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Der Zerfall der alten Sowjetunion ist perfekt
Die USA haben die Anerkennung der baltischen Republiken angekündigt. Der Volksdeputiertenkongreß in Moskau diskutiert über einen neuen, von Gorbatschow und zehn Republikspräsidenten vorgelegten Wirtschafts- und Verteidigungsunionsplan.
Die USA haben die Anerkennung der baltischen Republiken angekündigt. Der Volksdeputiertenkongreß in Moskau diskutiert über einen neuen, von Gorbatschow und zehn Republikspräsidenten vorgelegten Wirtschafts- und Verteidigungsunionsplan.
Knapp nach der Unterbreitung eines neuen Unibnsplanes für die Rest-Sowjetunion vor dem Kongreß der Volksdeputierten am Montag in Moskau, den zehn Teilrepubliken unterzeichneten, ist es in Berg-Karabach und in Georgien zu Aufständen der dort lebenden armenischen beziehungsweise ossetischen Minderheit ' gekommen, die ihrerseits Unabhängigkeit von den Teilrepubliken verlangen. Die russische Minderheit in Moldawien - diese Republik macht bei der neuen Union nicht mit - hat ebenfalls einen unabhängigen Staat proklamiert. Der Zerfallsprozeß geht jetzt in den Republiken weiter.
Appell an die UNO
An der neuen Union, die eine Art Staatenbund werden soll, beteiligen sich Rußland, die Ukraine, Weißrußland, Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan, Tadschikistan, Kyrgystan, Aserbeidschan und Armenien. Der Unabhängigkeit der baltischen Staaten hat man offenbar nichts mehr entgegenzuhalten, Georgien hat sich an den Beratungen zur Unionsbildung bisher nur beteiligt.
Bis zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung und der Lösung der wirtschaftlichen, militärischen und politischen Verflechtungen wird in der Sowjetunion ein neuer Staatsrat gebildet, ein 200 Mitglieder zählendes parlamentarisches Organ und ein Wirtschaftskomitee. Dem Staatsrat gehören Präsident Gorbatschow und die Präsidenten beziehungsweise Parlamentspräsidenten der Republiken an. Im neuen Rat der Volksdeputierten kommen aus den zehn Republiken je 20 Abgeordnete. Die Republiken richteten außerdem einen Appell an die UNO, sie als Objekte des internationalen Rechts anzuerkennen und als neue Staaten in die Organisation aufzunehmen.
Großes Kopfzerbrechen bereitet Moskau die militärische Umgestaltung und die Dislozierung von Nuklearwaffen aus den Republiken. Rußland hat die Absicht signalisiert, als alleinige Atommacht zu fungieren. Nuklearängsten der westlichen Welt ist - nach einem Bericht der Agentur Nowosti - der Generalstabschef der Streitkräfte der UdSSR, Armeegeneral Wladimir Lobow, entgegengetreten. Er konstatierte, daß die Sicherheit der Lagerung der nuklearen Gefechtsköpfe, ihr Transport und ihre Kampfbereitschaft durch ein vielschichtiges Kontrollsystem gesichert sind, „dem nicht nur technische, sondern auch biophysische Elemente zugrundeliegen".
Die Auflösung der Sowjetunion hat unterdessen bei Einheiten der in Litauen stationierten berüchtigten OMON-Truppe des Innenministeriums große Unsicherheit ausgelöst. 80 „Black Berets" haben bei verschiedenen europäischen Staaten um politisches Asyl angesucht. Einzelnen Mitgliedern der OMON-Truppe droht in Litauen ein Strafverfahren wegen Beteiligung an jenen Zusammenstößen im heurigen Frühjahr mit litauischen Demonstranten, bei denen es mehrere Tote gegeben hatte.
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