Nach der Absetzung von Bischof Strickland: Politisierende Religion
Die Absetzung des katholischen Bischofs Joseph E. Strickland in Texas hat mehr mit der Weltlage und dem globalen Erstarken des Autoritarismus zu tun, als man vermuten würde.
Die Absetzung des katholischen Bischofs Joseph E. Strickland in Texas hat mehr mit der Weltlage und dem globalen Erstarken des Autoritarismus zu tun, als man vermuten würde.
Wenn einer Videos verbreitet, in denen Papst Franziskus als „teuflischer Clown“ bezeichnet wird, oder öffentlich Zweifel anmeldet, ob Franziskus der rechtmäßige Papst ist, wenn derselbe die Weltsynode als „Müll“ bezeichnet und Franziskus vorwirft, er unterminiere die Fundamente des Glaubens, dann vermutet man hinter derartigen verbalen Aktivitäten nicht unbedingt einen katholischen Bischof.
Joseph E. Strickland, der Verbreiter obiger Botschaften und bis letzten Samstag Bischof der kleinen Diözese Tyler in Texas, ist ein Star des rabiaten Rechtskatholizismus in den USA. Nun hat er mit seinen oft via X (vormals Twitter) in die Welt gesetzten Verbalinjurien den Bogen überspannt und wurde von seiner Aufgabe als Diözesanbischof entbunden. Selbstredend, dass Strickland auch als Coronaleugner notorisch ist sowie als glühender Trump-Anhänger: Des Ex-Präsidenten offenkundige Missachtungen von mehreren der Zehn Gebote sind dem eifernden Kirchenmann offenkundig egal.
Die Absetzung Stricklands lässt sein Kirchenlager einmal mehr mit Schaum vor dem Mund zurück: Die Plattform kath.net geiferte hierzulande mit der Behauptung, dies sei des Papstes „Kriegserklärung an die US-Katholiken“. Und bereits in den Wochen zuvor hatte kath.net den Kardinal und Papstkritiker Gerhard Müller zitiert, die Vorwürfe gegen Strickland seien „ein Amtsmissbrauch gegen das göttliche Recht des Bischofsamtes“.
In den einschlägigen Anti-Franziskus-Foren werden längst – kaum realisierbare – Szenarien diskutiert, wie man diesen Papst absetzen könnte. Und es fällt einmal mehr auf, dass solcher Kirchenflügel, der sonst so auf der absoluten Unterordnung unter den Primat des Papstes zu bestehen pflegt, dieses Dogma ganz schnell vergisst, wenn der Pontifex nicht so agiert, wie es die Erzkonservativen wollen.
Erstaunliche Koalitionen
Das ist aber längst mehr als eine innerkirchliche Angelegenheit: Denn hinter den Vorgängen verbirgt sich eine politische Agenda, die in verschiedenen Ausformungen global zu beobachten ist. In den USA fußt das Trump-Lager – so moralisch verwerflich der Ex-Präsident auch leben und agieren mag – auf der Unterstützung durch die christliche Rechte, die wiederum eine erstaunliche Koalition zwischen evangelikalem Fundamentalismus und katholischer „Traditions- und Glaubenstreue“ darstellt.
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