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Enklave Berg-Karabach -Prüfstein für Boris Jelzin

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Durch die Gorbatschowsche Perestrojka kam bei den Armeniern in Berg-Karabach die Hoffnung auf, ihre Heimat, die seit 1921 unter der aserbeidschanischen Verwaltung stand, nach 70 Jahren mit dem armenischen Mutterland wiederzu-vereinigen. In den großen Demonstrationen, die in Erewan stattfanden, waren auch Beobachter aus den anderen Sowjetrepubliken,die den Gang der Ereignisse studierten und ihre Schlüsse daraus zogen. Das armenische „Feuer" steckte auch andere Republiken an.

So entstanden die Nationalitätenkonflikte der Sowjetunion. Leider fanden diese Bewegungen oft ein blutiges Ende. Gleich nach der Berg-Karabach-Bewegung rächten sich die Aserbeidschaner an den Armeniern in Sumgait: Sie massakrierten und verjagten sie aus Aserbeidschan. Dieser Zwischenfall war der erste Prüfstein für Gorbatschow, denn man verlangte von ihm ein gerechtes Urteil. Gerade hier stolperte aber Gorbatschow: denn anstatt rigoros durchzugreifen, die Täter zu bestrafen, machte er außer Versprechungen hüben und drüben nichts.

Wie geht aber Jelzin die Konflikte an? Die Lage in Berg-Karabach hat sich verschlechtert. Das armenische Volk ist dort praktisch im Kriegszustand mit dem mächtigen Aserbeidschan. Es sieht so aus, daß Mutalibow, der Präsident Aserbeidschans, auch in der Jelzin-Ära erfolgreich wird bestehen können. Angeblich hat er Jelzin in Minsk gebeten, sich in die inneren Angelegenheiten Aserbeidschans nicht einzumischen.

Stepanakert, die Hauptstadt Berg-Karabachs, steht dauernd unter Beschuß der Aserbeidschaner. Diese haben sich mit Waffen der abgezogenen Sowjet-Miliz ausgerüstet. Die Berg-Karabach-Ar-menier müssen sich mit Jagdgewehren und gekaperten Waffen verteidigen.

Eine Hiobsbotschaft für die Berg-Karabach-Armenier kam unlängst aus Deutschland. Deutschland will der Türkei Waffen der ehemaligen DDR schenken. Die Türkei als NATO-Mitglied ist mit modernsten Waffen aus dem Westen ausgerüstet. Zweitklassige Sowjetwaffen kann es nicht brauchen, es sei denn, die Türkei läßt sie Aserbeidschan zukommen. Zwischen der Türkei und der Enklave Nachit-schewan gibt es eine gemeinsame Grenze, die 1922 zwischen Moskau und Ankara vereinbart und gezogen wurde.

Damals, im Ersten Weltkrieg, half Deutschland - als Verbündeter - der Türkei mit Waffen und Munition aus. Die Türkei massakrierte vor den Augen deutscher Soldaten und Offiziere 1,5 Millionen Armenier.

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