Robert Schindel - © Foto: © Rafaela Pröll/Suhrkamp Verlag.

Robert Schindel: Das Knistern des Daseins

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Vor 80 Jahren, am 4. April 1944, wurde Robert Schindel in Bad Hall geboren. Nur knapp entkam er als Kind jüdischer Kommunisten der Deportation durch die Nationalsozialisten. Die Vergangenheit ist auch in seinem jüngsten Lyrikband „Flussgang“ präsent.

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Vor 80 Jahren, am 4. April 1944, wurde Robert Schindel in Bad Hall geboren. Nur knapp entkam er als Kind jüdischer Kommunisten der Deportation durch die Nationalsozialisten. Die Vergangenheit ist auch in seinem jüngsten Lyrikband „Flussgang“ präsent.

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Mit seinem 1992 erschienenen Roman „Gebürtig“ ist der 1944 in Oberösterreich geborene und in Wien lebende Autor Robert Schindel bekannt geworden. Als Kind jüdischer Kommunisten war er dem Schrecken der Nazizeit unter Lebensgefahr ausgesetzt. Nur knapp ist er als Kind einer Deportation entkommen. Seine Mutter hat das KZ überlebt, sein Vater nicht. Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit lässt ihn, der sich von seiner Jugend an als politischer Mensch begreift, sein ganzes Leben auch in der Literatur nicht mehr los.

Herzstück seines Schaffens

Obgleich Schindel einiges an Prosa und neben Essays und Reden sogar ein Theaterstück publiziert hat, kann man die Lyrik als Herzstück seines Schaffens betrachten. Die letzte Veröffentlichung, der Lyrikband „Scharlachnatter“, liegt bereits Jahre zurück. Nach dieser langen Pause hat Schindel bei Suhrkamp nun erneut Gedichte herausgebracht, „55 hochpersönliche“, wie es in der Verlagsankündigung heißt, mit dem Titel „Flussgang“. In sieben Kapiteln durchstreift Schindel scheinbar alltägliche Themen wie Natur, Zeit, Liebe, Alter, Vergangenheit oder Sprache – und das noch immer mit Tiefe und Originalität.

Bereits die erste Kapitelüberschrift birgt ein Paradox in sich: „In alter Haut fühl ich mich splitterneu“. Das Alter und eine Ahnung vom Tod haben sich zwar in diesen Gedichten etwas breit gemacht und blitzen gerne auf, aber so richtig nachhaltig vermag das Jenseits nicht in Schindels Lyrik sinken, auch wenn „Teile des eigenen Gedächtnisses als Eisscholle“ davonschwimmen und das Schreiben stockt, weil Worte fehlen. In einem schönen Bild des Kreisels verdichtet sich die vergehende Zeit, Widrigkeiten des Lebens, Winde und Regengüsse, setzen dem Kreisel zu, bis er „brüchig“ wird: „Als Tränenrost häufelt es mich in den Daseinsecken“. Die Zeit beginnt hinauszufließen und die Rückschau auf das Gewesene hinterlässt ein gutes Gefühl.

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