Von Leoben nach Graz

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Die Aufgabe eines Hochschulseelsorgers prägte ihn; er prägte seinerseits das | Amt. Als Bischof verleugnete Egon Kapellari seine intellektuellen Wurzeln nie.

Weniger als 70 Kilometer zählt die Entfernung zwischen Leoben und Graz. Und doch kann ein Lebensweg von der obersteirischen Industriestadt in die Murmetropole als Ziel des Wirkens weit sein.

In Leoben wurde am 12. Jänner 1936 Egon Kapellari geboren. Nach der Matura studierte er Jus in Graz, das er 1957 mit dem Doktorat abschloss. Dann trat er ins Priesterseminar ein, studierte in Salzburg und Graz Theologie und wurde 1961 zum Priester geweiht.

Hochschulseelsorger in Graz

Ab 1964 war Egon Kapellari Hochschulseelsorger in Graz - eine Funktion, die er über seine Amtszeit hinaus prägte und die ihn selber prägte. Als zwischen den Jahrhunderttheologen Karl Rahner (1904-84) und Hans Urs von Balthasar (1905-88), die er beide in die Hochschulgemeinde einlud, wäre das theologische Feld aufzuspannen, das Kapellari hier in der Konzils- und Nachkonzilszeit beackerte. Auch Joseph Ratzinger war ein Wegbegleiter, die theologische Freundschaft und persönliche Bekanntschaft zum heutigen Papst rührt nicht zuletzt aus diesen Tagen.

Legendär ist bis heute auch das Engagement des Hochschulseelsorgers für zeitgenössische Kunst - von der Literatur bis zur Malerei. Was im Wien jener Jahre Otto Mauer (1904-73) aufgebaut hatte, führte Egon Kapellari in Graz auf seine Weise weiter.

Ende 1981 wurde Egon Kapellari zum Bischof von Gurk ernannt, mit der Bischofsweihe im Jänner 1982 übersiedelte er nach Klagenfurt. Auch als Bischof festigte er seinen Ruf als intellektueller, kunstsinniger Kirchenmann - seine diesbezüglichen Aktivitäten in Kärnten sowie zahlreiche Publikationen geben Zeugnis davon.

Am 14. März 2001 wurde Kapellari - unerwartet - als Nachfolger des populären Langzeithirten Johann Weber auf den Bischofsstuhl von Graz-Seckau berufen. In vieler Hinsicht stellte diese Aufgabe für ihn eine Rückkehr nicht nur in die physische, sondern auch in die geistige Heimat dar.

Längst gilt Egon Kapellari als prägende Persönlichkeit für die gesamte katholische Kirche Österreichs: Als stellvertretender Vorsitzender der Bischofskonferenz ist er unter anderem für Kultur, Medienfragen und Europa zuständig. Mit Vollendung seines 75. Lebensjahres am 12. Jänner bietet Kapellari - wie kirchenrechtlich vorgesehen - den Rücktritt an. Ob Benedikt XVI. diesen unverzüglich annimmt und wer die Nachfolge dieser exzeptionellen Persönlichkeit antritt, wird über die Steiermark hinaus mit Spannung, aber auch mit Bangen erwartet.

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