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Spitäler vor dem Konkurs?

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Die sozial-karitativen Einrichtungen der Kirche werden durch wirtschaftspolitische Tendenzgesetze in Frage gestellt.

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Die sozial-karitativen Einrichtungen der Kirche werden durch wirtschaftspolitische Tendenzgesetze in Frage gestellt.

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Die sozial-karitativen Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft (Orden, Caritas, Diözesen), insbesondere die Ordensspitäler, sind seit eh und je ein sensibler Wirtschaftsbereich. Durch diese Einrichtungen leistet die Kirche einen beachtlichen Dienst an der Gesellschaft für die Bürger des Landes, wird aber in der finanziellen Abgeltung der Leistungen in die zweite und dritte Linie gedrängt.

Davon sind besonders Ordensspitäler betroffen, die zwar gemeinnützig (= non profit Hospital) geführt werden, aber nicht das Öffentlichkeitsrecht besitzen. Sie haben keinen Rechtsanspruch auf eine volle Subventionierung oder Dek- kung des Betriebsabganges, sondern stehen immer öfter als „Subventionsbettler“ in den Vorzimmern der verschiedenen Geldgeber der Öffentlichen Hand, bei Bund (Krankenanstaltenzusammenarbeitsfonds = KRAZAF), Land und Gemeinden. Dabei sind die 36 Ordensspitäler mit rund 17 Prozent aller Krankenhaus- leistungen sicher keine zu vernachlässigende Größe. Neue wirtschaftliche Belastungen stehen allen sozialkaritativen Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft mit dem EU-Beitritt ins Haus. Dadurch wird eine Anpassung des Umsatzsteuergesetzes an die Regelungen der Europäischen Gemeinschaft notwendig. Das neue Umsatzsteuergesetz sieht eine Befreiung von der Umsatzsteuer für Krankenhausleistungen vor, bringt aber auch den Wegfall der Vorsteuer mit sich. Für die Ordenskrankenanstalten bedeutet das Mehrkosten von 550 Millionen Schilling pro Jahr. ‘ Diese Bestimmung betrifft auch die privaten Alten- und Pflegeheime, die 35 Prozent aller Heimplätze stellen.

Noch härter trifft die Ordensspitäler freilich die Tatsache, daß das Finanzministerium die Vorsteuem für alle Investitionen in den letztenzehn Jahren zurückfordert. Für alle Krankenanstalten macht das immerhin 3,5 Milliarden Schilling aus. Während die Länder und Gemeinden für ihre Spitäler auf den Steuertopf zurückgreifen können, sehen sich die Ordensspitäler durch das neue Umsatzsteuergesetz in ihrer Existenz gefährdet, wenn nicht eine gesetzliche Regelung diese massiven finanziellen Belastungen abwendet.

Die „Sensibilisierungs-Kampagne“ hat bei allen politischen Entscheidungsträgern bisher nur soviel bewirkt, daß die entstehenden Probleme gesehen werden. Über die Zusage, daß das Parlament und die zuständigen Ministerien eine befriedigende Lösung finden werden, ist man noch nicht hinausgekommen und hat offenbar vor der Wahl auch gar nicht hinauskommen wollen.

Die Gesundheitseinrichtungen in Trägerschaft der Ordensgemeinschaften sind an der modernen Entwicklung voll beteiligt und in vielen Fällen Vorreiter in der Anwendung modernster Medizintechnik. Dabei ist im Pflegerischen und Organisatorischen schon vom religiösen Grundauftrag der Orden her an oberster Stelle die Achtung der Würde des Menschen und die ganzheitliche Sorge um den Patienten aufgegeben.

In diesem Verständnis haben auch die Pflege und der Beitrag zu einer neuen „Kultur des Sterbens“ ihren Platz. Die in England entstandene Hospiz-Bewegung hat auch bei den Ordensgemeinschaften in Österreich zu einer wegbereitenden Initiative geführt. Ein Ordensspital führt — trotz organisatorischer Probleme zu Beginn — eine Hospizstation, eine andere Gemeinschaft pflegt den Hospiz-Gedanken durch die Organisation einer Sterbebegleitung in den Privatwohnungen.

WACHSENDE NACHFRAGE

Die medizinischen, pflegerischen und administrativen Anforderungen in den modernen Gesundheitseinrichtungen sind von der ständigen Fortbildung der Mitarbeiter und den laufenden Innovationen in diesem Bereich abhängig. Nur durch rasche Anpassung em Ümweltveränderun- gerpan neue Technologien, Gesetze und Verordnungen kann es gelingen, auch in Zukunft zu bestehen.

Seit 1978 besteht die Arbeitsgemeinschaft der Ordensspitäler Österreichs. Die wirtschaftlichen Probleme, ihre politischen und legistischen Hintergründe und die Auswirkungen auf die Identität des christlichen Krankenhauses waren in all den Jahren Inhalt der Beratungen und der strategischen Planung. Das war der Anlaß, in Zusammenarbeit mit Fachleuten seit dem Jahr 1983 Kurse zu veranstalten, die unsere Führungskräfte für die zeitgemäßen Anforderungen in der Leitung der Gesundheitseinrichtungen in Österreich ausrüsten.

Wachsende Nachfrage und steigende fachliche Anforderungen haben am 1. Jänner 1992 zur Gründung einer eigenen Bildungsinstitution geführt, dem Institut für Aus- und Weiterbildung im Gesundheitsdienst, das seine Heimat im Bildungshaus St. Kamillus in Losensteinleiten, 4493 Wolfem/OÖ., hat.

Nur eine qualifizierte Ausbildung der Mitarbeiter besonders in leitenden Positionen wird die Ordensspitäler in die Lage versetzen, dem Auftrag Jesu an seine Jünger, „Heilt die Kranken und verkündet das Evangelium“ (Lukas 10,9), auch unter den erschwerten Bedingungen heute zu erfüllen.

Der Autorist Kamillianersuperior und Generalsekretär der Superiorenkonferenz.

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