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Weltgeschichte — ein Weltgericht

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UL") Der erste Bote — Der Bruch des Staatsversprechens — Ein Attentatsplan drei Jahre vor Sarajewc

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UL") Der erste Bote — Der Bruch des Staatsversprechens — Ein Attentatsplan drei Jahre vor Sarajewc

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World Copyright 1954 by „Die Oesterreichische Furche"

Erst ein Jahr war nach der feierlichen Verpflichtung der Belgrader Regierung vergangen, als das führende Blatt der die Regierung führenden Radikalen Partei Serbiens, die „Politika“, den 18. August, den Geburtstag Kaiser Franz Josephs, mit der Veröffentlichung eines Gedichtes beging, das den Agramer Studenten ¿erajic feierte, der am 15. Juni 1910 einen Anschlag auf den Landeschef von Bosnien-Herzegowina, Varesanin, verübt hatte; nach dem Mißlingen des Attentats hatte sich der junge Mensch entleibt. Nun pries ihn das Belgrader Blatt als einen Mann, „dessen Name im Volk wie etwas Heiliges genannt wird“ und verherrlichte ihn mit folgenden Versen:

„Bosnien lebt, noch ist es nicht tot!

Umsonst habt ihr seinen Leib begraben.

Noch sprüht es Feuer, das gefesselte Opfer, noch ist’s nicht Zeit, das Grablied zu singen.

Mit satanischer Hand scharrtet ihr die Grube auf, aber der Tote will nicht in die Gruft.

Kaiser, hörtest du? Im Blitzen des Revolvers sausen die bleiernen Kugeln gegen deinen Thron. Seine Hand sank, aber aus dem Blute werden tausend tapfere Hände sich erheben. Dieser Schuß war nur der erste Bote.“

Verfasser des Gedichtes war der Stipendist der Propagandasektion des Belgrader Außenamtes, Gasinovic, der in Lausanne auf Staatskosten studierte.

Die feierliche Deklaration der guten Vorsätze Serbiens vom 31. März 1909 reichte erkennbar über den papierenen Rand ihres Konzeptes nicht hinaus. Man konnte sich kaum mehr der Erkenntnis verschließen, daß die militante großserbische Propaganda die öffentliche Meinung erobert und namentlich die junge Generation in ihren Bann zu ziehen vermocht hatte. Die primitive Losung: „Oesterreich ist der Feind und muß mit allen Mitteln angegriffen werden“, peitschte die Gemüter auf. Hatte nicht schon vor 40 Jahren der Rousseau Serbiens, der gefeierte Staatsphilosoph und Verkünder des serbischen

Zukunftstaates, Ilja Garasanin, gelehrt:

„Vor allem muß uns klar sein, daß Oesterreich der Feind des serbischen Zukunftsstaates sein muß“? Und hatte nicht mit glühendem Eifer der Student der Pariser Rechtsfakultät, der 1899 von der École Diplomatique mit seiner in Paris erschienenen Broschüre „La Bosnie et l’Herzegovine“

preisgekrönt worden war, auseinandergesetzt, das ganze Schicksal des serbischen Volkes Sei von dem Bosniens und Herzegowinas umschlossen, diesen unverfälscht serbischen Ländern, die das Herz des künftigen Großserbiens zu bilden haben? Dieser prämiierte, gekrönte jugendliche Prophet des neuen Reiches, Miroslav Spalajkovié, war er jetzt, neun Jahre später, nicht der mächtige Sektionschef im Belgrader Außenministerium, der bald als Gesandter nach Petersburg auf den jetzt wichtigsten Gesandtenposten Serbiens berufen werden sollte?

Für eine Jüngerschaft der großserbischen Ideologie sorgten schon an den Mittelschulen die Geheimverbindungen der „Omladina“ (in Bosnien „Mlada Bosna“). Die heranwachsende durchschnittlich sehr begabte junge Intelligenz, auf den Universitäten von Agram und Belgrad von der Philosophie Masaryks und seiner Schule erfaßt, lebte in einer Vorstellungswelt, in der sich revolutionärer Realismus mit einem idealisierten Nationalismus seltsam vermischte. Das Verhältnis des Menschen zum Staat und zu der natürlichen Rechtsordnung der Gemeinschaft, das sich in dem verworrenen Weltbild dieser jungen Generation formte, findet seihe Erklärung in dem jahrhundertelangen schweren Erlebnis des serbischen Volkes unter der türkischen Herrschaft, gegen welche die orthodoxe Kirche mannigfach geheim und offen am Kampfe teilnahm. Das Freischärlerwesen mit einer tüchtigen Beigabe von Räuberbandenunwesen und die unablässige Auflehnung im Kleinkrieg gegen die türkische Staatsmacht wurden sosehr zur Einrichtung, zu scheinbar unentbehrlichen Bestandteilen der Existenz auf dem Boden einer nichtserbischen

Vgl. „Die Furche", Nr. 25 und 26.

und nichtorthodoxen Staatsführung, daß diese Mentalität auch sofort aggressiv Oesterreich-Ungarn begegnete, als der Berliner Vertrag der Monarchie als Mandatsmacht Bosnien-Herzegowina zugewiesen hatte und Oesterreich-Ungarn an die Aufrichtung dieser verwahrlosten, von Banden gebrandschatzten Provinzen mit viel gutem Willen und beachtenswerter Initiative heranging. Es bedurfte einer opferreichen 13jährigen Arbeit, um die Ordnung und Sicherheit gegen das sich als nationales Befreiertum tarnende Bandenunwesen herzustellen. Der Amtsbericht des bosnisch-herzegowinischen Gendarmeriekommandos vom Jahre 1900 führt Beweise an, daß auch die serbische Bevölkerung des österreichisch-ungarischen Okkupationsgebietes unter dem Bandenterror litt; so fanden die „ätrafuni“, die Streifjäger der Gendarmerie, einen Popen angenagelt an seine Haustüre. Die Umerziehung der großserbischen Denkungsart aus der Vergötzung der Nation blieb jedoch in Bosnien-Herzegowina ein isolierter Versuch. Die Kämpfer in der Tscheta, die „Junaci“, blieben die gefeierten „Helden“, die man beim Klange der Guzla, der bosnischen Geige, besang, auch wenn etliche als Räuber und Mörder mit Gesetz und sittlicher Ordnung im Krieg lagen.

Man muß dieser Denkweise gewahr sein, um sich den Stolz und die bis zur bewußten Selbstaufopferung gesteigerte Hingabe zu erklären und zugleich ihre Verlorenheit, die nicht selten unter Aktivisten der großserbischen Bewegung zum Vorschein kam.

Die jungen Menschen taten sich zunächst unter harmlosen Titeln in Sport-, Alkoholgegner- und Gesangvereinen zusammen. Mit der Gründung der „Narodna Odbrana“ („Nationale Verteidigung“), die in kurzer Frist Serbien mit einem Netz von über 200 „Ausschüssen überspann, erhielt ihre Organisation zielbewußte Gestalt. Sit baute methodisch, auch außerhalb der serbischen Staatsgrenzen, überall, wo Serben wohnten, ihre Stellungen auf. Der Belgrader Werbebetrieb nützte die allzu große Gelassenheit des Nachbarn,

Für 20. April 1912 wurde ein korporativer Besuch von Studenten der Agramer Universität in Belgrad unter großem Lärm der serbischen Presse organisiert. 176 Hochschüler nahmen daran teil. Schon am 6. April hatte der k. u. k. Gesandte, Ugron, den Ministerpräsidenten Milovanovic aufgefordert, für diese zweifellos kritische Gelegenheit Vorkehrungen zu treffen, um „unliebsamen Zwischenfällen“ vorzubeugen. Angeblich kam die Mahnung — vierzehn Tage vor dem Besuch — wie der Herr Ministerpräsident bedauernd sagte — zu spät. Die Studenten wurden in Belgrad von einer Militärmusikkapelle und einer mehrtausendköpfigen Menschenmenge stürmisch begrüßt. Zurufe „Nieder mit Oesterreich!“ — „Abzug mit Ungarn!“ — wurden jedesmal mit einem Tusch der Musikkapelle beantwortet. Ueber den Verlauf der Dinge berichtet (Staatsarchiv, Akt 3621) der Leiter der Staatspolizei in Semlin, Dr. Vukovic, an den königlich ungarischen Kommissär für Kroatien: Auf dem Weg vom Bahnhof in die Stadt wurde der Zug der Studenten wie ganz zufällig von Offizieren vor dem königlichen Konak aufgehalten, und solange wurde „Zivio!“ gerufen, bis König Peter auf dem Balkon erschien, begleitet von dem Kronprinzen Alexander und dem Prinzen Paul; zehn Minuten lang dauerten die Kundgebungen der Menge, aus der die Rufe tönten: „Es lebe der jugoslawische König!“ Der König begrüßte die Studenten als „kroatische Brüder“. Abends wurden die Gäste mit einem vom Offizierskorps veranstalteten Ball geehrt. Bei einem Bankett im Café Moskva wurden einige der Studenten, auf die die Veranstalter ein Auge geworfen hatten, von den Häuptern der „Schwarzen Hand“, Dragotin Dimitri- jovic, Bogdan, Radenkovic und Voja Tankosic, in die Mitte genommen, unter ihnen auch der AgrameF Student Luka Jukic. Bei einem Turnfest, das den Gästen zu Ehren der Sokol-Verein gab, erschien Kronprinz Alexander, obwohl wiederholt der k. u. k. Gesandte Ugron den Ministerpräsidenten sehr nachdrücklich auf das Unziemliche des Ver-

f haltens von Mitgliedern des Hofes aufmerksam gemacht hatte.

Durch sechs Tage waren die Agramer Studenten gefeierte Gäste in Serbien. Am 23. April wurden sie in einem Triumphzug nach Kragujevac geführt. In diesem Hauptwaffenplatz der Armee, . begrüßte sie der orthodoxe Proto-Presbyter Bozic und eine große Schar von Offizieren. Mit Bezug auf Belgrader Zeitungsberichte verzeichnet Gesandter Ugron in seiner Meldung nach Wien, daß Kanonendonner das Herannahen des Zuges mit den Studenten signalisiert hatte. Auch hier die Studenten wieder im besonderen Gäste der Offiziere. Da gab denn doch auch der Ministerpräsident Milovanovic gegenüber dem Gesandten seinem großen Mißbehagen über das politische Hervortreten des Militärs Ausdruck und versicherte, er habe deshalb „mit dem Kriegsminister eine sehr ernste Aussprache“ gehabt. (Bericht vom 26. April 1912, Akt Nr. 3489, „Diplomatische Aktenstücke des k. u. k. Min. d. Ae.)

Diese Tage des Jubels, der nationalen Ekstase, der geheimen Unterredungen und kühnlichen Verheißungen verliefen nicht ohne sehr ernstliche Folgen. Den Studenten Luka Jukic hatten sie um das Gleichgewicht gebracht. Er warf sich ganz in die Arme des neugewonnenen Freundes Voja Tankosic, dieses alten mazedonischen Bandenführers und jetzigen Vertrauten des Apis Dimitrejevic, trunken von der Vorstellung, nun ein nationaler Held zu werden. Zwar bekam er es, wie es scheint, zeitweilig mit der Angst zu tun, als er von Tankosic im Gebrauch von allerlei Mordwerkzeugen unterwiesen wurde. Aber er hatte sich der „Schwarzen Hand“ verschworen, sie ließ ihn nicht mehr los. Ein Wächter ward ihm beigegeben, in dessen Hand sein eigenes Leben gegeben war, wenn er sich etwa von der Furcht übermannen ließ und den übernommenen Auftrag nicht ausführte. Am 8. Juni 1912 verübte er auf den in das Banalpalais zurückkehrenden königlichen Kommissär Cuvaj ein Revolverattentat. Seine Kugeln verfehlten dieses Ziel. Darauf erschoß er sich selbst.

Für Juli 1912 war wieder ein gemeinsamer Besuch bosnisch-herzegowinischer studierender Jugend in Belgrad angesagt, und abermals begann dasselbe Spiel wie bei dem Agramer Studentenbesuch. „P i j e m o n t“ schrieb am 11. Juli zur Begrüßung der bosnischen Jugend: „In unserer Mitte im freien Serbien weilt unsere Jugend aus den Sklavenländern Bosnien-Herzegowina. Indem wir sie als unsere Hoffnung für bessere Tage begrüßen, müssen wir ihr sagen, daß sie im Kampf um die Freiheit ihres unterjochten Volkes viel energischer und kühner sein müsse. Sie dürfe sich durch den Opportunismus der Politiker und Parteiführer nicht verleiten lassen. Sie muß unterrichtet sein, daß die Geschichte keinen Fall aufweisen kann, wo ein Volk durch den Parlamentarismus und durch Parteigänger zur freien Freiheit gelangt wäre. Sie muß wissen, daß selbst die ökonomischen und kulturellen Kämpfe für die Erlangung der Freiheit nicht genügen. Wenn alle diese Mittel erschöpft sind, dann bleibt nur noch ein radikales und sicheres Mittel — das Mittel der Revolution und des Krieges, das zum Schluß alle Völker zur Befreiung aus den Sklavenketten anwenden mußten.“ „Rückhaltlos“, hieß es weiter, „raten wir unserer Jugend den Weg der 2 e r a j i c und des Jukic, dieser Weg ist der würdigste der hochintelligenten moralischen Jugend unseres Volkes, das noch die Sklavenketten trägt und für seine Befreiung und Vereinigung der Vorbereitungen bedarf. Deshalb sollen 2 e r a j i c und Jukic als Ideal der heutigen Generation unserer Jugend dienen.“

Wie eine 1911 in Belgrad erschienene Broschüre bestätigte, enthaltend einen Bericht des Zentralausschusses der „Narodna Odbrana“ über deren Tätigkeit bis 1910, zählte zu den Aufgaben des Zentralausschusses schon in den Anfängen die Anwerbung und Aufnahme von Freiwilligen, ihre Ausbildung für Sprenganschläge und ähnliche Aktionen, ferner die Aufstellung von Insurgentenbanden, die, zu selbständiger Kriegführung bestimmt, entsprechend auszurüsten waren. Es galt, Studenten- und Schützenvereinigungen, wie der zitierte Bericht anführt, zu errichten, ihre Mitglieder von Offizieren ausbilden und im Gebrauch aller Waffen, auch im Gebrauch aller Arten von Sprengstoffen, schulen zu lassen, um imstande zu sein, „dem Feinde rücksichtslos möglichst viel Schaden zu machen, sie sollten die Vortrupps für unsere Regimenter bilden und Furcht und Schrecken im feindlichen Hinterlande sein.“

Für ihre Zwecke wurde eine Werkstätte Zur Herstellung von Explosivstoffen eingerichtet, in der sich ausgesuchte Banden- mitglieder im Bereiten von Bomben übten, „um dies dann auf den Schlachtfeldern auch allein besorgen zu können.“ (S. 7 bis 9 des Berichtes.)

„Herrlich war es“, wird in einem von dem Zentralausschuß der „Narodna Odbrana“ herausgegebenen Taschenhandbuch versichert, „den zwölf jungen Leuten, meist Universitäts- Studenten, zuzusehen, wie sie in einem kleinen Städtchen Serbiens im engsten Kellerraum Bomben und Bombenmaterial herstellen. Was war das für eine unsägliche Freude für sie, eine Bombe selbständig zu verfertigen!“

Daß man an hochamtlichen Stellen in Belgrad von dieser niedlichen Fabrikation unter der Obhut der „Narodna Odbrana“ wußte, läßt ein Brief des serbischen Gesandten Jovanovic aus Cetinje, gerichtet an den Belgrader Minister Milovanovic, ersehen, in dem von einer montenegrinischen Stelle Bomben angesprochen werden, die, wie dem Montenegriner Bombensucher gewiesen wird, „keineswegs im Amtswege, aber durch Vermittlung des Zentralausschusses der ,N. O.“ zu erreichen wären“. (Boghitschewitsch: „Auswärtige Politik Serbiens“, Band 1, Akt Nr. 54.) Das Taschenhandbuch prägte dem Leser ein: „Serbien bereitet sich mit aller Kraft vor zum Kriege, und dieser Vorbereitung gehört auch das Ersdieinen dieses Büchleins“, das unbeanstandet aus der Belgrader Druckerei Davidovic seinen Weg in die Interessentenkreise nehmen konnte. Vor allem legte die Aktion Wert darauf, außerhalb der serbischen Staatsgrenzen Werkzeuge für ihre revolutionären Pläne zu finden, um damit das Belgrader Zentrum gegen den Vorwurf der Urheberschaft abzuschirmen. Das am 15. J u n i 1 9 1 0 von dem Studenten Zerajic gegen den Landeschef von Bosnien-Herzegowina, Varesanin, verübte Attentat ging ebenso wie jenes gegen Banus Cuvaj und zwei Anschläge gegen den Banus Skerlecz auf solche Zusammenhänge zurück.

In diesem vergifteten Klima gedieh auch eine Planung, die sidi schon im Jahre 1911 gegen das Leben des Erzherzog- Thronfolgers Franz Ferdinand richtete. Man erfuhr von ihr drei Jahre nach dem Attentat in Sarajewo durch eine Notizbucheintragung, die 1917 in einem in Saloniki geführten Prozeß zum Vorschein kam.

In einem am 2 3. Jänner 1917 stattgefundenen Verhör legte man dem eines Attentates gegen den serbischen Thronfolger Alexander angeklagtcn Generalstäbsoberst Dimitrijevic, diesem Häuptling der „Schwarzen Hand“, ein Kalender- notizbuch von 1911 vor, das dem verstorbenen Milan Vasic gehört hatte, dem gewiesenen Sekretär der „Narodna Odbrana“, der auch Vorstandsmitglied des Bundes „Vereinigung oder Tod“ gewesen war. Das Notizbuch enthielt eine

Eintragung vom 14. August 1911 „Aout

14, lundi, S. Eusebe

Peter Ninkovic, Mediziner (darüber mit Bleistift):

gestorben jetzt in Wien (IV. Jahr’), aus Kragujevac.

Es geht ihm auch die Mutter nach Wien.

Kennt die Stadt. Hat unter den Arbeitern Freunde. Einer von ihnen Dusan 2ivanovic aus Belgrad (25 Jahr) — scheint ein Fahnenflüchtiger zu sein. Hervorragender Sozialist und angesehen unter den deutschen Arbeitern.

Hat Dusan für den Streik vorzubereiten und nimmt Sendlinge für das Attentat auf F. F. auf.“

Es wird hier durch die „Furche“ zum ersten Male (Seite 3) eine Photokopie des Originaldokumentes wiedergegeben. Der Text ist durch Chiffren („Mutter“, „Fahnenflüchtige“, „Streik“) verdunkelt. Der genannte Dusan Zivanovic ist ein Sohn der Schwester des Dimitrijevic, später von diesem 1917 als Erbe eingesetzt. Der Student Dusan wurde als Agent der „Schwarzen Hand“ verwendet. Das hier wiedergegebene Dokument wurde unter den Nachlaßakten des Dimitrijevic gefunden. Wahrscheinlich bezieht sich auf den von Milan Vasic notierten Attentats plan auch der Vermerk des folgenden serbischen Staatshistorikers Stanoje S t a n o j e- v i c in seiner Broschüre „Die Ermordung des Erzherzog Ferdinands“ (erschienen in Belgrad 1923):

„Im Jahre 1911 entsendete er (Dimitrijevic) jemanden zur Ermordung des österreichischen Kaisers oder Thronfolgers Im Frühjahr 1911 meldete sich bei dem (serbischen) Gendarmeriekommandanten C. Popovii ein Schwindsüchtiger, Ziva Jovanovic Lala, der die Tat vollbringen wollte. Einige Monate später sagte Tankosic zu Popovic, er hätte Besorgnisse wegen Jovanovic. Dieser sei aus Wien nicht zurück, vielleicht verhaftet worden." Jahrelanger Planung in Belgrad entsprang also das Verbrechen, das 1914 die Welt erschüttern sollte. Es wird zu erörtern sein, inwieweit dieses Treiben den Staatsbehörden verborgen bleiben, sich unter ihrer Duldung oder sogar ihrer Mitwissenschaft vollziehen konnte.

Ein vierter Aufsatz folgt.

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