Bis dann im jüdischen Café!

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Das Geschäft geht schlecht, sagt der Betreiber eines jüdischen Cafés in Wien. Nicht erst seit den Bombenanschlägen vom Samstag auf zwei Synagogen in Istanbul, schon seit dem 11. September 2001, ja schon seit dem Spaziergang Ariel Sharons auf den Tempelberg und der so ausgelösten zweiten Intifada. "Jüdische Einrichtungen sind Zielscheiben geworden", sagt er, "wer setzt sich da ins Café?"

Bei den Anschlägen in Istanbul musste man gar nicht in den Synagogen sitzen, um von den Bomben getötet zu werden. So ist unter den Opfern der Bäcker, der in der Straße sein Brot auslieferte. "Ob Muslime oder Juden, die Opfer sind Türken. Und Terror ist Terror", verbietet sich der türkische Innenminister jede Unterscheidung.

Diese Klarstellung ist wichtig - gerade für Israel, das sich gern von der eigenen Verantwortung abputzt und schnell mit Schuldzuweisungen für das "antisemitische" Europa bei der Hand ist. Nicht die Welt hat Sharon den Ruf verpasst, den er hat - er tat es selbst. Eine Generalvollmacht für Israels Politik, genauso wie das Ende jeglicher Kritik, darf es nicht geben.

Dieser Terror unterscheidet nicht zwischen Muslimen, Juden und anderen Religionen. Darauf muss auch aus einem zweiten Grund gepocht werden: um der - in diesem Fall tatsächlich - antisemitischen Umkehrung Einhalt zu gebieten, die besagt, dass die Juden selbst schuld am Unglück seien, das sie trifft. Terroropfer zu werden ist keine Frage von Schuld, sondern von Ursachen.

Und Ursachen für den Terror lassen sich beseitigen - auch wenn derzeit das Gegenteil passiert: im Irak, in Palästina... Es gibt keine Alternative. Wenn jüdische Einrichtungen Zielscheiben sind, hilft nur eins: Die Schützen dazu zu bringen, ihre Waffen zu senken. Schon aus ureigenstem Interesse: Heute Nachmittag habe ich eine Verabredung - im jüdischen Café.

wolfgang.machreich@furche.at

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