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Schwarze Rute von Roten gegen Blaue geschwungen

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Die politische Rute, die von der SPÖ in Kärnten derzeit gegen die Volkspartei und die Freiheitlichen hörbar geschwungen wird, haben die Funktionäre der burgenländischen Volkspartei gebastelt. Sie wollten mit einer Verfassungsklage gegen die Landtagswahlordnung die Sozialisten im eigenen Lande treffen. Betroffen wurden vom Urteil des Verfassungsgerichtshofes, in den Bundesländern sei bei Landtagswahlen mehr als ein Wahlkreis einzurichten, aber auch Salzburg und Kärnten, vor allem die beiden kleineren Parteien dort. In Salzburg kann es sich die ÖVP als Mehrheitspartei richten. In Kärnten genießt die SPÖ diese Rolle und versucht sie doppelt auszuwerten: einerseits als Sommerspaß zur Verunsicherung der Konkurrenz und anderseits als handfestes Druckmittel vor allem gegen die Freiheitlichen. Die schwarze burgen-ländische Rute prügelt in Kärnten bevorzugt die Blauen.

Die Grundlage der sozialistischen Freude über das Urteil des Verfassungsgerichtshofes ist der Umstand, daß die Einteilung in Wahlkreise keine Änderung der Landesverfassung notwendig macht, sondern nur eine einfache gesetzliche Regelung verlängt. Im Landtag zu Klagenfurt steht es bekanntlich 20 SP, 12 VP und 4 FP. Die SPÖ kann es sich richten.

Der Sommerspaß der Sozialisten begann mit der Idee, zehn Wahlkreise einzurichten. Spezialität der Idee: die Freiheitlichen wären bei gleichbleibender Stimmenzahl nicht mehr im Landtag vertreten. Inzwischen gibt es eine Anzahl von Varianten zu dieser Idee. Landeshauptmann Wagner

betonte in seiner letzten Pressekonferenz, daß man in Kärnten das Mehrparteiensystem erhalten und mit FP und VP einvernehmliche Lösungen anstrebe. Man werde aber die Reform notfalls allein beschließen. Weiters schloß der Landeshauptmann Dreiparteiengespräche, die in Salzburg zu einer Lösung führten, aus, und will getrennt verhandeln. VP und FP wollen Dreiparteienverhandlungen, sind aber anscheinend nicht gewillt, daraus einen grundsätzlichen Standpunkt zu machen.

Die tatsächliche Absicht der Sozialisten dürfte nicht dahin gehen, den Weg aller SP-Wahlrechtsreformen zu immer reinerem Verhältniswahlrecht retour zu gehen. Das wäre politisch schwer vertretbar, wenngleich der eine oder andere „Gabelbissen“ in dieser Richtung nicht auszuschließen ist.

Worum es wirklich geht, stand vor kurzem im SP-Parteiorgan zu lesen. Auf den VP-Vorwurf, die SP im Lande verhalte sich „arrogant“, heißt es: „Wer wohl in diesem Land die Macht auskostet? Etwa die Sozialisten, die in Klagenfurt, Völkermarkt und Hermagor einem ö VP/FPÖ-Pakt weichen mußten, der in Graz seinen Ursprung hatte und zweifellos nicht dem Wählerwillen der Kärntner Bevölkerung entsprach...“

Die nächsten Gemeinderatswahlen finden in ganz Kärnten im März 1979 statt. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die Sozialisten die verlorene Landeshauptstadt und die beiden verlorenen Bezirkshauptstädte wiedererobern können. Zumindest in Klagenfurt dürfte der offizielle Optimismus nicht der tatsächlichen Stimmung

entsprechen. Klagenfurt mit dem beliebten VP-Bürgrmeister Guggenberger ist die offene Wunde im Selbstbewußtsein des roten Kärnten. Sie soll mit aller Gewalt durch einen roten Bürgermeister geheilt werden.

Die Chancen der Sozialisten dazu stehen einerseits ungünstig. Die Erringung der absoluten Mehrheit ist zwar nicht unvorstellbar, aber doch unwahrscheinlich. Eine absolute VP-Mehrheit erwartet auch niemand. Daher wird jene Partei den Bürgermeister schaffen, die die Freiheitlichen für sich gewinnen kann. Die Klagenfurter FP-Organisation bietet mit ihren Mehrfachrivalitäten schöne Ansatzpunkte für politische Coups.

Die Wahlkreiseinteilung soll nun das Trumpfas der Sozialisten werden, um zögernde Klagenfurter von der Landes-FPÖ her unter Druck zu setzen sowie SP-willigen Klagenfurter Freiheitlichen den Rücken zu stärken. Das erklärt den gesetzten SP-Termin für die endgültige Entscheidung in der Wahlkreisfrage: nach den Gemeinderatswahlen. Die anderen beiden Parteien können dagegen kaum etwas unternehmen. So selbstbewußt und so einig, daß VP und FP gemeinsam gegen die Sozialisten auftreten, sind die beiden Oppositionsparteien bei weitem nicht.

Bis zum März 1979 wird das Thema Wahlkreise auf der politischen Tagesordnung bleiben. Entschieden wird es von den Gemeinderatswahlen und den Verhandlungen danach. Den längeren Hebel haben die Sozialisten. Noch länger kann in dieser Situation nur der Hebel der Wähler sein.

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