6860748-1977_35_10.jpg
Digital In Arbeit

Miteinander Kirche sein

Werbung
Werbung
Werbung

Die vom 2. bis 5. September stattfindende 30. Jahrestagung der GKE steht unter dem Leitwort „Miteinander Kirche sein“ und will die Gespräche und Übungen der vorjährigen Tagung fortsetzen, weil - wie es in deę Einladung heißt - „wir glauben, daß wir, die wir uns Christen nennen, es nur werden können, wenn wir miteinander Kirche sind. Die Frage nach der Kirche wird uns neu gestellt: von der Jugend, den politischen Parteien im Gespräch mit der ,Amtskirche’, von dem Humanisten, den Marxisten und von der Dritten Welt. Vor allem aber geht es um das Selbstverständnis der Kirche, das heißt, wie sie sich selber versteht in der Welt von heute - Mißverständnisse gibt es noch genug, innerhalb und außerhalb der Kirche.

Was verstehen wir aber unter Kirche? Was ist sie uns wirklich, leibhaftig, heute? Was sagt uns die Bibel über sie? Das Zweite Vatikanische Konzil? Kirche als Lebewesen (Organismus) und als Institution (Organisation). Kirche an der Basis (Wir selbst sind Kirche) und als Großlebewesen (Pfarre, Dekanat, Diözese), in der Geschichte (Gesellschaft, Staat, Welt).“

Die Erziehergemeinschaft versteht sich als Kirche im kleinen. Sie will daher in Gruppengesprächen, die von Impulsreferaten (Univ.-Prof. Dr. Philipp Harnoncourt, Dr. Friedrich Smola und Prof. Heribert Diestler) eingeleitet werden, das Miteinander- Kirche-sein (in Diözese, Dekanat, Pfarre, Gruppe und Berufsstand) bedenken und einüben. Bischof Johann Weber wird das „Gespräch über die Kirche“ eröffnen.

Papst Paul VI. schloß das Zweite Vatikanum mit dem Wunsche: Wir müßten die Dokumente studieren und anwenden. Das sei Pflicht und Glück der nachkonziliaren Zeit. Auch einer der Moderatoren des Konzils, der Münchner Kardmakėepfner, empfahl ein geduldiges £fcacHurrt,,’ėme Interpretation der Texte und die Weiterführung der römischen Gespräche. Haben wir die vom Papst gewünschte Pflicht ernstgenommen? Sind wir glücklich über das, was uns das Konzü gebracht hat?

Offene Fragen

Es war vorauszusehen, daß die Interpretation der Beschlüsse einer der größten Kirchenversammlungen in der Kirchengeschichte und die Weiterführung der Konzilsgespräche nicht ohne Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen, ja auch nicht ohne Streit vor sich gehen werden. Es gab auf dem Konzil verschiedene Meinungen, die sich nicht durchsetzen konnten, und Fragen, die offen bleiben mußten und daher in der Kirche weiterbohren, aber im Geiste der Brüderlichkeit geklärt werden müssen, ohne daß es Sieger und Verlierer gibt.

. Wir haben (Laien wie Kleriker) an der Basis das Studium und die pastorale Anwendung zu wenig ernstge- nömmen, ja oft damit nicht einmal begonnen (und das zwölf Jahre nach dem Konzil!). Es sind nicht wenige, die hinter das Konzil zurücklaufen wollen und zum Rückzug blasen. Sie klagen über Erscheinungen (Priestermangel, Rückgang des Kirchenbesuchs, Verfall der Moral), die längst vor dem Konzil begonnen haben und auf Versäumnisse und Fehler vergangener Epochen zurückzuführen sind und gerade durch Reformen in der Seelsorge überwunden werden können. Andere wieder sind nach einem Überschwang der Erwartungen enttäuscht und resignieren oder gehen in den Untergrund. Ein Teil des älteren getreuen Kirchenvolkes besitzt ein von der Pastarai anerzogenes statisches Kirchenbild (von dem starren „Felsen“ und der „festen Burg“), so daß sie von der gegenwärtigen Unruhe (sie sagen „Verwirrung“) wie die kleingläubigen Jünger im Sturm auf dem See Geneza- reth erschreckt werden. Haben nicht die Konzilsväter aus Rom ein anderes, ein neues Kirchenbild heimgebracht: die durch die ruhelose Zeit wandernde Kirche, das im Sturm bedrohte Schiff, in dem der Herr mitten unter seinen Jüngern sitzt?

Auf der Seggauer Tagung versucht im Vertrauen auf ihren Herrn eine kleine unverzagte Schar von Erziehern, für ihren nächsten kleinen Bereich, der ihnen zusteht und für den sie unmittelbar verantwortlich sind, miteinander ihre Position in der Kirche, die sie zugleich selber sind, zu prüfen und reale Aufgaben für das kommende Arbeitsjahr zu stellen. Sie wollen miteinander Kirche sein, und zwar im Sinne der Schlußworte der Pasto- ralkonstitution über „Die Kirche in der Welt von heute“: „Die Kirche will allen Menschen unserer Zeit helfen, ob sie an Gott glauben oder ihn nicht ausdrücklich anerkennen, ihre Berufung klarer zu erkennen, die Welt entsprechend der hohenWürdedes Menschen zu gestalten, eine weltweite und tiefer begründete Brüderlichkeit zu erstreben und aus dem Antrieb der Liebe im hochherzigen gemeinsamen Bemühen den drückenden Erfordernissen unserer Zeit gerecht zu werden;“

Kein Lehrerverein

Die Gemeinschaft katholischer Erzieher in der Steiermark ist kein aus den Jahren vor 1938 restaurierter Verein. Sie ist entstanden aus dem Elan katholischer Laienbewegung in der NS-Zeit, aus persönlicher Initiative im bedrohten kirchlichen Raum. Unmittelbar nach der Wiedergeburt Österreichs 1945 kopnte der Arbeitskreis als „Gemeinschaft katholischer Erzieher“ in Erscheinung treten. Sie wurde vom pädagogischen Eros der Jugendbewegung inspiriert. Das wurde ihr mitunter vorgeworfen, man bespöttelte ihren .jugendbewegten“ Stil. Aber die Jugendbewegung hat an der Erneuerung der Kirche und an der Entwicklung der Katholischen Aktion in Österreich einen guten Anteil.

Die GKE weiß sich aber auch anderen geistigen Vätern verpflichtet. Vor allem waren es im ersten Jahrfünft die Beuroner Benediktiner der Abtei Seckau, die ihren religiösen Lebensstil geformt habert, „Sie war die erste, Laiengruppe, die die aus der Verbannung heimgekehrten Mönche im Namen der Heimat begrüßte. An die Sek- kauer Zeit schlossen sich die Tagungen im Volksbildungsheim St. Martin (dem Zentrum steirischer Volksbildung) und seit 15 Jahren in Schloß Seggau, wo sich jährlich in der ersten Septemberwoche etwa 150 bis 200 Erzieher mit ihren Familien versammeln.

Die GKE war immer grundsätzlich eine Erziehergemeinschaft und kein Lehrerverein. Sie vereinigt Erzieher aus allen Bildungsanstalten, aus allen Teilen des Landes und darüber hinaus und zählt gegenwärtig etwa 1100 Mitglieder und einige hundert Freunde. Die junge Lehrerschaft ist stark vertreten; den Nachwuchs bringt vor allem die diözesane Pädagogische Akademie. Die „Werkblätter“, die Zweimonatsschrift der EG, die bereits im 30. Jahrgang erscheint, werden an 1350 Bezieher versandt Ein nicht geringer Teil der Gemeinschafter hat, wie sie selber versichern, durch die Gemeinschaft ihren religiösen Standort und die lebendige Beziehung zur Kirche gewonnen. Die GKE hat freilich auf bloße Mitgliedschaft keinen besonderen Wert gelegt. Weü sie weder parteipolitisch noch gewerkschaftlich gebunden ist (was dem einzelnen aber nicht die persönliche Entscheidung erspart) und keine materiellen Vorteile bieten kann, ist sie keine Massenorganisation geworden.

Im vergangenen Jahr - immer mehr Mitglieder der Gemeinschaft stehen gleichzeitig in einer der neuen apostolischen Bewegungen (Rocca di Papa, Cursillio, Fokolare, Charismatische Bewegung) - machte die GKE den Versuch, ihre Jahrestagung dem Mitarbeiter Pater Lombardis, dem Leiter der deutschsprachlichen „Kurse für eine Bessere Welt“) im Bildungshaus Rocča di Papa bei Rom, Franziskanerpater Wolfgang Heiß, anzuvertrauen. Sie wurde eine intensive, ganz auf Gruppenarbeit, Meditation und Gebet aufgebaute Tagung. Sie stand unter der Motivation: „Miteinander Christ sein! Zum Menschsein braucht man Freunde, zum Glauben braucht man sie auch.“

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung