Narval Klima - <strong>Apokalypse Klima</strong><br />
Die Klimakrise und mit ihr ein mögliches Szenario der aussterbenden Menschheit wird immer bedrohlicher.<br />
Wie können wir uns mit den Tatsachen auseinandersetzen, ohne in Panik zu verfallen? - © Getty Images / Victor Moriyama

Mit der Angst leben lernen

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Wie kann Unsicherheit, ja Angst zum Handeln motivieren? Persönliche Gedanken zur Klimakrise.

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Wie kann Unsicherheit, ja Angst zum Handeln motivieren? Persönliche Gedanken zur Klimakrise.

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Keine Angst! Dieses Motto wählte die österreichische Filmemacherin Ruth Beckermann für den diesjährigen Tag der „Begegnungen“ im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach. Aber können wir wirklich frei von Angst sein, wenn wir auf eine Apokalypse zusteuern? Das Aussterben der Menschheit ist ein Szenario, das angesehene Erd- und Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in naher Zukunft für wahrscheinlich halten, wenn wir keine radikalen Maßnahmen ergreifen und die Klimakrise bekämpfen. Wäre es also angesichts der Lage nicht sinnvoll, diese Angst anzunehmen und sie als Kraft für die notwendigen und einschneidenden Veränderungen zu nutzen? Könnte es sein, dass die Angst das Einzige ist, was uns noch retten kann, so wie David Wallace-Wells in seinem viel diskutierten New York Times-Kommentar „Time to Panic“ und anschließend in seinem Buch „The Uninhabitable Earth: Life After Warming“ argumentiert?

Über die letzten Jahre hatte ich die Gelegenheit, viele Gespräche mit herausragenden Klimaforscherinnen und -forschern in Alpbach zu führen. Deren größtes Problem ist immer noch, mit ihren Forschungsergebnissen und Handlungsempfehlungen außerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft ernst genommen zu werden. Unsere Gesellschaften verändern sich eben nur ungern. Es fällt uns schwer, die Tatsache zu akzeptieren, dass die Menschheit vor einer echten Katastrophe steht. Wie können wir uns selbst mit dieser unangenehmen Wahrheit auseinandersetzen, ohne in Panik, Apathie oder Niedergeschlagenheit zu verfallen?

Es braucht Lösungen „von unten“

Wie können wir mit der Angst umgehen lernen und tatsächlich tun, was getan werden muss? Wie könnte eine neue Kultur des achtsamen Umgangs mit uns selbst und unserem Planeten aussehen? Welche kulturellen Gewohnheiten müssen wir ablegen und welche neuen Erzählungen und Zukunftsbilder braucht es? Wir stehen erst am Anfang unserer Reise. Wir brauchen die gro­ßen Visionäre, die Landkarten der Zukunft lesen können, die noch nicht gezeichnet sind.

Aber große Visionen alleine helfen uns nicht weiter. Wenn wir von der Klimakrise sprechen, müssen wir konkrete Lösungen entwickeln, wie Menschen ihren Lebensunterhalt in einem ressourcenschonenden, klimaneutralen Wirtschaftssystem verdienen können. Wir brauchen dafür alle verfügbaren Talente in unserer Gesellschaft und neue Allianzen zwischen Menschen und Netzwerken, die vielleicht in der Vergangenheit nicht gewohnt waren, miteinander zu kooperieren. Die Lösungen müssen aber vor allem „von unten“ kommen und im Geiste der Selbstorganisation, der Eigenverantwortung und des Entrepre­neurships entstehen. Eine Ökodiktatur (ganz egal welcher Couleur) ist das Letzte, was wir brauchen – und würde nur als Brandbeschleuniger für die Katastrophe wirken.

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