Das wechselnde Ich
FOKUSAlternde Männer: Die Andropause ist abgesagt
Gibt es die „männlichen Wechseljahre“? Diese Frage beschäftigt Forscher seit Jahrzehnten. Was man heute über die Probleme des alternden Mannes weiß.
Gibt es die „männlichen Wechseljahre“? Diese Frage beschäftigt Forscher seit Jahrzehnten. Was man heute über die Probleme des alternden Mannes weiß.
„Wann ist ein Mann ein Mann?“, fragte Herbert Grönemeyer in einem seiner bekanntesten Songs. Vielleicht ist das noch leicht zu beantworten im Vergleich zu einer anderen Frage: Wann wird man vom jungen zum alten, pardon, zum „älteren“ Mann? Sind es die ersten grauen Haare, die die Reifung zum „Silberrücken“ signalisieren? Ist es die Absolvierung der drei Aufgaben, die einem Mann seit alters her zugeschrieben werden, die für eine gewisse Entspannung in der zweiten Lebenshälfte sorgen: einen Baum zu pflanzen, einen Sohn zu zeugen und ein Haus zu bauen? Ist es der mühsame Weg durch die „Midlife Crisis“, in der die Endlichkeit des Lebens stärker ins Bewusstsein tritt – und Mann sich fragt, ob das schon alles gewesen sein soll? Oder ist es nur das diffuse Gefühl eines Energieverlusts, begleitet von der Ahnung, dass nicht mehr alles möglich ist? Vielleicht aber auch die tröstliche Einsicht, an Umsicht oder gar Weisheit gewonnen zu haben?
„Wir müssen wegkommen von den Bildern einer grenzenlosen Jugend, in denen ältere Männer noch mit Waschbrettbauch durch die Gegend laufen“, sagt der Wiener Urologe Eugen Plas. „Die schleichenden Alterungsprozesse betreffen uns alle. Eine ‚Andropause‘ gibt es allerdings nicht.“ Denn Männer erleben nicht die gleiche drastische Hormonumstellung wie Frauen in der Menopause, erläutert der Primarius am Hanusch-Krankenhaus der Österreichischen Gesundheitskasse. Während Frauen mit dem Ende der Monatsblutung unfruchtbar werden, bleiben viele Männer auch im höheren Alter noch fortpflanzungsfähig. Die späte Vaterschaft von Film- und Rockstars wie Al Pacino (mit 83), Robert De Niro (mit 79) oder Mick Jagger (mit 73) bietet dafür viel zitierte Beispiele.
Abgeschlagenheit und Lustlosigkeit
Die Produktion der männlichen Geschlechtshormone nimmt ab einem gewissen Alter – grob gesagt ab dem 40. Lebensjahr – langsam ab. Das ist ein normaler Prozess, der in den meisten Fällen keiner Behandlung bedarf. Kritische Stimmen sehen im „männlichen Wechsel“ bloß eine Erfindung von Pharmaunternehmen, die ihre Medikamente besser verkaufen wollen. „Die Firmen pushen das nicht“, winkt Plas ab. „Das Interesse ist gering, weil die Refundierung durch die Krankenkassen restriktiv gehandhabt wird. Problematisch ist vielmehr der Schwarzmarkt im Internet, wo Testosteronpräparate für Lifestyle-Zwecke beworben werden.“
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