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Koalition CSU-SPD?

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Damit ist Strauß wieder einmal zum eigentlichen Stein des Anstoßes geworden. Während das Wahlergebnis in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen bei FDP und CDU die Bereitschaft erhöhte, in nächster Zeit zu einer etwas harmonischeren Zusammenarbeit zu kommen, scheint Strauß weiterhin das Enfant terrible spielen zu wollen. Tatsächlich hat er auch von einer Fortdauer der Auseinandersetzungen nichts zu fürchten. Geschickter als andere Landesverbände der CDU hat er in Bayern das Gelände vorbereitet und alle Voraussetzungen für einen Wahlsieg der CSU 1965 geschaffen, der um so spektakulärer wird, je schlechter die CDU im übrigen Deutschland bei den Bundestagswahlen 1965 abschneidet. Strauß hat es in Bayern nicht dem Zufall überlassen, wohin die fast eine halbe Million umfassende Wählerschaft der Splitterparteien, Bayempartei und BHE gehen: Mit der Bayempartei ging er in

München eine Koalition ein, die diese Partei endgültig zu ersticken droht; mit dem BHE hat er sich verbunden und die in letzter Zeit vernehmbaren stark nationalistischen Töne der CSU gehen auf diese Verbindung zurück. Das heißt, Strauß geht 1965 in Bayern einem Wahlsieg entgegen, der ihn noch viel unbequemer machen wird, als er jetzt schon ist. Nicht ungeschickt versuchte er in letzter Zeit eine Koalition CSU- SPD für die Zeit nach 1965 ins Gespräch zu bringen, die rein rechnerisch durchaus möglich ist. So unwahrscheinlich eine solche Kombination auch ist, sie gibt Strauß die Möglichkeit, die CDU unter Druck zu setzen und das Argument der FDP unglaubwürdig zu machen, der ehemalige Bundesverteidigungsminister sei für einen Ministerposten untragbar. Solange die SPD sich nicht eindeutig von Strauß distanziert, dürfte sich die FDP mit ihrer Parole hart tun. Die SPD wird sich aber wahrscheinlich vor einer solchen Erklärung hüten, die nur zu leicht die ohnehin geringen Chancen einer großen Koalition verschlechtern könnte. Sie sieht nicht ungern, daß die FDP in der Rolle eines unbequemen Koalitionspartners hinein- manöveriert wird.

Eine bayrische CDU?

Bei dem unbeherrschten Temperament des CSU-Landesvorsitzenden ist es allerdings möglich, daß die Anti-Strauß-Parolen im Laufe des Wahlkampfes in Norddeutschland an Zugkraft gewinnen. Aber selbst wenn die CDU erkennen würde, daß die ständigen Querschüsse des ehrgeizigen Mannes der FDP zugute kämen und es ihr angelastet wird, daß sie sich dieses Mannes nicht entledigen konnte, ist Strauß für die CDU schwer im Zaum zu halten. Dafür gäbe es nur einen Weg: Wenn sich die CDU entschlösse, einen Landesverband Bayern zu gründen und selbst gegen die CSU zu kandidieren, wie es im Saargebiet einmal vorgesehen ist, wäre es mit der Sonderstellung der CSU und ihres Vorsitzenden rasch vorbei. Für eine solche Entwicklung fehlen aber alle Anzeichen. So wird Bundeskanzler Erhard auch im kommenden, besonders schwierigen Jahr nichts anderes übrig bleiben, als sich in Versuchen zu erschöpfen, eine Koalition zu kitten, von der zwei Partner, je näher die Wahl kommt, um so intensiver sich um den Nachweis der Eigenständigkeit bemühen werden. Dabei wird er noch leichter mit der FDP zurande kommen, die in den Kommunalwahlen in Nordrhein- Westfalen erfahren hat, daß die deutschen Wähler die Rolle eines Störenfrieds nicht honoriert und die überdies sich schon im Wahlkampf des Jahres 1961 für Erhard eingesetzt hat.

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