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Die Zeichen stehen auf Sturm

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Der Parteitag der Konservativen in Blackpool und der Labour Party in Brighton markieren ein deutliches Ende der ersten Entwicklungen nach dem dramatischen Wahlsieg der Tories im Mai dieses Jahres. Für Margaret Thatcher hat der „Honeymoon“ aufgehört, der Emst des Lebens der Regierung scheint nun zu beginnen. Für Labour hat der erste Schock der Lähmung nach der Niederlage aufgehört, und die Partei scheint eine klare Ausrichtung nach links auf die sozialistische Basis hin vorzunehmen und die Formel der Volkspartei zu verlassen.

Für beide Parteien steht ein harter Herbst bevor. Nur im Bewußtsein der Regierungsmacht und der langfristigen Regierungsziele geht es den Konservativen besser, die voll des Optimismus und des Muts zur Handlung zu sein scheinen.

Auch wenn es weh tut: Labour versinkt im Pessimismus und in einer Parteireform, die sich unter anderem mit einigen - dem Österreicher bekannt vorkommenden - Fragen beschäftigt: Wer bestellt die Kandidaten, wie ist das Verhältnis zu den Gewerkschaften, wie ist das Verhältnis zwischen Parlamentsfraktion und Parteiführung, wie geht es mit der Finanzierung weiter?

Die Konservativen wiederum stehen vor der Verwirklichung ihres harten Programms, mit dem sie in die Wahl gegangen sind: Weniger Staat, weniger Steuern, mehr Leistung, niederere Lohnabschlüsse, Beschränkung der Gewerkschaftsallmacht auf vertretbare Regelungen, denen des Kontinents vergleichbar.

Hier gibt es nun für die Regierung kein Zurück und keinen Kompromiß: Die Glaubwürdigkeit stünde auf dem Spiel. Ungleich der Politik der Opposition in Österreich vor der Wahl am 6. Mai hatte nämlich die Führerin der Konservativen, Margaret Thatcher, eine beinharte Alternative zur Politik der Regierung für den Fall angekündigt, daß sie an die Regierung käme. Eine Alternative, die absolut unpopulär hätte sein können, da sie im Kerne Schweiß und Tränen, weniger Staatsvorsorge und mehr harte Arbeit klar zur Entscheidung stellte. Eine mutige Aussage, gar nicht nach dem Mund des Wählers geredet: Nichts Leichtes, nur Schweres wurde versprochen.

Da die Labour Party total versagt hatte und dieses Versagen auch deutlich sichtbar wurde, war die so prägnant ausgeprägte konservative Al ternative plötzlich annehmbar und wählbar. Man wußte genau, wofür Thatcher und die Konservativen standen. Würde sie nun diese Politik nicht in die Praxis umsetzen, so wäre - wie bereits betont - ihre Glaubwürdigkeit gefährdet und darfiit die Regierungsmehrheit bei den nächsten Wahlen.

Also: Bei klaren Fehlem der sozialistischen Regierung wurde eine deutlich anders ausgelegte Politik der Opposition entworfen, die den Wähler überzeugte. Spätestens hier ist es erlaubt, kurz die Brücke zu österreichischen Verhältnissen zu schlagen.

Eine Hauptursache für die ÖVP- Niederlage am 6. Mai war, daß viele der potentiellen ÖVP-Wähler diese Partei doch nicht wählten, weil sie nicht wußten, was die ÖVP eigentlich wollte und anders machen würde. Die ÖVP wiederum, aus Angst, in irgendwelchen Sachentscheidungen Interessengruppen zu vergrämen, betrieb eine Gefälligkeitspolitik, aus der dann die Alternative nicht sichtbar wurde, welche die Wähler hätte überzeugen können.

Nun hängt das Schicksal der Regierung Thatcher davon ab, ob es ihr gelingt, alles durchzuhalten, was versprochen wurde, und ob diese Maßnahmen in ihrer Wirkung zu dem versprochenen und erwarteten Aufschwung führen. Die Vorzeichen stehen sicher auf Sturm: Streiks beginnen hier und dort, Firmen werden wiederum wegen zu geringer Produktivität geschlossen, die Arbeitslosigkeit steigt und Lohnforderungen erreichen Zahlen über 30 Prozent.

Thatchers Worte in Blackpool waren hart und deutlich und rissen die über 5000 Delegierten zu Beifallsstürmen hin. Sie zeigte keinen leichten und kurzen Weg auf, sondern einen schweren und langen. Mehr Arbeit bedeutet höheren Lebensstandard und höhere Pensionen, nur was vorher produziert wurde, kann hinterher verteilt werden, nur soziale Partnerschaft macht stark, nicht der Kampf aller gegen alle. Und daß dafür fünf Regierungsjahre nicht ausreichen, sondern noch weitere fünf Jahre dazu kommen müssen.

Die Botschaft wurde sicher verstanden und die Entschlossenheit der Regierung auch allen sichtbar. Ob die notwendige Haltungsänderung von Millionen Briten folgen wird?

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