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Auf die Straße gehen ...
Fronleichnam ist ein katholisches Fest. In Prozessionen ziehen Frauen und Männer hinter der Monstranz durch die Straßen. Sie verdeutlichen damit ihren Glauben daran, daß Jesus Christus in der Gestalt des Brotes bis hinein in ihren Alltag gegenwärtig ist. Das hat etwas Bekenntnishaftes an sich. Früher war da auch etwas betont Konfessionelles, abgrenzend gegen all die anderen christlichen Gemeinschaften, die ein anderes Eucharistieverständnis haben.
Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil lernen wir in Ökumenismus, in Achtung und Zueinander der
christlichen Konfessionen. Ist das vereinbar damit, auch weiterhin auf die Straße zu gehen? Es geschieht zurecht, wie ich meine. Denn christliches Leben gehört dorthin: auf die Straße.
Die Bede ist jetzt nicht von prahlerischem Bekennertum: Seht, was wir glauben. Das begegnet auch -zugegeben. Auch hier gilt: Wo ist er geblieben, der Geist des Konzils, diese Offenheit, mit dem eigenen Hintergrund auf andere zuzugehen, in sanfter Unaufdringlichkeit und zugleich mit festem Standpunkt, in Ubereinstimmung mit jenem Satz aus dem Neuen Testament, daß wir allen bereitwillig Bede und Antwort
stehen sollen über die Hoffnung, die uns erfüllt (vgl. 1 Petr 3,15). Deswegen müssen wir auch heute auf die Straße gehen. Das ist keine Demonstration einer geistigen Macht etwa. Nein, das ist eher das bereitwillige Einstehen für eine Überzeugung. Das hat nichts mit Konfessionalismus zu tun, und es beschränkt sich nicht auf einen Festtag und eine Prozession im Jahr.
In einer multikulturellen, multikonfessionellen Gesellschaft ist der Platz der Kirche, der Kirchen insgesamt, mehr denn je auf der Straße. Dort begegnen uns die Menschen und wir ihnen. In den eigenen
vier Wänden, in den kirchlichen Binnenräumen finden wir die weltanschauliche Pluralität nicht. In dieser Geborgenheit geschehen zwar keine unliebsamen Infragestellungen. Aber verschlossene Türen waren das anfängliche Anzeichen von Furcht, nach dem ersten Pfingstfest lesen wir es in der Bibel anders. In jeder Form von Öffentlichkeit müssen Christinnen und Christen angetroffen werden — wie sonst können wir überhaupt erfahren, worin die „Trauer und Angst, Hoffnung und Freude" der Menschen von heute bestehen und was sich daraus für christliches Leben ergeben könnte?
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