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Das Wort ist Fleisch geworden

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DER HISTORISCHE JESUS UND DER CHRISTUS UNSERES GLAUBENS. Eine katholische Auseinandersetzung mit den Folgen der Entmythologisierungstheorie. Von Kurt Schubert. Herausgegeben im Auftrag des katholischen Akademikerverbandes der Erzdiözese Wien. Verlag Herder, Wien-Freiburg-Basel, 1962. 287 Seiten. Preis 125 S.

Die längst fällige, vom Fachtheologen In langer Vorarbeit bereits geleistete Auseinandersetzung mit Bultmanns, des protestantischen Theologen, Entmytholigisie-rung der Evangelien wird hier dem interessierten und gebildeten Katholiken in übersichtlichen Studien dargelegt. Das Buch ist aus Vorträgen und Tagungen des katholischen Akademikerverbandes, Wien, hervorgegangen, die vom Herausgeber, Univ.-Prof. Kurt Schubert, geleitet wurden. Von Bultmanns Theorien über die Begründung unseres Glaubens an Jesus Christus sind viele beeinflußt, bis herab in gläubige Laienkreise, ohne jedoch immer klar über das Anliegen Bultmanns Bescheid zu wissen, oder gar Rede und Antwort stehen zu können. So arbeitet Wolfgang Beilner in seinen Beiträgen Quintessenz der Entmythologisierungstheorie heraus und führt in die berechtigte Problematik, die sie ausgelöst hat, ein. So sehr uns heute klar ist, daß zum Beispiel die Genesis-Berichte über die Weltschöpfung nicht wörtlich als Historie zu verstehen sind, sowenig kann die Historizität der Evangelienberichte ausgeklammert werden, zugunsten einer bloß „existentialen Interpretation“, wie sie Bultmann anstrebt. Sicher, die Evangelisten, die ganze Ur-kirche, berichten nicht alleinige historische Ereignisse, sondern bezeugen ihren Glauben an Christus, jedoch unter Einschluß des historischen Jesus, der dieser Christus des Glaubens ist. Vom historischen Jesus kann und darf der Christus des Glaubens nicht getrennt werden. Der „Auferstandene“ ist identisch mit dem handelnden und leidenden Jesus von Nazareth. „Gewiß kann diese Identität nur der Gläubige ganz erfassen, aber gerade die historische Arbeit an den Quellen — also vor allem die Evangelien, aber überhaupt das ganze Neus

Testament — zeigt uns doch immer wieder in der erwünschten Klarheit, wie sich der historische lesus in einer Weise vorgestellt hat, die wenigstens die begriffliche Voraussetzung für die Verkündigung vom Erhöhten bietet.“

So müssen also die Berichte vom Leben, Wirken und Reden Jesu bewußt historisch verstanden werden, weil sie selbst es so wollen. Das zu übersehen oder zurückzudrängen, wäre Gnostizismus oder, wie Schubert in der Einleitung sagt, Neo-doketismus, gegen den sich gerade das vielberufene Johannes-Evangelium schon in seinem ersten Kapitel wendet: Und das Wort ist Fleisch geworden. Wir können daher, sagt Schubert, die Frage und das Bedürfnis nach der auch historisch gesicherten Gestalt lesu nicht als unerlaubten Wunsch nach materieller Sicherung unseres Glaubens abtun; „denn dem heilsgeschichtlichen Verständnis muß vollzogene Geschichte zugrunde liegen... Würde die Heilsgeschichte historisch gesehen gegenstandslos sein, dann wäre sie auch für unseren Glauben gegenstandslos.“

Die Autoren des vorliegenden Werket arbeiten keineswegs mit aggressiver oder billiger Polemik, sondern leisten gründliche, sachliche Arbeit. Die Studien zu den Synoptikern, zum Christusbild des Johannes-Evangeliums und der Paulus-Brief bieten ungemein anregende Einsichten für Studium und Betrachtung des Neuen Testaments. Kein für die Zeitproblematik aufgeschlossener Christ sollte sich diese Neuerscheinung entgehen lassen. Sie wird ihm, wie gesagt, Antwort auf die Schwierigkeiten seiner Zeitgenossen geben und neues Verständnis der Evangelien und seines Christusbildes vermitteln.

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