Digitalisierung ist nicht alles
Zu den größten Spitalsbetreibern Österreichs gehören die Orden. Sie schließen nicht nur eine Lücke in der Gesundheitsversorgung, sie bieten auch medizinische Spitzenleistungen. Und das Menschliche bleibt zentral.
Zu den größten Spitalsbetreibern Österreichs gehören die Orden. Sie schließen nicht nur eine Lücke in der Gesundheitsversorgung, sie bieten auch medizinische Spitzenleistungen. Und das Menschliche bleibt zentral.
Es ist später Nachmittag. Silvia S. kommt vom Zimmer, in dem ihr Lebensgefährte liegt. Sie wirkt erleichtert. Der urologische Eingriff bei ihm dauerte nicht lange, und er befindet sich bereits auf dem Weg der Besserung. Am Wochenende wird er das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien wieder verlassen können. S. ist einer von über 500.000 Patienten, die jedes Jahr in einem Ordensspital stationär behandelt werden; ambulant sind es über 1,2 Millionen: "Ich war davor schon in mehreren Spitälern, aber in diesem fühle ich mich am besten aufgehoben", erzählt Silvia S. Für sie sei es das gewisse Etwas, das die Atmosphäre hier ausmache und die sie nur schwer in Worte fassen könne.
Über 23 Ordensspitäler gibt es derzeit in Österreich, acht davon in Wien. Sie sind die größten privat-gemeinnützigen Anbieter stationärer Krankenbehandlungen in Österreich. Jedes fünfte Spitalsbett steht heute in einem Ordenskrankenhaus; in Oberösterreich sogar jedes zweite. Über 21.000 Mitarbeiter arbeiten in den jeweils rechtlich selbständigen Einrichtungen.
Im Mittelalter lag die Krankenpflege fast ausschließlich in den Händen von Orden, Bruderschaften und kirchlichen Stiftungen. Das erste Spital auf dem Gebiet des heutigen Österreichs wurde im Jahre 1203 vom Deutschen Orden in Friesach gegründet.
Vom Rand in die Mitte
"In unserer täglichen Arbeit leben wir die Werte der Barmherzigen Brüder, Qualität, Respekt, Verantwortung und Spiritualität sowie den zentralen Wert, die Hospitalität -die christliche Gastfreundschaft", sagt der Gesamtleiter der Barmherzigen Brüder, Helmut Kern."Unsere Ambulanzen stehen auch Menschen ohne Krankenversicherung offen." Der heilige Johannes von Gott, Ordensgründer der Barmherzigen Brüder, habe zu seinen Lebzeiten niemanden abgewiesen. "Und so halten wir es heute noch", sagt der Gesamtleiter. In der Armen-Ambulanz des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Wien werden beispielsweise jährlich rund 65.000 unversicherte Patienten behandelt.
"Ordensspitäler erwirtschaften keine Gewinne -sie dienen dem Gemeinwohl", sagt Michael Heinisch, Leiter der Arbeitsgemeinschaft Ordensspitäler (ARGE), einem Zusammenschluss der von Frauenund Männerorden geführten Gesundheitseinrichtungen. Diese besteht seit dem Jahr 1978. Die ARGE soll nicht nur die medizinische Zusammenarbeit der Ordensspitäler verstärken und vertiefen, sondern sich auch mit der Seelsorge auseinandersetzen. Regelmäßig treffen sich etwa die Seelsorger der Einrichtungen und tauschen sich untereinander aus. "Wir haben daher eine christliche DNA, die uns alle verbindet", betont Heinisch: "Weil unsere Spitäler von Orden gegründet wurden und heute von ihnen getragen werden."
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!