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Ein Quäntchen zu viel von allem

Doris Dörrie will unterhalten. Deshalb hat sie im Vorfeld der Berlinale auch die Stimme gegen dieses langweilige Kunstkino erhoben, bei dem Filmemacher nicht ans Publikum denken. Dörrie hingegen denkt an ihr Publikum, auch als sie ihren neuen Film "Glück“ inszenierte. Eine Kurzgeschichte des Strafverteidigers Ferdinand von Schirach hat sie dazu inspiriert, vom Lebensglück zu erzählen, das sich hier in der zunächst zart-zaghaften Beziehung zwischen einer illegalen Einwanderin und einem jungen Obdachlosen entspinnt. Irina (Alba Rohrwacher) kommt vom Balkan, und wurde dort im Krieg missbraucht. Ein schweres Trauma also, das sie in die deutsche Großstadt mitbringt, wo sie als Prostituierte arbeitet. Als sie sich in den Penner Kalle (Vinzenz Kiefer) verliebt und beide versuchen, sich eine Existenz aufzubauen, bricht diese auch schon wieder zusammen, als einer von Irinas Kunden beim Sex stirbt. Es gibt schöne Momente in diesem Film, der von Leichtigkeit durchsetzt ist. Es gibt aber auch ein Quäntchen zu viel von allem, von Symbolik, von Tränen, vom Überschwang der Gefühle. Dennoch schrammt "Glück“ am Kitsch doch um einiges vorbei, was allein an seinen Darstellern liegt. Vor allem Alba Rohrwacher ist es, die Dörrie hier wirklich Glück verheißt. (Matthias Greuling)

Glück

D 2012. Regie: Doris Dörrie.

Mit Alba Rohrwacher, Vinzenz Kiefer.

Constantin. 112 Min.

Regressive Phase

Mavis ist 37 Jahre alt, emotional aber in den vermeintlich besten Zeiten stecken geblieben. Dorthin sehnt sich die einstige High-School-Schönheit zurück: in die Zeit, in der alles gut und einfach für sie lief. Also begibt sich die mäßig erfolgreiche Jugendbuchautorin mit ausgeprägtem Hang zur Flasche auf einen Trip in die Kleinstadt ihrer Jugend: auf Glückssuche. Das heißt: Jugendliebe Buddy zurückerobern, auch wenn dieser frisch gebackener Familienvater ist … Jason Reitman und Diablo Cody ("Juno“) erzählen gewitzt, aber auch etwas routiniert von Lebenslügen und Sehnsuchtsorten und rücken mit der Angreiferin des Familienglücks die klassische Nebenfigur ins Zentrum. Charlize Theron, die erneut auf ihre Eitelkeiten vergisst, trägt als haarsträubende Anti-Heldin die Tragikomödie. (Nicole Albiez)

Young Adult

USA 2011. Regie: Jason Reitman.

Mit Charlize Theron, Patrick Wilson,

Patton Oswalt. Universal. 94 Min.

Kriegsgräuel als Staffage für eine Liebesgeschichte

Wenn Schauspielstars sich an die Regie wagen, wartet man mit besonderer Spannung auf das Ergebnis. Angelina Jolie, die sich als UN-Sonderbotschafterin weltweit für Flüchtlinge einsetzt, wirft den Zuschauer unmittelbar hinein in die Gräuel des 1992 ausbrechenden Bosnienkriegs. Keine Minute währt das Glück der bosnisch-muslimischen Künstlerin Ajla (Zana Marjanovic) und des serbischen Polizisten Danijel (Goran Kostic). Noch tanzen sie verliebt in einer Disco, schon lässt eine Bombe alle Träume zerbersten. Sechs Monate später ist Danijel Leiter eines Lagers, in das Aijla mit anderen Frauen verschleppt wird, während die bosnischen Männer erschossen werden. Jolies Mut, in den Landessprachen und ohne Stars zu drehen, ist zu bewundern und ihr Engagement ist nicht zu übersehen. Aufwühlend schildert sie in der ersten Hälfte in hartem Realismus die Kriegsgräuel mit Massenerschießungen und Vergewaltigungen. Ganz der Oberfläche bleibt die Amerikanerin dabei aber verhaftet, vermittelt keine tieferen Einblicke, verdichtet weder eine Szene noch ein Motiv. Bedenklich ist zudem, wie die unvorstellbaren realen Grausamkeiten, die nur 20 Jahre zurückliegen, mit Fortdauer des Films zunehmend in den Hintergrund treten und als Staffage herhalten müssen für eine fiktive Liebesgeschichte, bei der Positionen und Gefühle der Liebenden nur schwer nachvollziehbar sind. (Walter Gasperi)

In the Land of Blood and Honey

USA 2011. Regie: Angelina Jolie.

Mit Zana Marjanovic, Goran Kostic,

Rade Sˇerbedˇzija. EMW. 127 Min.

Wasser Marsch

Woher kommt eine Flut, die ganze Täler füllt? - "Kleiner starker Panda“ mag zwar einen wissensdurstigen Helden haben; um sich aber den Markt China nicht zu verderben, schlägt er um eine Antwort darauf wirrste Haken. Viel lieber verbindet er biblische und fernöstliche Themen zu einer Auserwähltengeschichte vom Schlage "In einem Land vor unserer Zeit“. Es reicht dabei nur zu wenig raffinierten 3D-Animationen vor Pinselstrich-Hintergrund. (Thomas Taborsky)

Kleiner starker Panda

D/E/B 2012. Regie: Greg Manwaring, Michael Schoemann.

Einhorn. 89 Min.

Haushälters Sorgen

Hackordnung ist Hackordnung: Während sich Ryan Reynolds, eines der glatten Gesichter, auf das sich aktuelle romantische Komödien und Actionfilme einigen können, müht, mit "Safe House“ ein weiteres Eckchen Qualität in seine Rollen zu bringen, lässt es ihm gegenüber Denzel Washington so unsäglich einfach aussehen, auf einem Sessel zu sitzen und einen ihm auf den Leib geschriebenen Einzeiler herauszuschütteln. Die Misstrauenszone Geheimdienst liefert diesem Thriller den Treibstoff: Jungagent Weston, "Haushälter“ eines Unterschlupfs in Kapstadt, bekommt Besuch von einer CIA-Einheit und der abtrünnigen Spionagelegende Tobin Frost, die sich gehetzt von Killern stellen musste. Minuten später wird die Mini-Festung gestürmt, sind die Kollegen tot, ist Weston mit einem Mann auf der Flucht, der weiß, was gespielt wird, und zum Überleben keinen Aufpasser gebrauchen kann.

Mit seinem Schlag-auf-Schlag-Charakter erzeugt der Film einen staunenswerten Tempodruck. Er steigert diesen weiter, indem er mit der Handkamera gern ans Geschehen heranrückt. Munter fegt "Safe House“ über Schauplätze und Personen, teils sogar über seine eigenen Schwächen - auch ein Weg, und hier ein sehr effektiver. (Thomas Taborsky)

Safe House

USA/RSA 2012. Regie: Daniel Espinosa. Mit Ryan Reynolds, Denzel Washington.

Universal. 115 Min.

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