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Die Familien-„Förderung“ mit und ohne Wahlkampf
Chaotisch wie die Vorwahldiskussion um wünschenwerte Reformen der „Förderung“ der Familie (FURCHE 30/1994) ist auch der Status quo. Die politische Alternative: weitgehende Reparaturen oder Systemänderungen.
Chaotisch wie die Vorwahldiskussion um wünschenwerte Reformen der „Förderung“ der Familie (FURCHE 30/1994) ist auch der Status quo. Die politische Alternative: weitgehende Reparaturen oder Systemänderungen.
Auslösende Konflikte sind die Besteuerung der Existenzmini- ma aller unterhaltsberechtigten Familienangehörigen, das bereits dadurch verursachte Absinken von Familien (schon mit wenigen Kindern) unter die Armutsgrenze, die Diskriminierung der in einem Haushalt zusammenlebenden Familie, die Abgeltung von gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen, die es gar nicht gibt (nämlich für ehelos Zusammenlebende), die Verweigerung der vom Verfassungsgerichtshof mehrmals geforderten Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes auch auf unterhaltspflichtige und nicht unterhaltspflichtige Steuerzahler sowie die überflüssige Einbeziehung des gesamten Familienlastenausgleichs in die an sich notwendige Sozialstaatsdebatte als automatische Folge des außerdem unzureichenden Ersatzes einer angemessenen Berücksichtigung der Unterhalts Verpflichtungen bei der Besteuerung durch direkte T ransferzahlungen.
Die seit Jahresbeginn 1993 wirksamen Diskriminierungen sind eine beachtenswerte Folge des Verzichts auf konsistente Begründung der einzelnen Maßnahmen: Die je für sich isolierte Sicht des Unter/MZtsabsetzbe- trages als Berücksichtigung der durch Unterhaltsleistung verringerten steuerlichen Leistungsfähigkeit des von seinen Kindern getrennt lebenden Unterhaltsverpflichteten; die Gestaltung der sogenannten Kinder- absetzbbeträge für Familienerhalter im gemeinsamen Haushalt als Anerkennungsentgelt für die Mühewaltung der (meistens) Bezieherin der Familienbeihilfe; die im absoluten Betrag festgelegte Gleichstellung des Alleinverdienerabsetzbetrages (als unzureichende steuerliche Berücksichtigung der Unterhaltsleistung für den nicht erwerbstätigen Ehegatten) mit dem Alleinerzieherabsetzbetrag (als soziale Hilfe für aueiifctehenden Eltemteile, gleichgültig, ob sie ein eigenes Einkommen und in welcher Höhe immer beziehen) hatte zur erstaunlichen Folge, daß etwa die getrennt lebenden Familien systematisch massiv
begünstigt werden: Bei beispielsweise drei Kindern erhalten sie auf diese Weise 23.900 Schilling jährlich mehr als die im gemeinsamen Haushalt zusamenlebenden (FURCHE 19/1993).
So dankenswert viele dieser Maßnahmen in vielen Einzelfällen sicherlich gut aufgenommene Hilfe gebracht haben, so kontraproduktiv sind die Auswirkungen im Zusammenwirken. Der beachtlichen Höhe der auf Anstoß des Verfassungsgerichtshofes und des Insistierens der ÖVP bewegten Finanzmittel entsprechen die Kosten der nunmehr notwendigen Korrekturen, wenn man sich nicht dazu entschließen kann, die selbst verbaute Sackgasse durch Reduktion bereits gewährter Zuwendungen zu korrigieren.
Letzten Endes sind die notwendigen Reparaturen im gegenwärtigen System nicht möglich. Bei allem Realismus wird die ÖVP neben konkreten Forderungen im Rahmen des gegenwärtigen, fast ausschließlich auf direkten Transferzahlungen des Staates beruhenden Leistungsausgleichs noch anspruchsvollere, koalitionsungebundene Zielvorstellungen erkennbar machen müssen, wenn sie ihre (zur Zeit des Familienlastenausgleichsgesetzes 1954 bewiesene) Führung in der familienpolitischen Kompetenz wiederherstellen will: die Wiederbesinnung auf die Beachtung der steuerlichen. Leistungfähigkeit in einemSystem progressiver Besteuerung bei gleichzeitiger gesetzlicher Ver- CRichtung zu steigenden Interhaltsleistungen bei steigenden Einkommen durch Steuerfreiheit der Existenzminimä aller Familienangehörigen; voller Respektierung der Freiheit der Staatsbürger bei der Wahl ihrer familiären Form, der Wahl zwischen Beruf und ausschließlich häuslicher Tätigkeit sowie bei der Wahl der Eltern, sich zur Betreuung ihrer Kinder öffentlicher oder häuslicher Kindergärten, Tagesmütter, Babysitter oder Haushaltsangestellter zu bedienen.
Sollten einzelne ÖVP-Wahlstrategen vielleicht glauben, damit keine neuen Stimmen gewinnen zu können, so könnte die Wiederherstellung einer neuen Vertrauensbasis wenigstens dazu verhelfen, nicht weitere enttäuschte Wähler zu verlieren.
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