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Angst vor unbekanntem Umfeld

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Als Drehscheibe zwischen Ost und West ist Wien relativ gut bekannt. Die österreichische Bundeshauptstadt fungiert aber auch als Treffpunkt für andere Weltregionen: Fern-, Mittel- und Nah-Ost, Afrika, Mittel- und Südamerika. Dies läßt sich schon durch die Anwesenheit von UNO-Institutionen wirtschaftlicher Prägung bestätigen.

Nehmen wir nur das Beispiel UNIDO, deren Schwerpunkt bei den Entwicklungsländern liegt. In Wien arbeiten auch zwischenstaatliche Organisationen wie OPEC, deren Mitglieder zum größten Teil Länder der Dritten Welt sind.

Aber die wirtschaftliche Präsenz Wiens und Österreichs in der Dritten Welt ist oft nur symbolisch, also bedeutungslos. Es gibt bloß viel Lärm um Entwicklungshilfe, um sogenannte Zu-sammenarbeits- und Entwicklungshilfe-Institute. Stolz ist man auf eine Tradition ohne Kolonialismus.

Wien könnte sehr wohl durch die Präsenz all dieser internationalen Organisationen auch als Nord-Süd-Drehscheibe wirken. Wien könnte sich als Nord-Süd-Vermittler durch westliche Gesellschaften anbieten, die Filialen in den Ländern des Südens haben. Dies umso mehr, als sich private Unternehmen der Dritten Welt bemühen, in Richtung Osten zu expandieren.

Auf der Suche nach Devisen (siehe Seite 17) würden die Oststaaten diesen neuen Markt sicherlich begrüßen — ohne Umwege über Dienststellen der Dritten Welt gehen'zu müssen. -

Viele osteuropäische Staaten sind mit ihrer wirtschaftlichen Hilfe an Dritte-Welt-Länder festgefahren. Aber sie wollen ihre Politik neu überdenken, wirtschaftliche Beziehungen verbessern — auch mittels westlicher Gesellschaften als Vermittler.

Da könnte doch Wien als Drehscheibe wirken! österreichische Politiker könnten ihre Unternehmer und Industriellen ermutigen, aus ihrer Einkapselung herauszutreten und die — unbegründete — Angst vor einem unbekannten Umfeld abzulegen.

Das heißt: In der Dritten Welt dürfte nicht kurzfristig, sondern müßte mittel- und langfristig investiert werden, weil Märkte der Dritten Welt die Zukunft des herannahenden Austauschhandels bilden.

In Wien könnte — anstelle der vielen ineffektiven Entwicklungshilfeinstitute — ein Institut für technologische Nord-Süd-Probleme geschaffen werden. Durch Forschung und Förderung neuer Technologien, die auf die Bedingungen der Dritten Welt ausgerichtet sind, könnte ein solches Institut im Austausch zwischen Österreich und der Dritten Welt eine gewaltige Wirkung erzielen, aber auch im Austausch zwischen Österreich und den europäischen Staaten.

Im gleichen Ausmaß müßten die kulturellen Beziehungen zur Dritten Welt entwickelt werden. Wien könnte da Kulturmetropole schlechthin sein, um auch die Intoleranz gegenüber den Menschen dieser Länder abzubauen.

Nur ein politischer Wille zu einer völlig neuen Zusammenarbeit mit dem Süden könnte Wien zu einer Nord-Süd-Drehscheibe werden lassen.

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