EZB - © Foto: APA / dpa / Arne Dedert

Warum Wohlstand nicht vom Himmel fällt

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Auch in Zeiten der Transformation muss Wohlstand immer neu geschaffen werden. Ein Gastkommentar mit Blick auf Deutschland.

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Auch in Zeiten der Transformation muss Wohlstand immer neu geschaffen werden. Ein Gastkommentar mit Blick auf Deutschland.

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Im Jahr 2021 erhielt der neue deutsche Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) noch großen Applaus, als er ankündigte, die Soziale Marktwirtschaft in eine sozial-ökologische Marktwirtschaft umzubauen. Doch inzwischen befeuert seine Politik Abstiegsängste. Es zeigt sich, dass Wohlstand nicht vom Himmel fällt, sondern ständig neu geschaffen werden muss. Aber wie?

Der Schotte Adam Smith argumentierte einst, dass produktive Arbeit die Quelle des Wohlstands ist. Die Produktivität würde steigen, wenn sich Menschen spezialisierten, beispielsweise beim Anfertigen von Stecknadeln auf einzelne Arbeitsschritte. Smith sah keinen Widerspruch zwischen dem Streben nach dem persönlichen Vorteil und dem gesellschaftlichen Glück. Wenn der Bäcker Brot backe, um seine Familie zu ernähren, dann diene er auch der Gemeinschaft.

Baron de Montesquieu erklärte Freiheit in Europa mit der Topografie. In Asien hätten weite Ebenen große Reiche wie China und Indien und damit despotische Herrschaften begünstigt. In Europa hätten hingegen große Flüsse und Gebirge mittelgroßen Staaten das Überleben gesichert. Im Wettbewerb zueinander seien die europäischen Herrscher geneigter gewesen, den Menschen Freiheiten zu gewähren. Nach Alexis de Tocqueville seien deshalb die Ressourcen der Länder mehr zum Wohle des Volkes eingesetzt worden.

Der österreichische Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek sah im Wettbewerb den Nährboden für Innovation und Fortschritt. In einer Marktwirtschaft hätten die Unternehmen die höchsten Gewinne, die die attraktivsten Produkte am effizientesten produzierten. Aus dieser Sicht sind Privateigentum und Wettbewerb, welcher sich in Europa mit der industriellen Revolution stark beschleunigte, die Grundlage des heutigen Wohlstands.

Der große Aufschwung

Nach dem Zweiten Weltkrieg schufen die USA in der westlichen Hemisphäre wichtige Rahmenbedingungen für Wachstum und Wohlstand. Das Bretton-Woods-System stabilisierte die Währungen. Mit dem General Agreement on Tariffs and Trade (GATT) wurde der internationale Handel liberalisiert und so der Wettbewerb forciert. Die USA machten für ihre Marshall-Hilfen Währungsstabilität und Handelsliberalisierungen zur Bedingung.

In Westdeutschland hatte der Freiburger Ökonom Walter Eucken sieben konstituierende Prinzipien für eine marktwirtschaftliche Nachkriegsordnung formuliert, die in weiten Bereichen der Wirtschaft umgesetzt wurden. Eine Währungsreform beseitigte den großen Überhang wertloser Reichsmark, der den Wirtschaftsprozess störte. Der spätere Wirtschaftsminister Ludwig Erhard gab die Preise frei, was ein funktionsfähiges Preissystem ermöglichte. Die Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank sicherte auf Dauer die Währungsstabilität, da ihr die Finanzierung von Staatsausgaben verboten war. Monopole wurden entflochten, und ein Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen untersagte Kartelle, sodass die westdeutschen Märkte für neue Unternehmen offen waren. Das Grundgesetz sicherte Privateigentum, Vertragsfreiheit und das Haftungsprinzip: Die Unternehmen durften ihre Gewinne einbehalten, mussten aber auch Verluste selbst tragen. Ludwig Erhard sorgte für die Konstanz der Wirtschaftspolitik, damit Unternehmen vorausschauend planen und investieren konnten. Er habe als Bundesminister 80 Prozent seiner Kraft dazu verwendet, gegen Unfug anzukämpfen, merkte er später an.

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