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Ein Großer starb

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In Rom erlosch das Leben des Kardinals Bea, ein Großer hat die Welt verlassen.

Begonnen hatte dieses Leben am 28. Mai 1881 in Riedhöhringen bei Donaueschingen. Gymnasial ahre folgten, die Universitätsjahre in Freiburg, Innsbruck und Berlin, die Seminarjahre im holländischen Jesuitenkolleg Valkenburg. Dort wurde Bea, der 1902 in die — damals in Deutschland noch verbotene — Gesellschaft Jesu eingetreten war, 1912 zum Priester geweiht. Neun Jahre später war er bereits Provinzial der wiedererrichteten süddeutschen Jesuitenprovinz, die er äußerlich und innerlich aufbaute. Nach weiteren drei Jahrein berief ihn der damalige Jesuitengeneral Ledo- chowski naoh Rom, an die Leitung eines ordenseigenen Studienkollegs.

Pius XII. schätzte den schlichten und frommen Jesuiten, den sorgfältigen und geistesscharfen Wissenschaftler. So kam es auch, daß er ihn 1945 zu seinem Beichtvater bestellte. Und daß er daran dachte, Pater Bea zum Generalsekretär der vorbereitenden Kommission des Konzils zu ernennen, das einzuberufen er in den Jahren 1948 bis 1951 die Absicht hatte.

In eben diesen Jahren ist Bea zum Konsultor des Hl. Offiziums sowie der Seminar- und Ritenkongregation ernannt worden. Auf eigene Bitte wurde er vom Amt des Bibli- cumsrektors entbunden, blieb alber weiterhin Professor an diesem Institut. Für römische Begriffe war er praktisch in Pension gegangen. Sein Lebenswerk schien sich dem Ende zuzuneigen. Sozusagen ails Krönung seines Wirkens als Bibelwissenschaftler erhielt er von Papst Johannes XXIII. im Dezember 1959 den Kardinalshut.

Im Jänner 1960 schlug der neukreierte Kardinal dem Papst mit detaillierten Unterlagen vor, im Rahmen der Vorbereitungen des II. Vatikanums auch ein Organ für die Beziehungen mit den nichtkatholi- schen Christen zu schaffen. Die zu- sfirftmendä Antwort Johannes XXIII. kam innerhalb von 48 Stunden. So entstand das’’ Sekretariat zär’iFSt- derung der Einheit der Christen — und Augustin Bea wurde sein Erster Präsident. Mit charismatischem Eifer, mit einer für sein hohes Alter bewundernswerten Dynamik, mit großem Mut und unerschütterlichem Vertrauen stieß er jene Entwicklung zur christlichen Einheit an und trieb sie voran, die bald alle Welt in Erstaunen versetzen sollte.

Als Realist wußte er, daß eine Grundvoraussetzung einer Wiederannäherung der getrennten christlichen Kirchen die Erneuerung der eigenen Kirche ist. Für diese Erneuerung hat er im Konzil gekämpft. Aus den Entwürfen seines Sekretariates wurden drei der wegweisenden Dokumente: über den Ökumenismus, die Religionsfreiheit und die Haltung der katholischen Kirche gegenüber den Nichtchristen.

Mit dem Konzil begann auch im großen Stil der Dialog zwischen den getrennten Christen, der nach Beas Worten „in erster Linie dazu mithelfen kann, daß gewisse Faktoren, die nicht selten mit der reinen Lehre zu Unrecht vermengt sind, beseitigt werden.” Nach dem ersten großen und aufsehenerregenden Ereignis in diesem beginnenden Klima — den Begegnungen Pauls VI. mit Athena- gonas in Jerusalem — war es Kardinal Bea Vorbehalten, weitere Schritte zur gegenseitigen Annäherung zu tun.

„Die gegenseitigen Beziehungen unter den verschiedenen Konfessionen” — resümierte Kardinal Bea im September 196 — „sand in der letzten Zeit unvergleichlich besser geworden, in einem Maß, wie wir noch vor wenigen Jahren es nicht zu hoffen gewagt hätten.” Kardinal Bea war ein Kämpfer, wenn es zu kämpfen galt, und er war ein Vermittler, wenn es auszugleichen galt. Der bei all seinem Beten, Reden und Tun letztlich von dem Wunsch beseelt war, die Kirche in der Welt wirksam zu machen — durch ihre innere Erneuerung und durch ihr Streiben nach Einheit aller Christen.

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