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Das Jahr 1985 wird wohl als Wendepunkt in die Geschichte der österreichischen Kreditwirtschaft eingehen. Man wird es als das Jahr bezeichnen, in dem der bisherige Kurs des österreichischen Bankgewerbes als verfehlt erkannt und Veränderungen eingeleitet worden sind. Das Jahrfünft der ungeordneten Liberalisierung und des ungezügelten Wettbewerbs drückte die Qualität des Bankgeschäfts auf einen kaum tragbaren Tiefstand. Selbstverständliche Grundregeln der Bankpolitik wurden zunehmend mißachtet. Die Ertragslage der österreichischen Kreditunternehmungen erreichte im internationalen Vergleich einen der letzten Ränge.

Die im Frühjahr 1985 in Kraft gesetzten Ordnungspolitischen Vereinbarungen der Kreditwirtschaft waren

der erste Schritt auf dem Weg zu einer Erneuerung der „Bankvernunft“. Im Mai kündigte der Finanzminister dann die Novellierung des Kreditwesengesetzes 1979 an, um die Geschäftspolitik der Kreditunternehmungen wieder auf den Weg des Ertragsdenkens zu weisen.

Harter Kern der geplanten Neuregelung wird eine deutlich strengere Eigenmittelvorschrift sein, die, wie Franz Vranitzky wörtlich sagte, „die Bilanzsumme wieder zu einem knappen Gut machen soll“. (Die letzte Beratung im parlamentarischen Unterausschuß fand am 27. Mai statt.)

Die normierte Stärkung der Kapitalausstattung wird für die Kreditwirtschaft und daher auch für unser Haus vor allem folgende Konsequenzen haben:

• Die Erträge müssen deutlich gesteigert werden. Dies gilt in erster Linie für die Zinsspanne, die in Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern und insbesondere zur Bundesrepublik Deutschtand besonders niedrig ist, ebenso wie für sonstige Erträge, vor allem Dienstlel-

' stungsprovisionen. Daher wird auch das Verursacherprinzip in der Preisgestaltung verstärkt beachtet werden müssen.

• Die mittelfristige Erhöhung des Eigenkapitalkoeffizienten bedeutet auf Sicht auch die (verstärkte) Aufnahme von neuem Eigenkapital. Nach Inkrafttreten der Novelle - entweder Mitte 1986 oder Anfang 1987 - werden die österreichischen Kreditunternehmungen daher verstärkt den Kapitalmarkt aufsuchen. Auch unser Haus wird einige hundert Millionen Schilling pro Jahr an neuem Eigenkapital von außen zuzuführen haben.

Die teilweise kräftig ausposaunten besseren Geschäftsergebnisse der österreichischen Banken im Jahre 1985 sollten daher nicht überschätzt

werden. Vor allem die Zinsspanne hat sich von einem besonders tiefen Niveau 1984 nur bescheiden erholt, ist aber im Verhältnis zur Bilanzsumme kaum gestiegen. In vielen Fällen blieb die Zinsspanne des Schillinggeschäfts sogar hinter den Erwartungen zurück und konnte nur durch bessere Fremdwährungsspannen aufgefettet werden. Die Ertragsverbesserung 1985 geht daher vielfach auf gute Gewinne im Devisen- und Wertpapiergeschäft zurück, wofür zu einem großen Teil die günstige Entwicklung der

Weltbörsen und die sinkenden Zinsen in Form von „windfall profits“ („glückliche Zufälle“) beigetragen haben.

Sowohl die Gesamtkapitalrentabilität als auch die Eigenkapitalrentabilität der österreichischen Kreditwirtschaft liegen weit unter dem internationalen Niveau und müssen schon aus diesem Grund erhöht werden.

Das Jahr 1985 verlief für DIE ERSTE sehr erfolgreich. Die neu konzipierte und gestraffte, vor allem aber stärker gelebte Unternehmensphilosophie mit der Orientierung am Markt und am Kunden, am Ertragsdenken und an der Ergebnisverantwortung, hat sich als tragfähig und motivierend erwiesen. Viele organisatorische und personelle Maßnahmen, die dem strategischen Konzept entsprießen und es stutzen, wurden mit Elan durchgeführt. Unser Institut verzeichnete:

• Eine Steigerung des Ertragspotentials aus dem Privatkundengeschäft im Kerngebiet Wien;

• eine verstärkte Akquisition und

verbesserte Betreuung der Kommerzkunden in ganz Österreich;

• eine Erhöhung der Dienstleistungserträge und

• eine Verbesserung der Risikopolitik durch Früherkennung, dezentrale Sanierung und schließlich auch entsprechend ausreichende Risikovorsorge.

Das laufende Jahr steht daher für DIE ERSTE unter dem Motto einer weiteren Stärkung des ergebnis- und ertragsorientierten Managements. Die Strategien und Konzepte in den einzelnen Geschäftsfeldern sollen zielstrebig betrieben und verwirklicht werden. Wir erwarten eine Erhöhung der Bilanzsumme in einem ähnlichen Ausmaß wie 1985 und wollen die Erträge weiterhin überproportional steigern. Wie die ersten Ergebnisse zeigen, führen unsere Vorstellungen zum gewünschten Ziel.

Die neuen gesetzlichen Bestimmungen werden aber zu mannigfachen Überlegungen Anlaß geben. Insbesondere wird die Eigenkapitalzuführung für DIE ERSTE eine neue Dimension von Wachstum und Investition in die Zukunft eröffnen, aber auch entsprechende strategische Flankierung durch Geschäfts-, Ertrags- und Kostenplanung erfordern.

Die größte Bedeutung wird nach Meinung des Vorstands der Entwicklung der Mitarbeiter und des Führungskräftenachwuchses zukommen müssen. Qualität, Engagement und Loyalität der Mitarbeiter sowie ein reibungslos funktionierendes Führungssystem sind der wichtigste Garant des Erfolgs.

Einfache und klare Geschäftsstrategien müssen durch komplexe Maßnahmenpakete und manchmal auch komplexe Taktiken umgesetzt werden. Dazu bedarf es des selbständig mitdenkenden, unternehmerischen Menschen auf allen Ebenen, braucht es Mut, Optimismus, Kooperation. Dazu zählt die Entwicklung einer erfolgsträchtigen „Unternehmenskultur“ als moderne Universalbank. Eine solche „Kultur“ entsteht und verändert sich nicht von heute auf morgen, sie nährt sich aus vielen sichtbaren und unsichtbaren Kanälen, sie reagiert fein auf vieles, was sich unter der Oberfläche eines Unternehmens abspielt.

In einer großen Organisation wie es DIE ERSTE ist, muß die Summe der geschäftspolitischen Schwerpunkte und ihre Verwirklichung durch Menschen immer mehr sein als eine einfache Addition. Nur durch Integration läßt sich das große Potential des goodwill, der Tradition und der summierten Energie aller Mitarbeiter voll ausschöpfen.

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