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Kärntner Notizen

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Gerne hätte die sozialistische Landtagsmehrheit das Land an der bevorstehenden herbstlichen Kraftprobe in Wien, Niederösterreich und Vorarlberg teilnehmen lassen. Nachdem die Volkspartei ganz entschieden abgelehnt und darauf verwiesen hatte, daß die Verlängerung der Legislaturperiode seinerzeit auf Wunsch der Sozialisten erfolgte, lag es bei den Sozialisten, sich den weiteren sachlichen Argumenten ihrer Gegner zu fügen oder aber die bisherige politische Praxis fortzusetzen und ihren Willen mit Hilfe des einzigen Kommunisten im Landtag durchzusetzen. Sie entschieden sich für den ersteren Weg, der Kärntner Landtag wird demnach im Frühjahr 1965 neu gewählt werden, wenn nicht die Entwicklung auf der Bundesebene bei: den. sozialistischen Führern andere Überlegungen auslöst..

Die Diskusäiön um den’Wähltet- min hatte zur Folge, daß die Wahlvorbereitungen allseits sehr früh in Angriff genommen wurden. Es kann auf Grund der allseits sehr sorgfältigen und gründlichen Planung mit einem scharfen und zügigen Wahlkampf gerechnet werden, wobei davon auszugehen ist, daß die Sozialisten ihre Position zu verteidigen haben werden. Ist es doch in Kärnten seit 1958 für alle Wahlgänge charakteristisch, daß die Zahl der sich nach links orientierenden Wähler hinter den Erwartungen ihrer Parteiführer zurückbleibt. Nach dem Resultat der letzten Gemeindewahlen kann von einer bestätigten Tendenz gesprochen werden.

Problematische Gemeindezusammenlegung

Die seinerzeit mit der Stimme des Kommunisten beschlossene Zusammenlegung mehrerer Kärtner Gemeinden beschäftigt die Gemüter noch immer. Zu den zahlreichen Gründen, die zur Ablehnung dieser Zusammenarbeit führen, steht gewiß nicht an letzter die Tatsache, daß der Kommunismus die Gesellschaftsform jenes Nachbarstaates bestimmt, der in der Vergangenheit dem Lande nicht geringe Schwierigkeiten machte. Das Wissen um die hohe Zeit Kärntens ist- sehr; lebendig geblieben, so daß keine Partei diese Grundstimmung im Lande unberücksichtigt lassen kann. Die Sozialisten haben gegen dieses innere Gesetz verstoßen und praktisch mit Hilfe des Kommunisten regiert. Und hart regiert. Das verdrießt selbst jene Wähler, die bisher konsequent sozialistisch wählten. Man wählt hierzulande sozialistisch, ohne Sozialist zu sein, was vor allem im Vergleich zu anderen Bevölkerungsschichten auf die liberale Intelligenz zutrifft, die nach 1945 bei der Linken auf mehr Bereitschaft zum Vergessen stieß als bei der Rechten; Heute ist hier die Bereitschaft zur Kritik größer als die Neigung zum Gehorsam. Und es wird viel kritisiert, seit es Untersuchungsrichter und Staatsanwalt auf sich nehmen mußten, einige Absätze vder Gegen artjgeschichte der Kärtner SPÖ zu schreiben.

Den Bogen überspannt

Der Prozeß gegen die ehemaligen sozialistischen Kommunalpolitiker wird im kommenden Wahlkampf nicht unerwähnt bleiben. In diesem Zusammenhang soll Erwähnung finden, daß das „Regime” in den letzten Jahren einen immer deutlicher akzentuierten Tonfall der Bevormundung, des Besserwissens und der falschen Selbst- sieherheit angenommen hat. Es bediente sich einer Schichte junger Manager, deren Verhalten zu Widerspruch reizte und reizt. Die arge Kluft zwischen der Theorie der Demokratie und der Praxis ihrer Anwendung fordert die ebenso kritischen wie liberalen Kärntner zum Widerspruch heraus. Man ist sich darüber einig, daß die politische Mehrheit den Bogen überspannt habe. Um so mehr Enttäuschung hat es bei vielen bisherigen Wählern der Linken ausgelöst, daß von den zur Diskussion stehenden Kandidaten der sozialistischen Landeshauptmannstellvertreter Sima das Erbe Landeshauptmann Wedenigs an- treten soll. Sima zählt zur aufstrebenden Generation jüngerer Sozialisten, deren Arbeitsstil und Wirken in den eigenen Reihen umstritten ist. Es erscheint deswegen völlig offen, ob es ihm gelingen wird, die sozialistischen Positionen zu halten. Wenn auch dieses geschieht, um das schwere Befremden der Bevölkerung über das Versagen ehemaliger Klagenfurter Gemeindefunktionäre vergessen zu machen, die Reserve ist nun einmal nicht wegzuleugnen. Die aus diesen Gründen mit großem Aufwand propagierte Idee einer Universität auf Kärntner Boden fand zwar die ungeteilte Zustimmung aller, allein die Lautstärke des Beifalles ist verklungen, um der nüchternen Überlegung zu weichen. Man ist sich bewußt, daß eine Hochschule nicht von heute auf morgen aus dem Boden gestampft werden kann, es sei denn, man begnügt sich mit einem bescheidenen Betrieb, der weit davon entfernt ist, den Begriff der Universität auszufüllen.

Die Situation der Volkspartei

Das Fundament der Volkspartei beruht, um die andere große politische Komponente in diesem Stadium der verlängerten Vorwahlperiode zu erfassen, auf der gediegenen und sachlichen Arbeit ihrer Mandatare und Funktionäre. Hauptsächlich diesem Umstand verdankt sie das stetige Zunehmen der Wähler, die ihr selbst bei den Bundespräsidentenwahlen 1963 die Treue hielten. Die Zusammenarbeit eines eingespielten politischen Teams auf der Landesebene ermöglicht es auch dem Landesparteiobmann, sich als Ressortminister voll seiner Aufgabe hingeben zu können. Die weitere Entwicklung der Partei auf Kärntner Boden wird in starkem Maß davon bestimmt sein, ob es ihr gelingt, die richtigen Männer hinauszustellen und mit der patriarchalischen Vorstellung aufzuräumen, daß der gute Funktionär mit einem Mandat belohnt werden müsse, Dies gilt besonders für den Arbeiter- und Angestelltenbund, dem man nachsagt, daß in Kärnten innere Posi- tionskämpfe an seinen Kräften’ zehren und die so notwendige Vollentfaltung nach außen hemmen. Der Ausgang der näherrückenden Arbeiterkammerwahlen wird klarstellen, in welchem Ausmaß es dennoch gelungen ist, die große Masse der Beschäftigten anzusprechen.

Die Sorge der Katholiken

Die Katholiken in der Partei wünschen sich, bei aller Toleranz gegenüber Andersdenkenden, die stärkere Betonung der geistigen Grundlagen der Partei, denn, so argumentieren sie, die anderen politischen Kräfte des Landes handeln nach einem Konzept, das sich nicht nur von tagespolitischen Forderungen nährt. Da sie noch immer die große Masse des Parteifußvolkes stellen, vermerken sie die weltanschauliche Entprofilierung der Partei auch deswegen mit Unbehagen, weil sie, scheidet einmal der Abgeordnete zum Nationalrat, Dr. Ludwig Weihs, aus dem politischen Leben aus, keinen ihren Reihen entstammenden Führer mehr haben werden. Folge der Denkfehler der Vergangenheit, in der aus falsch geübter Abstinenz der Erziehung des politischen Nachwuchses nur wenig oder gar keine Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Die reichlich verspätet einsetzende Erkenntnis mit den nachfolgenden Bemühungen, im Führungskader der Partei wieder Fuß zu fassen, können von heute auf morgen keinen Erfolg haben. Immerhin läßt sich vermerken, daß die zahlreichen katholischen Organisationen, die Existenz des Politischen zu erkennen und sich zu gemeinsamer Arbeit zusammenzuschließen beginnen. Ungeduldige wünschen sich freilich ein flotteres Tempo in dieser Richtung, denn die Zeit drängt.

Der Kampf der Richter

Gegenwärtig verfolgt die Kärntner Öffentlichkeit die wegen der Besetzung des freigewordenen Postens eines Vizepräsidenten beim Klagenfurter Landesgericht entbrannte Fehde zwischen dem Justizminister, der seinen Kandidaten dem Bundespräsidenten zur Ernennung Vorschlägen will, und den Kärntner Richtern, die dem Ressortchef zum Vorwurf machen, daß er entgegen den Besetzungsvorschlägen der Personalsenate beim Oberlandesgericht Graz und beim Obersten Gerichtshof einem Rangjüngeren und einseitig nur als Strafjurist kenntnisreichen Bewerber den Vorzug gebe. In Klagenfurt haben es sich indessen die Spatzen schon vor Monaten zugezwitschert, als der Posten noch gar nicht ausgeschrieben war, daß sich die Richter um die Besetzung dieses Postens keine Sorge machen brauchen, es sei schon vorgesorgt… Die um die im Gesetz verankerte faire Kompetenz gebrachten Richter ließen sich nicht kopfscheu machen, sondern sie stellten sich ihrem Minister zum Duell. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieses Vorfalles steht zu erwarten, daß sich die Richterschaft anderer Bundesländer unterstützend an die Seite der Kärntner Kollegen stellen wird, um den versuchten Einbruch der Politik in die Justiz abzuwehren. Sicher ist, daß dieser Fall noch lange nicht als abgeschlossen betrachtet werden kann.

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