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Arbeitsmarkt trocknet aus

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In den letzten Jahren haben sich im Bereich der Indu- strieansiedlung und industriel- len Kooperation deutliche Ver- änderungen ergeben. Und zwar seitens der Investoren, der Märkte und der Rahmenbedin- gungen in Österreich selbst. Die daraus resultierenden Chancen sind für Österreich insgesamt als positiv zu bewerten - erfor- dern allerdings eine Reihe von Maßnahmen.

Als Standortvorteile Öster- reichs gelten unverändert die so- ziale, politische und wirtschaft- liche Stabilität. Dies bestätigt auch die vor kurzem von der Wirtschaftsuniversität im Auf- trag der Deutschen Handels- kammer durchgeführte Studie (siehe nebenstehenden Beitrag).

Osten entwickelt sich auch zum Mitbewerber als Industriestand- ort und kann dabei auf sehr nied- rige Lohnkosten verweisen. Auch daraus ergibt sich daher die Notwendigkeit, Österreich stärker als Standort für techno- logieorientierte Investitionen zu konditionieren. Ein weiterer Vorteil dieser Strategie: Tech- nologiezentren ziehen andere Unternehmensbereiche an, wie Forschung und Entwicklung, Headquarters und industriena- he Dienstleistungsbetriebe. Und sie können als kombinierte Ab- siedlungen in Form von „Twin- Country-Projekts" realisiert werden. Gerade in den letzten Monaten hat sich Österreich ja auch als Basis für Ost-West- Joint-Ventures profiliert. Verändert hat sich allerdings - auch aufgrund der Hartwäh- rungspolitik - das Lohnniveau. Österreich zählt heute zu den teuren Ländern Europas. Das bedeutet, daß Österreich weni- ger für arbeitsintensive und mehr für kapitalintensive Inve- stitionen attraktiv wird. Das ist sicher ein Plus in Hinblick auf Know-how-Transfer und Struk- turverbesserung - verlangt aber entsprechende Anpassungen.

High-Tech-Anlagen erfordern qualifiziertes Personal. Der früher traditionelle Vorteil Österreichs, die Verfügbarkeit von Facharbeitern, gerät durch die regionale Austrocknung des Arbeitsmarktes zunehmend in Gefahr. Eine Förderung der Facharbeiter-Ausbildung ist da- her dringend notwendig. High- Tech-Anlagen erfordern weiters immer häufiger einen durchge- henden Betrieb - teils aus tech- nischen Gründen, teils aus Gründen der Rentabilität. Hier besteht ein weiterer Handlungs- bedarf: Flexiblere Arbeitszeiten, vor allem für Frauen. Das Frau- en-Nachtarbeitsverbot wird von ausländischen Investoren eher als Diskriminierung denn als Schutz gesehen. Zumal Frauen in traditionelle „Männerberu- fe" vordringen und von Nacht- schichten gar nicht ausgeschlos- sen werden wollen.

Ein besonderer Vorteil Öster- reichs, der gute Zugang zu Ost- europa, ist durch die Ereignisse der letzten Monate und Jahre weiter aufgewertet worden. Allein seit 1989 haben 200 wei- tere Firmen ihre Osteuropazen- tralen in Österreich errichtet be- ziehungsweise deren Errichtung angekündigt. Allerdings: der

Der verbesserte Zugang zum Osten darf aber nicht zu Lasten unserer doch überwiegend west- lich orientierten Wirtschaft gehen. Um unsere Ost-West- Drehscheiben-Funktion auch künftig wahrnehmen zu können, ist die EG-Mitgliedschaft ein Muß. Wir müssen im europäi- schen Markt integriert bleiben. Die in Hinblick auf diesen neu- en Binnenmarkt stattfindenden Konzentrationsbewegungen haben bereits zu einer Reihe von Unternehmenszusammen- schlüssen und Kooperationen geführt, wobei Österreich zu- nehmend auch als aktiver Part- ner an dieser internationalen Verflechtung im Westen teil- nimmt.

An dieser Wirtschaftsver- flechtung sind neben multina- tionalen Konzernen immer mehr Mittel- und Kleinbetriebe be- teiligt. Seitens der ICD wurde deshalb in Europa ein neuer, zusätzlicher Schwerpunkt ge- setzt. Neben dem amerikani- schen und japanischen Markt werden nun auch der deutsche, Schweizer und italienische Markt intensiv betreut. Im April dieses Jahres wurde ein eigenes Büro in Wiesbaden eröffnet.

Insgesamt bietet die wirt- schaftliche Neuordnung Euro- pas wohl eine einzigartige Chan- ce für unsere Wirtschaft. Wenn Österreich seine Vorteile, das ausgezeichnete geistige und wirtschaftliche Potential, gezielt einsetzt, kann sich dieses Land - nicht zuletzt durch die geogra- f ische Lage - zu einem Zentrum des neuen Europa entwickeln.

Der Autor ist Generaldirektor der Be- triebsansiedlungsgesellschaft ICD Austria.

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