Aufmacher - © Fotos: Jana Reininger/istock/LightFieldStudios/Beate Steil

Was das Leben wieder gut macht

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Das Land braucht mehr Psychotherapeut(inn)en. Das neue Psychotherapie-Gesetz verspricht günstigere Ausbildungen und einen Ausbau der kassenfinanzierten Therapieplätze. Vier Menschen erzählen, was solche Änderungen für den Alltag Einzelner bedeuten.

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Das Land braucht mehr Psychotherapeut(inn)en. Das neue Psychotherapie-Gesetz verspricht günstigere Ausbildungen und einen Ausbau der kassenfinanzierten Therapieplätze. Vier Menschen erzählen, was solche Änderungen für den Alltag Einzelner bedeuten.

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Mit den Händen durch die Krise

Rita ist 29 Jahre alt, als sie in der U-Bahnstation steht und die Geräusche rund um sie herum dumpf werden. Angst macht sich breit. Sie blickt auf die Gleise und denkt daran, wie schnell ihr Leben vorbei sein könnte. Der Gedanke erschreckt sie. „Suizidale Tendenzen“ wird ihre Psychotherapeutin dieses Erlebnis einige Wochen später nennen*.

Zu jenem Zeitpunkt arbeitet Rita als Sozialarbeiterin. Jeden Tag spricht sie mit Menschen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind, die Depressionen oder andere psychische Erkrankungen haben. Die Arbeit ist herausfordernd, die Erschöpfung chronisch und die Wienerin erkrankt bald selbst an einem Burnout und Depressionen.

Zwei Mal pro Woche spricht Rita daraufhin mit ihrer psychoanalytischen Therapeutin. Bei einigen Themen braucht sie eine Weile, bis sie es schafft, sich zu öffnen. Doch sie empfindet den Raum zunehmend als sicherheitsgebend und die regelmäßigen Termine als hilfreiche Momente, innezuhalten und zu sich selbst zu finden.

Aber die Therapie alleine kann nicht alles richten. Rita nimmt Medikamente, die ihr zur Genesung verhelfen. Sie beginnt, auf Anraten der Therapeutin Routinen aufzubauen und Dinge zu unternehmen, die Freude machen und die Raum bieten, ihren Gedanken freien Lauf zu lassen. In einem Töpferkurs fasst sie den Entschluss, von nun an mit ihren Händen zu arbeiten.

Bis heute formt Rita Tassen, Schüsseln und Teller. Teardrop Ceramics heißt ihre Keramikmarke – in Erinnerung an die Krise, die sie hierher gebracht hat. Denkt Rita an die Zeit ihrer akuten Erschöpfung zurück, würde sie sich rascher krankschreiben lassen und sich ihrer Gesundung widmen. Sie würde sich wünschen, dass Allgemeinärzte schneller zu Psychotherapie raten und der Weg hin zur Psychotherapie transparenter und leistbarer gestaltet würde: „Wie komme ich an einen Kassenplatz, ohne während einer psychischen Krise 40 Therapeutinnen durchtelefonieren zu müssen?“

(Jana Reininger)

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