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Erwartungen wurden nicht erfüllt

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Die Betreiber des „Kirchen-volks-Begehrens” sind von der Erklärung der Osterreichischen Bischofskonferenz enttäuscht.

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Die Betreiber des „Kirchen-volks-Begehrens” sind von der Erklärung der Osterreichischen Bischofskonferenz enttäuscht.

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Es ist genau so gekommen, wie es die Skeptiker, oder besser die Realisten, vorausgesehen haben. Die österreichischen Bischöfe in ihrer Gesamtheit waren nicht in der Lage, auch nur im entferntesten die Erwartungen der rund 500.000 Menschen zu erfüllen, die in wichtigen, aber keineswegs dogmatisch strittigen Fragen Wünsche zur Veränderung geäußert haben. Alles was bisher an wohlwollenden Bemerkungen, wie Ernstnehmen und Eintreten in einen notwendigen Dialog, von einzelnen Bischöfen zu hören war, konnte offensichtlich von der Bischofskonferenz in ihrer Gesamtheit nicht angenommen werden. Nicht die Betreiber und Unterzeichner des „Kirchen-yolks-Begehrens” wollen gewaltsam Veränderungen erzwingen, sondern die Bischöfe, mag sein nur einige, wollen gewaltsam alle Veränderungen verhindern.

Niemand will dem Papst das Recht absprechen, Bischöfe zu ernennen. Wie aber geeignete Kandidaten gefunden werden und wie dabei auch die Gläubigen mitbeteiligt werden können, muß und kann von den Bischöfen, die das Volksbegehren wirklich ernstnehmen, auch im Alleingang angegangen werden. In der Erzdiözese Wien werden schon seit vielen Jahren in großer Verantwortung und ohne jede „Parteilichkeit” und „Wahlkämpfe” die Dreiervorschlage für die regionalen Bischofsvikare erstellt - ein durchaus adaptierbares Modell für Dreiervorschläge vor der Ernennung von Weihbischöfen und auch des Erzbischofs.

Daß Frauen auch in leitende diöze-sane Funktionen kommen können, wurde gerade in Wien bereits vorexerziert, sie aber von den Weiheämtern auszuschließen, wird nicht mehr lange möglich sein. Diese Frage ernsthaft und energisch auf allen Ebenen zu diskutieren, auch wenn Rom meint, die

Diskussion sei zu beenden, wurde auch schon vom Wiener Diözesanfo-rum gefordert.

Die Frage der Zölibatsverpflichtung für Priester ist biblisch, rechtlich und pastoraltheologisch längst ausdiskutiert, die Frage einer diesbezüglichen Änderung liegt wahrscheinlich im psychologischen Bereich. Mag sein, daß der Papst und die Bischöfe tatsächlich das Charisma der Ehelosigkeit haben und wenn nicht, sich dennoch ein Leben lang damit geplagt haben, - diese Plage soll vergeblich gewesen sein? Die Priester allerdings, die darunter leiden, nicht selten auch mit Frauen und Kindern, ob im Amt oder nach Eheschließung ohne Amt, und die Gemeinden, die ohne eigenen Priester am Ort auskommen müssen, haben für diese starre Haltung kein Verständnis mehr. Solche Gemeinden werden vielleicht in Zukunft vermehrt den Dienst eines verheirateten Priesters in Anspruch nehmen.

Jegliche Autorität in Sexualfragen verloren

Jegliche Autorität, besonders auch bei jungen Leuten, hat die Kirchenführung in der Frage der Sexualität verloren. Daß die Bischofskonferenz kein Wort zu dieser Frage und auch zur Problematik der wiederverheirateten Geschiedenen verloren hat, ist vielleicht besser als jede zu erwartende Stellungnahme. Ein mehrjähriges Bußschweigen der Kirchenführung zu Fragen der Sexualität wäre angebracht.

Wenn die „hingestreckte Hand” -die ich nur schwer erkennen kann -bedeuten soll, geht mit uns weiter und vergeßt die Dummheiten die ihr da angestellt habt und beten wir die Probleme in Mariazell unter den Kirchenteppich, dann werden viele resignieren, vielleicht sogar aus der Kirche austreten (was nichts mit Glaubensabfall zu tun hat, sondern es kann sogar ein Akt des Glaubens sein, dieser Kirche den Rücken zu kehren). Andere und hoffentlich die meisten werden im Bewußtsein wir sind das Volk Gottes weitergehen auf dem Weg des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, wenn es sein muß auch ohne Bischöfe.

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