7030674-1989_29_07.jpg
Digital In Arbeit

Mit der Kirche um Heiligenkreuz

19451960198020002020

Die Auswechslung der Leitung des Wiener Priesterseminars ist nicht der erste und einzige Versuch des Wiener Erzbischofs, für einen in seinem Sinn ordentlichen Priesternachwuchs zu sorgen.

19451960198020002020

Die Auswechslung der Leitung des Wiener Priesterseminars ist nicht der erste und einzige Versuch des Wiener Erzbischofs, für einen in seinem Sinn ordentlichen Priesternachwuchs zu sorgen.

Werbung
Werbung
Werbung

Am 13. Juli lieferte der Wiener Erzbischof Kardinal Hans Hermann Groär seinen Beitrag zu den Diskussionen über die Priesterausbildung, die sein Auxiliarbischof Kurt Krenn durch ein Interview mit dem deutschen „Pur-Magazin“ aktualisiert hatte (FURCHE 24/1989). Groör löste das gesamte Leitungsteam des Wiener Priesterseminars unter Regens Josef Toth, der mit 1. August Domkapitular wird und ab September eine Pfarre übernehmen soll, ab.

Am gleichen Tag bestellte der Wiener Kardinal mit Wirkung vom l.September 1989 die neue Leitung des Priesterseminars: Neuer Regens wird der bisherige Pfarrer von Großenzersdorf, Franz Fischer, Spiritual der aus Malta stammende Priester Joseph Debono, derzeit Expoeitus in Wienerfeld West, Stu- dienpräfekt Anton Faber, jetzt Domkurat in Wiener Neustadt. Der bisherige Subregens Petrus Bsteh wird weiter als Rektor des Afro- Asiatischen Instituts in Wien und als Leiter der Arbeitsgemeinschaft der Afro-Asiatischen Gemeinden tätig sein.

Neben diesem viele überraschenden Vorgang sollte man freilich zwei wichtige Nebenschauplätze nicht übersehen: Heiligenkreuz und Mayerling. Bisher versuchte man ja, auf diesem Umweg - also mit der Kirche ums (Heiligen)Kreuz - zu einer alternativen, der Diöze- sanleitung genehmeren Priesterausbildung zu kommen.

In Heiligenkreuz befinden sich das ehrwürdige Zisterzienserstift, die angeschlossene Philosophisch- Theologische Hochschule und das Studienhaus „Collegium Rudol- phinum“, das in erster Linie Priesterstudenten deutscher Diözesen beherbergt. InMayerling (FURCHE 48 und 50/1988) blüht und gedeiht das „Collegium Sanctissimae Trinitatis“, dessen Alumnen zwar fast alle aus Deutschland und Westösterreich kommen, aber Priester wol-

Es ist kein Geheimnis, daß der Wiener Oberhirte und sein Auxiliarbischof schon länger nach einer Alternative zur Priesterausbildung im diözesanen Wiener Seminar suchten, zunächst aber nicht den Weg einer Ablöse des angesehenen Regens Toth gehen wollten. Die Hilfestellung der Erzdiözese Wien bei der Gründung des offiziell vom Oratorium des heiligen Philipp Neri geführten Studienhauses in Mayerling ist bekannt

Daß die Kemgruppe der nun von Mayerling aus die Heiligenkreuzer Hochschule besuchenden Studenten aus fünf Leuten besteht, die aus dem Rudolphinum in Heiligenkreuz aus geschieden waren, weil sie sich mit dem umstrittenen und in einigen deutschen Diözesen verbotenen “Opus Sanctorum Angelorum" (Engelwerk) eingelassen hatten, störte Groer und Krenn nicht. Sie setzten vielmehr ihr ganzes Gewicht ein, daß diese Leute von Mayerling aus wieder an der Hochschule Heiligenkreuz studieren durften. Die Engelwerk-Kontakte (es gehören auch Heiligenkreuzer Patres, darunter der bisherige Novizenmeister, dem Engelwerk an) haben dem Ruf von Heiligenkreuz sicher nicht gut getan.

Während in Süddeutschland einige Diözesen dem Engelwerk durch Verbote den Boden entzogen, ließ man sich in Mayerling durch einen Priester namens Heinrich Morscher - der zumindest damals dem Engelwerk angehörte - weitere Studenten vermitteln. Sein Bruder Edelbert Morscher, inzwischen wie Heinrich aus dem Orden der Missionare vom kostbaren Blut ausgeschieden, wurde kürzlich “ad experimentum“ in den Dienst der Erzdiözese Wien aufgenommen. Und Pater Werner Schmid, dem Heinrich Morscher einst die Primizpredigt hielt und der dem genannten Orden noch angehört, wurde Spiritual des vom Prä- positus des Oratoriums, Heribert Bastei, geleiteten Mayerlinger Studienhauses.

Auf Anfrage im Wiener Priesterrat stellte Kardinal Groer im Dezember 1988 klar, daß die Mayerlinger Studenten, sollten sie in den Dienst der Erzdiözese Wien treten wollen, auch noch zumindest zwei Jahre im Wiener Priesterseminar - das nun eine neue Führung bekommen hat - verbringen müssen.

Die Erzdiözese Wien hatte indessen aber auch das „Collegium Rudolphinum“ in Heiligenkreuz selbst im Auge. Dieses überdiözesane Kolleg, getragen vom Verein „Opus Summi Sacerdotis“, an dessen Spitze der ehemalige Bischof von Regensburg, Rudolf Gräber, steht, will Priesterberufe, vor allem solche auf dem dritten Bildungsweg, fördern und somit mehr als Ergänzung denn als Konkurrenz zu diözesanen Seminaren wirken. Kandidaten aus Wien werden deshalb nicht aufgenommen, das wurde noch unter Kardinal Franz König so vereinbart.

Daß es Bemühungen seitens der Erzdiözese Wiengebenmuß, das Rudolphinum zu übernehmen, beweist ein Brief, den Altbischof Gräber im heurigen Frühjahr von der Kongregation für das Katholische Bildungswesen in Rom erhalten hat. Darin wird darauf hingewiesen, daß üblicherweise nur ein amtierender Diö- zesanbischof ein Seminar führe und noch andere - leider nicht genau genannte - Umstände dafür sprä chen, das Rudolphinum der Erzdiözese Wien zu übergeben. Jedem Eingeweihten ist klar, daß Rom hier nicht von sich aus aktiv wurde, sondern daß jemand aus Wien kräftig nachgeholfen haben muß.

Bischof Gräber reagierte verwundert. Die Kongregation habe offenbar zuerst von anderer Seite Informationen über das Rudolphinum eingeholt und nicht bei ihm, was man doch hätte erwarten können. Das Kolleg sei kein Seminar, son dern ein Studienhaus, das nicht ein Regens, sondern ein Direktor leite. Jeder Student stehe unter Aufsicht des Bischofs und des Regens seiner Heimatdiözese. Das „Opus Summi Sacerdotis“ sei ein eingetragener Verein, der mit dem Stift Heiligenkreuz einenbis 1997 laufenden,nicht einfach kündbaren Vertrag besitze und bereits Millionen in das Haus investiert habe.

Das Zisterzienserstift Heiligenkreuz unter Abt Gerhard Hradil hat jedenfalls stets betont, daß es zum Vertrag mit dem „Opus Summi Sacerdotis“ stehe. Schon im August 1987 schrieb der Abt, offenbar nicht ohne Anlaß, an Bischof Gräber, daß Erzbischof Groer und Weihbischof Krenn von den vertraglichen Verpflichtungen des Stiftes und der Haltung des Konventes in dieser Frage genau unterrichtet seien.

An der Hochschule des Stiftes, die vor allem durch die Gründung des Rudolphinums im Jahr 1975 zu einer neuen Blüte kam, gab es im letzten Semester 114 Studenten. Der Plan, daraus eine Päpstliche Hochschule zu machen, wird vor allem von Weihbischof Krenn und vom Dekan der Hochschule, Pater Augustinus Fenz, verfolgt, vom Konvent aber nicht sonderlich gebilligt.

Die personellen Entwicklungen an der Heiligenkreuzer Hochschule sind umstritten. Dekan Fenz holte einige Leute mit Nahverhältnis zu Weihbischof Krenn in den Lehrkörper: den Mühlviertler Dechanten Franz Breid und den Regensburger Erwin Möde sowie einen Heinrich Reinhardt, dem zwei deutsche Diözesen die Priesterweihe verweigerten und der jüngst das Stift Klosterneuburg verlassen mußte, nun aber in Heiligenkreuz „Spezialfragen der Philosophie“ behandeln soll.

Dagegen haben der Dogmatiker und erklärte Engelwerk-Gegner Hermann Riedl, Zisterzienserpater aus Zwettl, der für Philosophie zuständige Jesuit Johannes Lorenz und der Klostemeuburger Chorherr und Kirchenhistoriker Floridus Röhrig mit Semesterende ihre Lehrtätigkeit beendet, teils aus Altersgründen, teils aber auch, weil ihnen das Klima in Heiligenkreuz nicht mehr gefällt. Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Keiner der genannten Professoren oder der für das Rudolphinum Verantwortlichen ist unter „progressiv“ oder „modernistisch“ einzuordnen, in Heiligenkreuz sind die Konservativen unter sich.

Mehr als ein Gerücht ist, daß Abt Gerhard mit 16. Juli einen neuen Dekan einsetzen wollte, der vielleicht frischen Wind in die Hochschule bringt. Aber es kam nicht dazu, zumindest nicht am 16. Juli. Warum, wollte der Abt der FURCHE nicht beantworten.

Auf die Gefahr, die durch „Paralleleinrichtungen“ zur Priesterausbildung in einer Diözese entstehen kann, hat der Tiroler Franz Troyer namens der Seminarsprecher der österreichischen Priesterseminare im Frühjahr in einem Brief an Österreichs Bischöfe hingewiesen und die „integrative Funktion“ des Diözesanseminars als besonders wichtig hervorgehoben. Anlaß für diesen Brief waren natürlich die Studienhäuser Rudolphinum und vor allem Mayerling.

Ist das heimliche „Zweitseminar“ Mayerling nun durch das Revirement am Wiener Seminar überflüssig geworden? Bleibt es als spezielle „Kaderschmiede“ erhalten? Was wird aus dem Rudolphinum, wenn die deutschen Diözesen - wohl aus Sorge um die ungeklärte Entwicklung an der Hochschule - immer weniger Studenten schicken? Welche Motive stehen hinter all diesen Maßnahmen in Sachen Priesterausbildung in der Erzdiözese Wien? Stimmen die Gerüchte, daß auch am Salzburger Priesterseminar bei nächster Gelegenheit ähnliche Veränderungen vorgesehen sind?

Wenn die Verantwortlichen von der Richtigkeit ihres Handelns überzeugt sind, sollten sie sich nicht scheuen, offen und klar über ihre Motive und Ziele zu sprechen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung