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Alternative -Ordensleben?

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Vor etwa zwei Jahren gab es an den Kirchentüren ein Plakat: „Kloster auf Zeit", das manchen für eine völlig andere als gewohnte Lebensweise interessieren sollte. Und doch haben, wie manche Superioren und Klostervorsteher sagen, von dieser Aktion die Orden kaum an Popularität gewonnen. Auf ein monatliches Inserat in der Kirchenzeitung hätten sich allerdings einige Interessenten gemeldet.

Jugendliche auf der Suche nach einer alternativen Lebensform entdek-ken heute nur selten in den gegenwärtigen Orden die Verwirklichung ihrer Ideale, sagte der Jesuit Karl Rahner.

Die Karmeliter in Wien haben sich mit diesem Problem eingehend beschäftigt, da sie bereits seit 15 Jahren keinen Nachwuchs hatten. „Es war für junge Leute einfach nicht attraktiv genug, ihnen ein Zimmer zur Verfügung zu stellen, sie zu Chorgebet und Mahlzeit einzuladen und sonst sich selbst zu überlassen", meinte der junge Leiter (selbst erst etwa 30 Jahre alt).

Innerhalb ihres Ordens wurde eine Aktionsgruppe gegründet, die sich besonders der interessierten Jugendlichen annahm und versuchte, mit ihnen in Kontakt zu bleiben. „Sie sollten auch sehen, daß wir ein glückliches, frohes und ausgefülltes Leben führen", erklärte der Leiter.

Manche kommen aus der Jugendgruppe der Klosterkirche, andere lernen das Ordensleben anläßlich von Einkehrtagen oder Exerzitien kennen. Auf diese Weise erweckt das „Kloster auf Zeit" in dem einen oder anderen Interesse für diese alternative Lebensweise. „Man kann nicht eine ganze Gruppe ansprechen", sagte Pater Antonio von den Karmelitern: „Wir sind da, um Kontakte zu knüpfen und jeden einzeln anzusprechen, uns um ihn zu kümmern."

„Nacheiniger Zeitkommtvielleicht ein Anruf, oder einer schreibt einen Brief, er möchte gern an einem Wochenende ganz unverbindlich unsere Klostergemeinschaft kennenlernen, Klarheit über seinen Beruf finden. Auch für ein oder zwei Wochen kann er am Ordensleben teilnehmen. Das Leben im Kloster und die Aussprachen sollen schließlich zu einer Entscheidung führen. Er muß dann keineswegs in unseren Orden eintreten", meinte Pater Antonio. „Er kann sich für einen anderen Orden entscheiden, den Priesterstand wählen, ohne einzutreten, oder sich überhaupt für einen anderen Beruf entscheiden. Wir wollen ihm nur helfen, die richtige Entscheidung zu treffen."

Die Ausbildungsgemeinschaft besteht aus drei Patres. Neben dem Gebet widmen sich die Ordensleute dem Apostolat in jeder Form. Sie übernehmen Pfarr- und Jugendarbeit, stehen in der Krankenhausseelsorge, leiten Meditationsgruppe und gehen in die Mission. Wo immer der einzelne Ordensmann auch arbeitet, die Klostergemeinschaft ist der feste Boden, der ihn trägt, dort hat er seine Heimat und Geborgenheit.

In den zwei vergangenen Jahren der intensiven Betreuung und Beratung junger Menschen für ihren künftigen Lebensweg haben sich immerhin zehn Interessenten für den Karmeliterorden entschieden. Sie kommen fast alle aus den Bundesländern, aus verschiedenen Berufen, sei er nun ein Bankbeamter oder Bauer, ein Weber oder Bäcker.

Auch ein älterer Herr mit 64 Jahren wagte noch den Sprung ins Kloster. Ein junger Mann von 24 Jahren wird nun die Gelegenheit des neuen Studiengesetzes nützen und Theologie ohne Matura studieren. Die Brüder, die nicht Priester werden wollen, machen das theologische Laienjahr als Grundausbildung für ihr weiteres Leben im Kloster. Denn nicht alle, die sich für das Ordensleben interessieren, wollen Priester werden. Frater Stephan, etwa 22 Jahre alt, kommt aus dem Burgenland. Ursprünglich wollte er Priester werden und versuchte es in Hollabrunn. Bald jedoch verließ er das Knabenseminar und arbeitete zwei Jahre bei einer Baufirma. Bei einem Cursillo lernte er Frater Antonio kennen, der ihn einlud, einmal bei den Karmelitern im „Kloster auf Zeit" das Ordensleben kennenzulernen. „Ich hab' mir das drei Tage lang angeschaut", berichtete er, „es hat mich schon sehr beeindruckt. Ich bin dann ein Jahr mit dem Leiter hier in brieflichem Kontakt gestanden." Vor einem halben Jahr trat er als Novize in den Orden ein, wo er als Ordensmann und Bruder (nicht als Priester), dieser Gemeinschaft angehören will. Er habe seine Alternative gefunden, erklärte er strahlend.

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