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Die Katholische Aktion — morgen

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Auf dem Konzil ging es bisher wesentlich um ein Selbstverständnis der Kirche. Dieses wurde gefunden und niedergelegt in der dogmatischen Konstitution über die Kirche, die von den Konzilsvätern fast einstimmig beschlossen wurde. Daß damit aber noch nicht alle Aufgaben bewältigt sind, die sich das Konzil in diesem Zusammenhang gestellt hat, beweisen die noch nicht beschlossenen Schemata, vor allem jenes, das sich mit Fragen der Kontaktnahme mit der Welt von heute befaßt. Allerdings, auch diesbezüglich sind bereits drei Schwerpunkte erkennbar: das, was wir unter Aggiornamento verstehen, dann die beabsichtigte Öffnung an die Welt unserer Tage und drittens die Bereitschaft zu einem Gespräch mit ihr.

Die Katholische Aktion, die im Dienste der Hierarchie steht, muß es als ihre dringlichste Aufgabe ansehen, Idee und Wollen des Konzils an die Welt von heute heranzubringen, an jene Welt, in der wir leben und der wir ebenso angehören wie der Kirche. Daher muß sich die Katholische Aktion gleichfalls erneuern oder besser gesagt mitreißen lassen von dem Erneuerungswillen der Väter des Konzils. Daß dazu vielfältiger Anlaß besteht, darüber gibt es wohl keine Meinungsverschiedenheit. Sie wird sich stark anpassen müssen an die Gegebenheiten unserer Zeit, um wirksam werden zu können. Sie wird zweitens ihre Tore weit aufmachen müssen, denn das allein bewahrt nämlich vor selbstgefälliger Abkapselung, vor dem Getto, was sehr bald zustande kommen kann, auch wenn die Katholische Aktion noch so aktiv wäre. Allerdings kann es sich weder um eine Öffnung nach rechts noch um eine solche nach links, sondern nur um eine Öffnung überallhin handeln. Letztlich wird die Katholische Aktion das große Gespräch mit der Welt und der Menschheit unserer Tage beginnen müssen. Dafür ist sie eigentlich geschaffen worden. Je mehr Kontakte mit der Welt vorhanden sind, um so weniger Erfolglosigkeit der Arbeit der Katholischen Aktion dürfte gegeben sein. Selbstverständlich gilt bei dieser schwierigen Arbeit um so mehr die Mahnung des Apostels: „Macht euch der Welt nicht gleichförmig!“

Die Katholische Aktion von Wien — das darf in aller Bescheidenheit gesagt werden — hat sich schon vor dem Konzil einer Selbst-prüfung unterzogen und — geleitet von dem eigens gewählten Jahresthema „Dasein in Christus, Dasein in der Welt“ — die Richtung für ihre zukünftige Arbeit abgesteckt. Sie hat das auch deshalb getan, weil sie um die Gesinnung ihres Bischofs wußte, dem nichts so sehr widerstrebt als bloß theoretische Gespräche, die unweigerlich zu einem Leerlauf der Katholischen Aktion seiner Diözese geführt hätten.

Gemäß diesem Jahresthema konnte in der Folge manches in die Wege geleitet werden. Vieles ist allerdings noch zu tun, vor allem dann, wenn die Katholische Aktion von Wien im Sinne der Botschaft der Konzilsväter an die Welt wirksam werden will. Auf einige aktuelle Problemkreise der Gegenwart möchte dieser Artikel im Sinne des vorhin Gesagten hinweisen.

„Religiöse Selbstversorger“

Die wohl erste Aufgabe wird es sein, immer mehr Katholiken für eine apostolische Tätigkeit zu gewinnen. Denn nach wie vor schließt sich leider ein bedeutender Teil selbst jener aus, die man noch als praktizierend bezeichnet. Sie drücken sich vor jeder Verantwortung, weil sie möglichst ungeschoren — gewissermaßen als „religiöse Selbstversorger“ — ihrem ewigen Ziel zustreben wollen. Wenn auch schon die Jugend, ja selbst Kinder — selbstverständlich in angepaßter Weise, und das noch zielstrebiger als bisher — für die Aposto-latsarbeit gewonnen werden müssen, die Hauptlast der Verantwortung kommt eindeutig den Männern und Frauen zu. Auf diese Verantwortung, insbesonders auch um den Aufbau einer lebendigen Pfarrgemeinde, will der „Tag des Apostolates“ hinweisen, der nun alljährlich im Herbst stattfinden wird. Ohne Zweifel bedarf es — um die Arbeit der Katholischen Aktion zu intensivieren — in naher Zukunft auch einiger struktureller Änderungen. Es wird nach wie vor unsere größte Sorge sein müssen, eine möglichst lückenlose Überleitung der Jugend in die Erwachsenengliederungen der Katholischen Aktion zuwege zu bringen. Dazu bedarf es nicht nur eines gewissenhaften Studiums aller damit zusammenhängenden Fragen, sondern wohl ganz sicher auch einiger organisatorischer Entscheidungen. Zehntausende, die in ihrer Jugendzeit eifrigst in der Katholischen Jugend mitgearbeitet haben, sind den Erwachsenengliederungen verlorengegangen. Ob sie jemals noch erfaßt werden können? Die Schaffung eines Verbandes ehemaliger Mitglieder der Katholischen Jugend könnte mit ziemlicher Sicherheit noch manche Männer und Frauen wenigstens in irgendeiner Form aktivieren.

Übrigens muß bei dieser Gelegenheit wieder gesagt werden, daß für den großstädtischen

Bereich bei der Jugend zwei Gliederungen nicht ausreichen können. Die erwartete sogenannte dritte Gliederung könnte sehr wohl auch ein „Gesicht“ haben. Ganz sicher aber muß man ihr bei der Überleitung in die Erwachsenengliederungen eine besondere Funktion zuerkennen. Der diesbezügliche organisatorische Akzent sollte in Zukunft überhaupt mehr auf die vertikale Verbindung der Gliederungen gelegt werden. Es bestehen ja z. B. schon zwischen der studierenden Jugend, der Hochschuljugend und dem Akademikerverband wertvolle und hoffnungsträchtige Ansätze.

Ein Kapitel für sich sind die nicht unbeträchtlichen Mitgliederverluste, die infolge der Abwanderung von ländlichen Bereichen in die Großstadt Zustandekommen. Man sollte überlegen, ob nicht neben einer strafferen Handhabung des Meldesystems, die Gründung von „Landsmannschaften“ ins Auge gefaßt werden sollte. Die systematische Abgabe von Verantwortung an die Dekanatsstellen, die viel überschaubarer sind als Diözesanstellen, würde die Ergiebigkeit der bisherigen Arbeit multiplizieren.

Die Tatsache, daß die Katholische Aktion gemäß ihrem Statut ihre Tätigkeit im Dienste der Hierarchie und von ihr beauftragt ausübt, ist der Grund für zwei extreme Fehlhaltungen im Bezug auf die Mitarbeit in der Katholischen Aktion. Einige sind der Ansicht, es sei eines mündigen und fähigen Katholiken unwürdig, in einer solchen Bewegung mitzuarbeiten. Andere wieder werden jedoch nur aktiv, wenn eindeutige Aufträge vorliegen. Diese verhängnisvollen Mißverständnisse müssen so rasch als möglich abgebaut werden. Eine wache Katholische Aktion, die die Sorgen und Anliegen des Bischofs kennt, wird auch ohne Auftrag wissen, was hier nun zu tun ist, und das auch anstreben.

Das Problem des politischen Engagements

In diesem Zusammenhang sei auf ein Thema hingewiesen, das in letzter Zeit heftig, aber vielfach sehr unsachgemäß diskutiert wurde. Nehmen wir endlich einmal zur Kenntnis: Auf Wahlempfehlungen seitens der Bischöfe werden wir in Hinkunft umsonst warten. Daß aber die Bischöfe an der Mitarbeit der Katholiken in allen Bereichen des öffentlichen Lebens interessiert sind, ja eine solche sogar von den Katholiken erwarten, ist mehr als einmal klar und deutlich ausgesprochen worden. Nicht nur die Katholiken im allgemeinen, sondern auch die Katholische Aktion im besonderen, wird in diesem Sinne ihre Tätigkeit forcieren müssen. Selbstverständlich arbeiten wir mit ganzer Hingabe dafür, daß sich immer mehr Menschen zu Christus bekennen und Seinen Weg auch gehen. Aber den seelsorglichen Aspekt allein zu sehen, ohne sich auch mit der Durchschlagskraft der Katholiken in allen Fragen des öffentlichen Lebens zu befassen, würde wohl nicht genügen. Ganz gleichgültig, ob das Konzil eine neue Definition der Katholischen Aktion festlegt, es wird immer zu ihren Aufgaben gehören, die Ver-christlichung von Menschen und Sachbereichen anzustreben. Sachbereiche aber sind fast alle Bereiche des öffentlichen Lebens.

Die Katholische Aktion Österreichs hat dies ja auch erkannt und in ihrer Programmierung hinsichtlich der Politik ausdrücklich festgestellt, daß sie ihren Mitgliedern und dem Katholischen Volk gegenüber folgende Aufgabe hat: „Betonung einer grundsätzlichen Gewissenspflicht zu einer politischen Entscheidung und zu politischem Handeln. Ermunterung der Katholiken zur Übernahme konkreter politischer Verantwortung nach Maßgabe der situationsbedingte Dringlichkeit und der persönlichen Fähigkeiten.“ Das unterstreicht auch eine kürzlich erfolgte Feststellung von Anton Burghardt, der sagt: „Für den christlichen Laien aber, der in seinen Entscheidungen von seinem Gewissen programmiert wird, ist ein Engagement in der Politik nicht etwa fragwürdiges Tun, sondern eine Form von Werkfrömmigkeit.“

Es ist zweifellos zu wenig, auf großen Konferenzen Programme und Stellungnahmen festzulegen, wenn die Inhalte derselben und die damit verbundenen Beauftragungen nicht jedes Mitglied der Katholischen Aktion, und darüber hinaus in irgendeiner Form jeden Katholiken innerlich bewegen.

Wer meint, das öffentliche Leben könne ent-ideologisiert werden, der begibt sich auf einen gefährlichen Weg. Ja, ich für meine Person möchte sogar der jüngst geäußerten Meinung des französischen Sozialistenführers Mollet widersprechen, der erklärt hat: „Man wird mir vielleicht einwenden, daß ich die christlichen Demokraten vergessen hätte. Aber ich spreche ja von politischen und nicht religiösen Familien. Menschen, die an den gleichen Gott glauben, treffen sich in der gleichen Kirche. Ich sehe nicht ein, warum sie sich in der gleichen Partei treffen sollen.“

Unser Bischof hat mehr als einmal darauf hingewiesen, daß die Kirche öffentliches Gewissen des Volkes sein will. Daß sie das sein kann, dafür zu arbeiten, ist ganz sicher ehrende und verpflichtende Aufgabe der Katholischen Aktion.

Die Eingemeindung der Fernstehenden

Ein aktueller Problemkreis zukünftiger Arbeit der Katholischen Aktion unserer Erzdiözese ist die Koordinierung und Konzentrierung aller Bemühungen um die Gewinnung der der Kirche Fernstehenden. In dieser Richtung ist in den letzten Jahren sicher viel geschehen. Und die bisherigen Erfolge spornen zweifellos zu einem Weitergehen auf dem eingeschlagenen Weg auf. Seit der Einführung der Tauf- und Mütterbriefaktion der Katholischen Frauenbewegung bleibt keine Familie mit einem neugeborenen Kind unbesucht, ja die Besuche geschehen Jahre hindurch — bis zur Schulreife des Kindes. Und die Katholische Männerbewegung hat sich zu Hausbesuchen bei den Eltern der Erstkommunikanten entschlossen.

Nicht unerwähnt möge die Einrichtung der Eheseminare bleiben. Wenn in den Pfarren in Hinkunft diesbezüglich systematisch vorgegangen wird, kommen wir hundertprozentig wenigstens mit jenen in ein Gespräch, die ihre Ehe als Sakrament leben wollen. Der vielfach geäußerte Wunsch, einige Jahre nach der Eheschließung den Dienst eines Familienseminars anzubieten, sollte bald seine Verwirklichung finden.

Bei dem Bemühen um die Eingemeindung von der Kirche Fernstehenden, kann das Bildungswerk in Hinkunft ganz sicher noch wirksamere Dienste leisten, wenn es gelingt, auch die Dekanats- und Pfarrbildungswerke zur Abhaltung interessanter und qualitativ wertvoller Veranstaltungen aufzumuntern.

Daß die Kontakte von der anderen Seite auch tatsächlich gesucht werden, beweist die starke Inanspruchnahme des neu eingerichteten Katholischen Informationsdienstes, der in der nächsten Zeit an und für sich und auch durch Schaffung von Filialstellen ausgebaut werden sollte. Dies bestätigen auch die positiven Erfahrungen, die in der Ausstellung „Rufer in der Zeit“ gewonnen wurden. Fast übereinstimmend ist dort von Fernstehenden und Praktizierenden der Wunsch nach Errichtung von Informations- und Aussprachemög-

lichkeiten mit Interesse geäußert worden.

Voraussetzung für eine fruchtbare Kontakt-nahme mit den der Kirche Fernstehenden ist allerdings die Schaffung der brüderlichen Gemeinde der Christen. Gerade dieses Anliegen wird die Katholische Aktion in den nächsten

drei Jahren beschäftigen. Erst das Vorhandensein einer solchen wird unsere Bemühungen glaubhaft machen.

Dank und Glückwunsch an den Bischof

Die wohl markanteste Tatsache des zwei-

ten Vatikanums ist die aktive Mitarbeit der Laien. Dadurch ist das Konzil tatsächlich zur Versammlung des ganzen Volkes Gottes geworden. Die Konzilsväter nehmen das gerne zur Kenntnis und lassen sich bereitwillig von den Laien beraten.

Unter diesen Konzilsvätern ist einer, der schon Jahre vor dem Konzil eine große Anzahl Laien zu seinen Mitarbeitern erwählt hatte. Er bringt ihren Anregungen und Vorschlägen größtes Verständnis entgegen und zieht sie gerne zu Rate. Es ist dies Kardinal König, dessen 60. Geburtstag gerade auch der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien eine willkommene Gelegenheit bietet, für dieses Vertrauen zu danken. Ihre herzlichen Glück-und Segenswünsche an ihren Bischof verbindet sie — das kann ich als ihr Geistlicher Assistent wohl bezeugen — mit der Bekundung der Bereitschaft, zusammen mit ihm auch weiterhin im Geiste Jesu Christi zu wirken, im Heute wie im Morgen.

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