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Die Österreicher haben ihre Geschichte schon immer ganz gerne geschönt. Was in den vergangenen Tagen von manchen Lobhudlern - besonders von Radio Wien - rund um die Ausstellung "Bruno Kreisky. Seine Zeit und mehr" im Historischen Museum in Wien aufgeführt wurde, war wieder besonders keck. "Bruno Kreisky hat uns die Luft zum Atmen wiedergegeben", hauchte etwa Bundeskanzler Viktor Klima. Und selbst die von mir sonst durchaus geschätzte Ex-Politikerin und Publizistin Freda Meissner-Blau verlor sich in Jungmädchen-Schwärmerei.

Geflissentlich wurde bei der posthumen Geschichtsklitterung verschwiegen, daß Kreisky volle Kassen übernommen und horrende Staatsschulden hinterlassen hatte. Es wurde unter den Teppich gekehrt, daß in der Ära Kreisky die Arbeitslosenzahlen explodierten. Und daß die Republik an seiner reaktionären Verstaatlichten-Politik bis heute leidet.

Die Regierungszeit Kreiskys war die Hoch-Zeit der Skandale und Durchstechereien. Für eine der spektakulärsten Affären der Zweiten Republik, die Steuerhinterziehung durch seinen Finanzminister Hannes Androsch, trug Kreisky jedenfalls die culpa in eligendo.

Offenheit, so hieß es bei der Eröffnung der Ausstellung, die noch bis 15. November läuft, sei unter Kreisky ein bestimmender Wert der Gesellschaft geworden. Das Gegenteil ist wahr: Kreisky hatte gesellschaftsfähig gemacht, zu einer Sache heute dies und morgen ganz was anderes zu sagen. "Du sprichst schon wie Kreisky", wurde bewundernd gesagt, wenn einer besonders dreist mit Fakten hantierte.

Ein Beispiel für eine weitere Facette Kreiskys habe ich Gerhard Vogl für sein Anekdoten-Buch "Die ganze Republik ist Bühne" zur Verfügung gestellt: Nachdem Fred Sinowatz die erste Pressekonferenz als Regierungschef gegeben hatte, rief mich Kreisky aus Mallorca an, um sich nach dem ersten Auftritt seines Nachfolgers zu erkundigen. Nebenbei erzählte ich, daß sich Sinowatz einen Zigarillo angeraucht hatte. Die Antwort des "Alten": "No ja, a Zigarre wär' a z'groß für ihn."

Auch das war Kreisky: Er konnte brutal und verletzend sein.

Lernen wir Geschichte und biegen wir sie nicht.

Der Autor ist Chefredakteur der Zeitschrift "Der Österreichische Journalist".

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