiten Weltkrieges oder das russische Partisanentum gesehen werden sollten — wie der verewigte Tiroler Staatspreisträger Menschen und Vorgänge beschreibt, das gerät in jeder Zeile fesselnd und bestrickend. Daneben sind besonders Gedichte Alma Holgersens und Gertrud Fußeneggers und als ein kleines Meisterwerk in Prosa der „Versuch zu einem Selbstporträt" der Fussenegger zu nennen. Aber selbst die „Sonette einer Ehe" (Ingeborg Mühlhofer), die man in Titel und Inhalt eher als Entgleisung bezeichnen möchte, sind (wenn auch zum Widerspruch) anregender als die Beispiele im „Schöpferischen Tirol". Man kann sagen, „Wort im Gebirge" hat einen eigenartigen, aber nicht etwa beschränkt lokalen Charakter und ein Anrecht, auch in der Niederung in Stadt und Land gehört zu werden.

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