Eine prägende Stimme des Christentums

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Der Tag seiner größten Niederlage war auch ein Tag des Triumphs: Denn dass ihm an jenem 18. Dezember 1979 die kirchliche Lehrbefugnis entzogen wurde, beendete die Karriere des Tübinger Dogmatikers Hans Küng keineswegs. Der gebürtige Schweizer konnte zwar nicht auf einem kirchlichen Lehrstuhl verbleiben, aber die Universität schuf für ihn das "Institut für ökumenische Forschung", das er bis zu seiner Emeritierung 1996 leitete und wo er auch sein "Projekt Weltethos" entwickelte, das auf der Überzeugung beruht, dass sich die Weltreligionen in wichtigen ethischen Fragen verständigen können. Auch als Bestseller-Autor blieb Küngs Popularität ungebrochen. Am 19. März feierte Hans Küng seinen 90. Geburtstag. - Als junger Priester steigt Küng zum theologischen Shootingstar auf. Bereits mit 31 -1960 - wird er Professor in Tübingen. Kurz darauf ernennt ihn Johannes XXIII. zu einem Berater auf dem II. Vatikanum. Nicht zuletzt auf seine Initiative nimmt auch ein anderer Konzilstheologe den Ruf nach Tübungen an: Joseph Ratzinger. Der verlässt aber 1968, dem Jahr der Studentenunruhen, die schwäbische Universität wieder, während Küng bleibt - und über die unmittelbare akademische Welt hinaus bekannt wird, weil er imstande ist, die großen Fragen der Menschen und die Antworten von Christentum und Kirche darauf verständlich zu formulieren. Sein Buch "Christ sein"(1974) wird ein erster großer Bestseller. Und weil sich Küng nicht scheut, auch seiner Kirche schmerzhafte Fragen zu stellen, - nicht nur, aber auch in Bezug aufs Papstamt -kommt er in einen Konflikt mit den Glaubenswächtern. Aber auch als nicht mehr "kirchlicher" Universitätsprofessor bleibt Hans Küng eine der prägenden Stimmen des Christentums weit über den deutschen Sprachraum hinaus. 2005, bald nach seiner Wahl zum Papst, lädt ihn Ex-Kollege Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. zum Gespräch in den Vatikan. Acht Jahre später kann er miterleben, wie mit Franziskus ein Mann zum Papst gewählt wird, der eine Kirchenvision vertritt, die an jene von Hans Küng herankommt. Gleichwohl fordert Küng 2016 Franziskus auf, das Unfehlbarkeitsdogma neu zu diskutieren; und der Papst hat ihm darauf geantwortet und nach Küngs Worten erklärt, "die verschiedenen Fragen, die das Dogma der Unfehlbarkeit aufwirft, im Licht der Heiligen Schrift und der Tradition theologisch zu diskutieren, um den Dialog mit der Ökumene und der postmodernen Gesellschaft zu vertiefen." Genau das fordert Küng schon seit Jahrzehnten.

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