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Ein Campus in Gaming

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Das Rätselraten um die künftige Nutzung der Kar- tause Gaming scheint be- endet: Statt des Engelwer- kes kommen via Liechten- stein vermittelte amerikani- sche Charismatiker.

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Das Rätselraten um die künftige Nutzung der Kar- tause Gaming scheint be- endet: Statt des Engelwer- kes kommen via Liechten- stein vermittelte amerikani- sche Charismatiker.

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64 Millionen Schilling wurden bisher in die Renovierung der Kar- tause Gaming, die 1991 die nieder- österreichische Landesausstellung und anschließend einen Campus für Studenten aus Steubenville (USA) beherbergen wird, investiert (FURCHE 36/1990). Zu dieser kul- turellen Großtat haben Land, Bund, Diözese St. Pölten und viele Spen- der beigetragen.

Die Kartause ist ins innerkirchli- che Gerede geraten, weil dort im Jahr 1987 die Errichtung einer Hochschule des umstrittenen En- gelwerkes (FURCHE 9/1990) ge- plant war und erst am Widerstand des Bischofs von St. Pölten, Franz Zak, scheiterte. Dann wollte die in sehr konservativem Ruf stehende Internationale Akademie für Phi- losophie im Fürstentum Liechten- stein in Gaming Kurse anbieten, diese hätten aber in Österreich keine Anerkennung gefunden, weshalb das Projekt fallen gelassen wurde.

Über Personen dieser Akademie - im Lehrkörper scheinen beispiels- weise der Philosoph Rocco Butti- glione („Communione e liberazio- ne"), der Moraltheologe Carlo Caf- farra, die Österreicher Andreas Laun, Balduin Schwarz und Wolf- gang Waldstein, aber auch ein Michael Healy (Steubenville, Ohio, USA) auf - dürften auch die Kon- takte zur Franziskaner-Universi- tät von Steubenville geknüpft wor- den sein. Auch ein John Crosby (Dallas, USA) gehörte zum Lehr- körper der Liechtensteiner Aka- demie, und der Besitzer der Kar- tause, der Architekt Walter Hilde- brand, der die Anlage 1984 um eine Million Schilling erworben hat, glaubt sich zu erinnern, daß dieser Professor nun in Steubenville tätig ist und möglicherweise dort das Interesse an Gaming gefördert hat.

„Ich habe schon seit Jahren einen Orden für die Kartause gesucht", erklärt Hildebrand, der ihm nach- gesagte Naheverhältnisse zum Engelwerk und zum Opus Dei be- steitet und sich nur als Famiiiare des Deutschen Ordens bekennt. Daß er für den Mediatrix-Verlag das Buch „Engel gibt es" geschrieben hat, spielt er herunter: „Da habe ich mich nur auf Aussagen über die Engel in der Heiligen Schrift bezo- gen." Im Literaturverzeichnis des Buches ist freilich auch eine sehr positive Darstellung des Engel Wer- kes erwähnt, und Hildebrand gibt zu, mit P. Hansjörg Bitterlich, dem Superior des mit dem Engelwerk verbundenen Ordens der Regular- kanoniker vom Heiligen Kreuz gut bekannt zu sein. In Engelwerk- Publikationen wurde bereits mehr- mals zu Wallfahrten zum Gnaden- bild Maria Thron in Gaming aufge- rufen.

Die Steubenviller sind aber, wie Hildebrand glaubwürdig versi- chert, Charismatiker, die weder mit dem Engelwerk noch mit dem Opus Dei etwas zu tun haben. Präsident der Universität, die ansonsten vom „Dritten Orden der Franziskaner", also von Laien, geführt wird, ist ein Franziskanermönch. Ab 1991 sol- len nun 100 bis 150 Studenten ein Jahr in Gaming verbringen. Im Wis- senschaftsministerium hat man da- gegen keine Einwände und betont nur, daß es sich um eine ausländi- sche Angelegenheit handle. Öster- reicher, die allfällige spätere Stu- dienangebote absolvieren, können nach derzeitiger Rechtslage mit keiner Anerkennung dieser Studien rechnen.

Laut Hildebrand liege bereits die für die Niederlassung der Franzis- kaner in Gaming nötige Erlaubnis des Ortsbischofs Franz Zak vor, ein Umstand, der dem dazu von der FURCHE befragten St. Pöltner Generalvikar Alois Tampier unbe- kannt war. Nach Auskunft Tam- piers warte St. Pölten vor einer Genehmigung erst die Antwort auf eine Anfrage an die Diözese Steu- benville ab.

Das Engelwerk konzentriert in- dessen seine Kräfte auf das ihm vom Industriellen Herbert Turnau- er geschenkte Kurbad Fusch an der Glocknerstraße, dessen Sanierung rund 150 Millionen Schilling ko- sten dürfte. Solange es dort nur ein Kurbad betreibt und keine geistli- chen Angebote (Exerzitien, Ein- kehrtage) macht, bedarf es nicht der Zustimmung von Erzbischof Georg Eder. Engelwerk-Ausbau- pläne in der Niederlassung Schef- fau, im Tiroler Gebiet der Erzdiö- zese Salzburg, müssen warten.

Ein schwerer Schlag traf das En- gelwerk am Fest der heiligen Erz- engel, am 29. September: Bei einem schweren Verkehrsunfall in Italien kamen der leitende Priester des Werkes, Georg Bläsko, eine Ordens- schwester und ein Lastwagenlen- ker ums Leben.

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