Nicht Embargo, sondern Regime beseitigen

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Nur das Embargo aufzuheben, ohne das Regime, zu beseitigen, bringt dem irakischen Volk nur noch mehr Leiden.

Wenn auch jene Staaten, die das Embargo gegen den Irak verhängt haben, eine gewisse Verantwortung für die Leiden des irakischen Volkes tragen, so ist das Regime nicht weniger verantwortlich, denn es hat das Embargo für seine eigenen Zwecke ausgenützt. Das Ziel des Regimes war es, weiterhin verbotene Waffen zu horten und den Unterdrückungsapparat zu verstärken.

Das irakische Regime hält große Mengen an Lebensmitteln und Medikamenten zurück, die im Rahmen des UN-Programmes eingeführt werden und eigentlich der Bevölkerung zugute kommen sollen, um diese in den Golfstaaten oder anderen Ländern zu verkaufen. Weite Teile des Landes, vor allem im Mittel- und Südirak erhalten keinerlei Lebensmittel- oder Medikamentenlieferungen, was dazu geführt hat, dass sich die gesundheitliche Lage der Bevölkerung in diesen Gebieten ständig verschlechtert, während es den Menschen in jenen Gegenden, aus denen die führenden Mitglieder des Regimes stammen, sehr gut geht. Ein Hinweis dafür ist, dass in allen offiziellen Medienberichten über die katastrophalen Auswirkungen des Embargos diese reichen Landstriche nicht erwähnt werden.

Nach Rechnung der Vereinten Nationen stehen drei Milliarden Dollar für den Ankauf von Lebensmitteln zur Verfügung, doch das Regime wendet nur wenig davon auf, um Lebensmittel und Medikamente zu importieren. Zwei Ziele werden damit vom Regime verfolgt: erstens bestimmte Gebiete absichtlich nicht mit Medikamenten zu beliefern und zweitens, diese Gelder solange zurückzuhalten, bis das Embargo aufgehoben wird, um sie dann nach eigenem Gutdünken ausgeben zu können.

Wenn dieses Embargo so unmenschlich ist, dass internationale Organisationen und Institutionen seine Aufhebung fordern, warum haben dieselben nicht schon längst ein Ende der Gewalt, der Folter und der Hinrichtungen innerhalb und außerhalb der Gefängnisse und ein Ende der Unterdrückung gefordert, unter der das Volk seit der Machtübernahme des Regimes im Jahr 1968 bis zum heutigen Tag leidet.

Abgesehen von den verheerenden Kriegen, in die das Volk gestürzt wurde, und denen Hunderttausende Iraker zum Opfer fielen, wurde auch der Wirtschaft des Irak und der Nachbarländer erheblicher Schaden zugefügt. Darüber hinaus hat das Regime in allen Parteien sowie politischen und kulturellen Institutionen Säuberungen durchgeführt, ganz zu schweigen von den Verhaftungen, der Folter und den extralegalen Hinrichtungen, für die es genug Beweise gibt, da das Regime sich nicht scheut, diese Gräueltaten bekannt zu machen.

Es werden drakonische Maßnahmen ergriffen, um die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen, wie etwa das Abschneiden von Zungen und Ohren oder Brandmarkungen der Stirn. Frauen werden unter dem Vorwurf der Prostitution geköpft, Familienmitglieder von Oppositionellen vergewaltigt und dabei auch noch, zum Zwecke der politischen Erpressung, fotografiert. Die Gefängnisse werden mittels zahlloser Hinrichtungen "gesäubert", um Terror zu verbreiten und andererseits der steigenden Zahl von Gefangenen Herr zu werden. All diese Gräueltaten haben dazu geführt, dass über drei Millionen Iraker geflüchtet sind, um in anderen Ländern Schutz zu suchen.

Die Forderung nach Aufhebung des Embargos beruht zweifellos auf dem aufrichtigen Wunsch, dem Leid der irakischen Zivilbevölkerung ein Ende zu setzen. Aber selbst wenn diese Forderung realistisch wäre und größeren Einfluss hätte, so muss man das Problem doch von allen Seiten betrachten, denn den Preis muss immer das irakische Volk bezahlen. Wenn nur das Embargo aufgehoben wird, ohne den Verursacher, nämlich das Regime, zu beseitigen, so wird das Volk nur noch mehr zu leiden haben. Das Volk wird erst aufatmen, wenn das Regime gestürzt ist und eine demokratische Regierung etabliert wird, die die Menschenrechte achtet und gute Beziehungen zu den anderen Ländern pflegt.

Der Autor

ist Repräsentant des Obersten Rates der Islamischen Resistance im Irak, Büro Wien und Berlin.

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