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Mit dem Doktorhut an den Herd?

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„Das Studium der Frauen ist schwer", so heißt es zwar in einem anderen Zusammenhang, doch es läßt sich auch auf den akademischen Bildungsweg der Frauen anwertden. Der besondere Begriff „Frauenstudium" ist längst aus unserem Sprachgebrauch verschwunden, studierende Frauen sind keine schillernden Außenseiter mehr:

Die Inskriptionszahlen des vorjährigen Wintersemesters zeigten, daß von 14.173 erstinskribierenden österreichischen Studenten immerhin 46 Prozent Frauen waren. An der Wiener Universität rekrutierten sich die Studienanfänger sogar zu 57 Prozent aus Frauen. Und es werden immer mehr.

Der große Zulauf zur akademischen Ausbildung hat aber anscheinend das traditionelle Frauenbild nicht sehr beeinträchtigt: Nach wie vor sind die Lehramts-, Dolmetsch- und Ubersetzerstudien sowie Medizin und Pharmazie „die großen Renner".

Dazu meint Univ.-Prof. Herbert Zdarzil, Dekan der Grund- und Inte-grativwissenschaftlichen Fakultät und Vorstand des Instituts für Pädagogik an der Universität Wien:

„Ein bedeutender Einfluß geht immer noch vom Elternhaus aus. Ein weiterer Faktor ist das weitverbreitete Vorurteil, daß bestimmte Studienrichtungen wie Technik, Montanistik, Bodenkultur oder Veterinärmedizin nichts für. Frauen seien. Dazu kommt.daßdiese Studienrichtungen als besonders schwer und langwierig gelten, und viele Mädchen sich abschrecken lassen. Wenn überhaupt an eine Berufsausübung gedacht wird, dann an eine solche, die mit der Tätigkeit als Hausfrau und Mutter in Einklang zu bringen ist."

Die Tatsache, daß sich unter den Absolventen von Universitäten die Frauen noch deutlich in der Minderheit befinden - im Wintersemester 78/79 waren es immerhin schon 31 Prozent - ließ die Vermutung entstehen, daß seitens der weiblichen Hörerschaft nicht primär nach einer Graduierung gestrebt, sondern ein Partner fürs Leben gesucht wird.

Kennt man den „Uni-Betrieb" aus nächster Nähe, so erscheint diese Schlußfolgerung absurd, denn bei der heutzutage praktizierten Bildungsjagd kommt zwar bei genügender Anstrengung und präziser Ellbogentechnik ein Akademiker heraus, gleichzeitig aber bleibt oft ein Mensch auf der Strecke. Die Universität gleicht einem Durchhaus, ist kein Ort mehr, an dem man sich in seiner freien Zeit aufhält - so geht man also nur hin, um „zu erledigen" - und der Mensch in einem bleibt oft zu Hause!

Die Partnersuche allein kann es also nicht sein, die Frauen verstärkt ein Universitätsstudium anstreben läßt. Dr. Eva Knollmayer vom Wissenschaftsministerium sieht den „Frauensturm" als ein Phänomen allgemeiner Bildungsexplosion und vermutet, daß sich der Bildungsüberhang in absehbarer Zeit wieder auf das Normalmaß einpendeln werde.

Ob das wirklich so sein wird, ist umso eher fraglich, weil die Anzahl studierender Frauen nicht nur in den traditionellen Studienzweigen zunimmt, sondern auch in den bisher weniger gebräuchlichen Sparten: So stieg der Anteil der Frauen an der Technischen Universität Graz im Vergleich zum letzten Jahr um 65 Prozent.

So gesehen hat es den Anschein, als ob die weiblichen Studierenden von der gesamten Palette des Bildungsangebotes Gebrauch machen wollen, so wie es ihnen zusteht; das würde bedeuten, daß sich auch bald in den mit Akademikern besetzten Berufen Änderungen ergeben werden; nämlich mehr Frauen in Technik und Wirtschaft.

Das wiederum bedeutet vollkommenen Einsatz der Frauen, wenn sie sich im Berufsleben durchsetzen wollen: So meint die FPÖ-Bundesfrauenreferentin Ingrid Brinda-Löser: „Frauen müssen 200 Prozent leisten, um 100 Prozent honoriert zu bekommen."

Daß die Familie und der Haushalt ebenso ihre Zeit beanspruchen, wie sie es eh und je beansprucht haben, steht auf einem anderen Blatt. Teilzeitarbeit ist in den wenigsten Unternehmen möglich, schon gar nicht auf akademischem Niveau.

Die überwiegende Mehrheit der österreichischen Bevölkerung lehnt die außerhäusliche Erwerbstätigkeit von Müttern ab - 51 Prozent der Männer und 44 Prozent der Frauen sind überdies davon überzeugt, daß Töchter und Söhne von diesen Müttern im späteren Leben benachteiligt sind.

Als einziger Ausweg böte sich also nur ein Studium aus Gründen des Selbstzweckes an: Studieren, um des Wissens willen - doch wer kann sich das finanziell schon leisten?

Und - wäre das nicht ein Rückschritt in Zeiten vor den Emanzipationsbestrebungen, nur daß die Frauen ihre Studien nicht ausschließlich auf schöngeistige Fächer beschränken, sondern auch „ein bißchen in Technik machen"?

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