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Zukunftsgedanken
Nun haben sie also wieder Hochkonjunktur. All jene, die auf Grund ihrer besonderen Fähigkeiten dazu ausersehen sind, uns die Zukunft vorauszusagen. Wohlverstanden: — eine positive, eine heile und gute Zukunft. Begierig lauschen wir den Worten und lesen, was sie uns prophezeien.
Doch, häufig vergißt man hinzuzufügen, daß Aussagen über die Zukunft niemals wahr sein können. Warum? Einfach deshalb, weil Zukunft immer ein nie genau zu definierendes Objekt ist. Wir können nur sagen und phantasieren, welche Zukunft wir gerne hätten. Welche Gesellschaft wir uns wünschen würden. Zukunft — und das ist das einzige Tatsächliche—, Zukunft hat immer eine Alternative. Denn es gibt immer viele, verschiedene Zu-künfte.
Wer von Zukunft spricht, muß im Plural reden. Es gibt gewollte und ungewollte, vermeidbare und unvermeidbare Zukünfte. Wer über die Zukunft redet, der sollte vor allen Dingen zuerst einmal die Gegenwart analy-, sieren. Der sollte darüber nachdenken, ob es so wie heute weitergehen kann. Haben wir wirklich eine Zukunft, wenn das Wort ,Mehr" in unserem Sprachschatz noch „mehr" an Bedeutung zunimmt? Noch mehr Produkte, mehr Wachstum, mehr soziale Sicherheit, mehr Übersättigung, mehr Freizeit, mehr Leere, mehr Langeweile...
Haben wir wirklich eine Zukunft, wenn bei uns oder in den USA beispielsweise ein Industriearbeiter in einem halben Jahr so viel Rohstoffe und Energie verbraucht, wie zwei Menschen in Äthiopien ihr ganzes Leben?
Haben wir wirklich eine Zukunft, wenn zehn Prozent der Erdbevölkerung über 80 Prozent der Weltnahrungsmittelerzeugung und 90 Prozent der Produktionskapazitäten kontrollieren?
Wie gesagt: Zukunft hat viele Möglichkeiten. Auf jeden Fall werden wir nicht die Zukunft haben, die wir haben wollen, sondern nur die, die wir uns verdienen!
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