Drei honorige ältere Herren saßen zwei etwas jüngeren Herren und einer Dame im Rollstuhl gegenüber - eine so emotionsgeladene Debatte, wie sie vorigen Sonntag in der TV-Sendung "Zur Sache" ablief, hätte man sich von dieser Runde, in der noch dazu die Älteren als liberale Neuerer und die Jüngeren als Konservative auftraten, gar nicht erwartet.
Aber es ging eben um Leben und Tod, nämlich um das vom "Arbeitskreis menschenwürdig sterben" geforderte Recht auf aktive Sterbehilfe (siehe Furche 10/1998, Seite 6). Den sicher von edlen Motiven (Leid mindern) getragenen Befürwortern der straffreien Beihilfe zum Selbstmord sowie der straffreien Tötung auf Verlangen ist offenbar nicht bewußt, was für eine Tür sie hier öffnen wollen. Selbst wenn Schmerzmittel lebensverkürzend sein sollten, was laut Caritas-Hospiz-Arzt Franz Zdrahal heute gar nicht mehr stimmt, so ist die Inkaufnahme einer Lebensverkürzung noch immer etwas ganz anderes als die vorsätzliche Beendigung des Lebens. Es ist auch zu unterscheiden, ob man auf Wunsch des Patienten nur Reparaturversuche am brüchig gewordenen Lebensfaden einstellt (Maschinen abschaltet, Therapien beendet) oder diesen Lebensfaden bewußt durchschneidet.
Denken wir doch lieber über Maßnahmen zum möglichst umfassenden Schutz des Lebens nach, statt diesen ohnehin vielfach ausgehöhlten Wert (Todesstrafe, Abtreibung) weiter in Frage zu stellen. Die Duldung der aktiven Sterbehilfe, gleichsam die Lizenz zum Töten, würde - zumal die Gesundheitskosten explodieren - Druck erzeugen: auf das Personal im Gesundheitswesen, auf Angehörige Schwerkranker, vor allem aber natürlich auf die Patienten selbst. Meint man wirklich, es sei auszuschließen, daß im Falle der Einführung der aktiven Sterbehilfe sehr rasch etliche, vielleicht sogar viele, Betroffene zu rechnen beginnen, welche Belastung und welchen Kostenfaktor ein Todkranker darstellt und ob man ihm, wenn er nicht selber draufkommt, nicht nahelegen könnte, daß ...
Darum die eindringliche Warnung: Hände weg vom menschlichen Leben!
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