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Ungewöhnliche Biografie

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Filmfestival in der Saarländischen Landeshauptstadt Saarbrücken: von Ende Jänner bis Anfang Februar stand die Stadt nahe der französischen Grenze im Zeichen des 13. Max-Ophüls-Preis-Filmfestivals.

Um es gleich vorweg zu nehmen, Österreich war heuer weniger stark präsent als in den Jahren zuvor. Im Wettbewerb gab es nur Kurzfilme und einen einzigen normallangen Spielfilm zu sehen, nämlich „Die Frau vor mir" von Henriette Fischer. Im Gegensatz zu den Erfolgen vergangener Jahre („Scha-lom General" oder „Nie im Leben") ging Österreich damit heuer leer aus, was Preise betrifft.

Woran das liegt?

Vielleicht an der ungewöhnlichen Machart des Films, vielleicht an seinem Thema. Es geht darin um eine Frau, die versucht, die Lebensgeschichte ihrer verstorbenen Mutter zu rekonstruieren. Die Kindheit in einem Dorf bei Wien, die Kriegsjahre mit Warten und Zittern und schließlich den letzten Lebensabschnitt als Hilfsarbeiterin in einem metallverarbeitenden Betrieb. Die trinkt.

Von der Form her ist es eine Mischung aus „normalen" Spielfilmszenen, einem inneren Monolog und dokumentarischen Elementen. Die Geschichte ist ebenso persönlich wie unspektakulär, die Machart keinem Genre zuordenbar - das macht den Film wohl für viele schwierig. „Man muß sich darauf einlassen", meinte eine Zuschauerin, „wenn man das nicht tut, ist dieser Film fad."

Preise gab es dann auch für andere Filme: Der Max-Ophüls Preis ging an den deutschen Film „Der Erdnußmann" von Dietmar Klein. Er beschäftigt sich in witziger Weise mit Werbung und Geschäftemachen - und natürlich mit dem Verhältnis zwischen „Ossis" und „Wessis".

Dieser Aspekt war auch für die Jury von Bedeutung, denn es ist der „Ossi", der frischen Wind in die Sache bringt und den „Wessis" einiges voraus hat.

Den Preis des saarländischen Ministerpräsidenten erhielt der Schweizer Marcel Gisler für „Die blaue Stunde", die Geschichte eines Berliner Call-boys, der den Beginn einer vorsichtigen Liebesgeschichte mit seiner Nachbarin Marie erlebt. Begründung der Jury: die einfühlsame Darstellung des Versuchs, die Einsamkeit in der Großstadt zu überwinden.

Ein anderer Schweizer Film, ebenfalls sehr sensibel gemacht, fand offenbar weniger Anklang bei den Juroren: „Anna Göldin - die letzte Hexe" von Gertrud Pinkus. Die Magd Anna Göldin wurde 1782 als letzte Frau in Europa als Hexe hingerichtet. Pinkus erzählt die Geschichte dieser Frau nach, mit viel feiner Psychologie und beeindruckenden Naturaufnahmen. In der deutschsprachigen Schweiz ist der Film ein Riesenerfolg und soll höhere Zuschauerzahlen haben als der „Terminator".

Neben dem Wettbewerb, an dem 19 Filme teilnahmen, gab es aber auch Retrospektiven zu sehen, diverse Kurzfilmprogramme, die „Saarbrük-ker Premieren", darunter den Regieerstling „Wunderkind Täte" von Jodie Foster und, und, und.

Es war ein wahres Monsterprogramm. 130 Filme in sechs Kinos und das alles in fünf Tagen - eigentlich nicht auszuhalten. Hier wäre weniger wohl mehr gewesen. Wer es allerdings schaffte, sich von dieser Fülle nicht verführen zu lassen, sondern wirklich nur ausgewählte Filme (die aber konzentriert) anzusehen, der konnte viel profitieren. Nicht zuletzt deshalb, weil die anwesenden Filmemacher keine Stars aus einer anderen Welt waren, sondern normale Menschen.

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