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Herz und Kreislauf

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Das Herz als Motor des Kreislaufes und der Peripheriekreislauf in'den Blutgefäßen hängen innig zusammen.

Das Herz ist ein Muskel, der sich regelmäßig, bei Krankheiten auch oft unregelmäßig zusammenzieht und so das Blut in die Gefäße treibt. Das Herz hat außer dem Muskel auch einen Klappenapparat. Die Herzklappen zwischen Vorhof und Kammer verhindern ein Rückströmen des Blutes aus der Kammer in den Vorhof. Die Herzklappen sind zarte, dreieckige Membranen, die, wenn sie gesund sind, den erwähnten Rückfluß des Blutes verhindern. Bei Herzkrankheiten sind entweder der Herzmuskel oder die Herzklappen, oder beide kombiniert, krank.

Bei allen Herzkrankheiten ist das Stadium der Kompensation und der Dekompensation zu unterscheiden. Wenn ein Herzkranker seinem Beruf ohne wesentliche Beschwerden nachgehen kann, so daß er nicht selten gar nicht weiß, daß sein Herz krank ist, ist trotz des Herzleidens der Kreislauf ausgeglichen, also kompensiert. Treten Beschwerden auf, dann ist das Herz dekompensiert. Populär ausgedrückt, ist die Dekompensation eine Herzschwäche. Die wichtigsten Symptome einer Herzschwäche sind bläuliche Verfärbung der Lippen infolge Sauerstoffmangels des Blutes, Schwellungen der Beine und in der Kreuzbeingegend. Dies ist Wasseransammlung im Unterhautzellgewebe. Wir nennen sie Oedeme. D'e Leber ist infolge Blutstauung vergrößert und druckschmerzhaft. Die Kranken glauben oft, daß es sich um ein Magenleiden handelt, aber in Wirklichkeit schmerzt die geschwollene Leber. Der Arzt kann die Lebervergrößerung durch genaue Untersuchung nachweisen. Die Stauung in den Lungen führt zu Katarrhen mit Husten und Auswurf. Ein wichtiges Zeichen ist auch die Atemnot bei Herzschwäche. Diese Atemnot ist auch oft recht hochgradig, so daß der Ausdruck Asthma nicht unberechtigt ist. Hier kommt diagnostisch die wichtige Abtrennung von Asthma bronchiale in Betracht. Das Asthma bronchiale gehört zu den allergischen Krankheiten. Hier sind die Kranken, die immer wieder Asthmaanfälle bekommen, gegen gewisse Stoffe, die wir Allergene nennen, überempfindlich. Diese Allergene, gegen die der Kranke überempfindlich ist und mit Asthmaanfällen reagiert, sind sehr vielseitig: Das Bettzeug, die Wohnung können die Schuld tragen. Es gibt auch Klimaallergene. Hier kann ich aus meiner langjährigen Erfahrung Beispiele anführen.

Eine Patientin hatte an der Riviera schwere Anfälle, in den Schweizer Bergen war sie anfallsfrei. Wir brauchen aber nicht so weit in die Ferne schweifen, schon seit vielen Jahren beobachte ich Patienten, die in Wien schwere Anfälle haben, in der Umgebung von Wien, z. B. an der Westbahnstrecke oder an der Franz-Josefs-Bahn, z. B. in Klosterneuburg, anfallsfrei sind. Diese meine jahrelangen Beobachtungen habe ich immer wieder meinen Schülern vorgetragen und besonders auch meinen Assistenten eingeprägt.

Zur Herzschwäche muß ich besonders betonen, daß man schon die ersten Zeichen beobachten muß, um rechtzeitig eine richtige Behandlung einzuleiten. Da ist wieder die Atemnot bei Bewegung, beim Stiegensteigen, bei Spaziergängen und bei manueller Arbeit an erster Stelle zu nennen. Dazu kommt auch noch der oben erwähnte Leberschmerz.

Von speziellen Herzkrankheiten seien zunächst die Erkrankungen des Herzmuskels kurz besprochen.

Die Entzündung des Herzmuskels kommt auch bei gesundem Klappenapparat vor. Es handelt sich hier um bakterielle Infektionen. Die Bakterienherde sitzen in den Mandeln, in 'schadhaften Zähnen sowie in kranken Nebenhöhlen der Nase. Alle diese Herde bilden eine Gefahr für den Herzmuskel. Auch der fieberhafte akute Gelenksrheumatismus ist eine häufige Ursache der Herzmuskelentzündung. Auch die Sklerose (Arterienverkalkung) kann zu Herzmuskelerkrankungen führen, wenn die Kranzgefäße des Herzens ergriffen sind. Die Herzklappen können der Sitz von Entzündungen sein (Endocarditis). Die Endo-carditis verläuft oftmals mit Fieber als Zeichen der bakteriellen Infektion. Diese Klappenerkrankung führt schließlich zu dauernden Veränderungen an den Klappen. Die Klappen sind dabei verdickt und geschrumpft und nicht mehr schlußfähig, so kommt es zum Bild eines Klappenfehlers als Dauerzustand. Die Träger solcher Herzen sind nicht voll leistungsfähig. Bei körperlicher Ueberanstrengung stellen sich die Zeichen der Dekompensation ein. Auch hier ist die Atemnot, das Herzasthma, zu nennen. Die ersten Zeichen der Dekompensation dürfen nicht übersehen werden, nur so kann man noch helfen. Man muß vermeiden, daß ein Herzsiechtum mit schweren Allgemeinerscheinungen als trauriger Dauerzustand sich errt wickelt. Das Herzsiechtum führt zu dauernden Herzbeschwerden und auch zu Störungen des Allgemeinbefindens mit Abmagerung.

Nun einiges über den Herzschmerz und die Angina pectoris. Stechende Schmerzen in der Herzgegend können bei körperlichen Uebcr-anstrengungen plötzlich einsetzen, besondert bei sportlichen Uebertreibungen und bei ungenügendem Training. Sofortiges Niederlegen und Ruhe werden den Schmerz bald beheben. Schmerzen in der Herzgegend empfindet man mitunter bei Blähungen im Magen und Darm, das Zwerchfell ist hochgerückt und drückt auf das Herz. Herzschmerzen treten auch auf bei Krämpfen in den Kranzgefäßen des Herzens. Das Nikotin ist ein Krampfgift. Wenn jemand mehr raucht als er verträgt, treten diese Schmerzen in der Herzgegend auf. Ein wichtiges Signal für die Raucher!

Wenn man dann das Rauchen nicht einstellt oder auf ein Minimum herabdrückt, kann es zu schweren Störungen in der Herztätigkeit kommen, ja selbst zu plötzlichem Herztod. Auch bei Krankheiten der Aorta kommen Herzanfälle vor. Alle diese Herzanfälle werden unter dem Namen Angina pectoris zusammengefaßt. Auch Kältereize können zu Angina-pectoris-Anfällen führen, ebenso auch Nervosität (die sogenannte Bahnhofsangina!). Aufregungen im Beruf und in der Familie sind ebenfalls auslösende Momente für Gefäßkrämpfe und Herzschmerzen. Bei hohem Blutdruck ist das Herz vergrößert, der Herzmuskel verdickt. Auch bei Emphysem (Lungendampf), wenn die Lunge erweitert ist, ist der Widerstand im Lungenkreislauf erhöht und das Herz vergrößert.

Herzklopfen und raschen Puls beobachtet man oft bei Ueberfunktion der Schilddrüse, die in unseren Gegenden, besonders bei jungen Patientinnen, recht häufig ist. Die Schilddrüse ist dabei vergrößert, die Patientinnen sind mager, auch wenn sie gut zu essen haben. Das sind keine Fälle von echtem Basedow. Es handelt sich nur um Fälle von Hyperthyreose. Wenn man bei vergrößerter Schilddrüse Jod anwendet (intern oder als Pinselung), so führt dies oft zu einer Verschlimmerung der Hyperthyreose. Die Schilddrüse wird dabei zwar kleiner, aber die lästigen Zeichen der Ueberfunktion treten immer mehr in den Vordergrund. Also Vorsicht mit Jod bei vergrößerter Schilddrüse. Strenge ärztliche Kontrolle ist hier nötig.

Das sogenannte Fettherz ist das Herz bei Fettleibigkeit. Hier ist das Herz mit Fett umwachsen und durchwachsen und ist nicht voll leistungsfähig. Bei Entfettungskuren ist es sehr wichtig, das Hetz mit entsprechenden Medikamenten zu stützen. Auch bei anderen Erkrankungen, wie Lungenentzündung, Typhus oder Grippe ist das Herz oft mitbeteiligt. Dem Herzen muß demnach in solchen Fällen größte Beachtung geschenkt werden.

Und nun einige Worte über den Blutdruck: Ein enorm hoher Blutdruck, Hypertonie, findet sich vorübergehend bei Aufregungen oder aber auch dauernd, es kommt zu Beschwerden allgemeiner Natur: Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Herzklopfen und so weiter. Die Hypertonie setzt in vorgerücktem Alter ein, allerdings bei einem früher, beim anderen später. Nervosität und hastiges Leben fördern den hohen Blutdruck. Auch Ueberernährung, also Fettsucht, erhöht den Blutdruck. Es gibt auch Menschen, die das ganze Leben einen abnorm niedrigen Blutdruck haben, das sind Hypotoniker. Solche Leute klagen oft über Müdigkeit und Schwäche. Wir haben aber Mittel, vor allem das Strychnin, um den Allgemeinzustand zu bessern.

Ich habe in diesen meinen Ausführungen das wichtigste über Herz und Kreislauf mitgeteilt und einige Vorschläge gegeben, die hoffentlich von Nutzen sein werder.

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