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Digital In Arbeit

Zufriedenheit schafft Loyalität

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Loyal, engagiert und motiviert sollen Mitarbeiter sein. Wie fördern Arbeitgeber diese Eigenschaften? So richtig habe das Umdenken noch nicht eingesetzt, meint Alice Pasquali-Kosztandi.

Dauerhaftes Engagement und Loyalität bekommt ein Arbeitgeber letztlich nur dann, wenn er auch auf die Wertvorstellungen der Mitarbeiter eingeht.

Und hier nimmt die „Vereinbarkeit von Familie und Beruf" eine Spitzenposition in derWerteskala von Arbeitnehmerinnen ein. „Familienpolitik ist Unternehmensstrategie und macht sich daher bezahlt", lautet auch das Credo des deutschen Personalmanagers Artur Wollert. Nach dem nordamerikanischen Vorbild des „family friendly index" (Indikator für Familienfreundlichkeit) wollen die Deutschen ein „Familien-Audit" entwickeln. Eine Kosten-Nutzen-Analyse soll die Unternehmen anregen, auch zum eigenen Wohl an das ihrer Arbeitnehmer zu denken.

Die einfache Gleichung „zufriedene Mitarbeiter ist gleich erfolgreiches Unternehmen" macht sich in Osterreich das Projekt „Taten statt Worte" zunutze, das 1991 erstmals in der Steiermark durchgeführt wurde. „Familien- und Frauenfreundlichkeit", und damit eine neue Dimension der Unternehmenskultur will die Aktion erreichen, die von der steirischen ÖVP-Frauenpolitikerin Ridi Steibl Anfang der neunziger Jahre aus der Schweiz in die Steiermark geholt worden war. Seit 1991 beteiligt sich Wien an der Aktion, seit heuer auch Niederösterreich.

Der Begriff „frauen- und familienfreundlich" ist nicht nur umständlich, er versetzt das männerdominierte Management immer noch in Panik. Aus Angst vor ungerechtfertigt geförderter Konkurrenz, aus Trägheit oder dem Irrglauben, daß Familienförderung zuviel kostet. „Bis die Betriebe merken, daß es sich langfristig lohnt", meint Alice Pasquali-Kosztandi, Wiener Projektleiterin der Aktion „Taten

Kluge Firmen haben

es schon begriffen: Ein familienfreundliches Klima schafft engagierte, zufriedenere

Mitarbeiter(innen).

statt Worte", „denn Frauen sind meist treuere Mitarbeiterinnen als Männer." Und manche Aktionen kosten gar nichts, „außer dem Willen, loszulassen von Hierarchien und alten Strukturen".

Mit der Vergabe des Preises „Gläserner Schuh" an familien- und frauenfreundliche Arbeitgeber will sie die starren Strukturen der Arbeitswelt an die Bedürfnisse der Menschen anpassen. In Wien beteiligten sich bisher 65 Unternehmen an dem Wettbewerb. (In Anlehnung an das Märchen vom Prinzen, der - auf der Suche nach seinem eigenen Glück - dem Aschenputtel den Schuh nachtrug.) „Frauen-und Familienpolitik ohne Männer ist chancenlos", sagt Frau Pasquali-Kosztandi. Durch die Teilnahme am Wettbewerb sollen die „Betriebe zum Umdenken angeregt werden". Tatsächlich zeigen sich bei den Teilnehmern auch von Jahr zu Jahr Verbesserungen auf dem Gebiet der Familienfreundlichkeit.

Nicht nur wertvolle Firmenseminare und Jahresabos locken. Auch die Medienpräsenz als „familienfreundliches Unternehmen" motiviert so manches Management, die umfangreichen Fragebögen auszufüllen. Hier wird erkundet, wie es bei den Betrieben um Vereinbarkeit von Familie und Beruf und um Weiterbildungsund Aufstiegschancen für Frauen steht.

„Zufriedene Mitarbeiter lohnen sich sehr wohl", meint Pasquali-Kosztandi, „weil die Produktion steigt und man sich auf seine Arbeitnehmer verlassen kann." In den letzten Jahren sei sie „von Firmen buchstäblich bombardiert" worden, die sich Erfahrungen von preisgekrönten Betrieben holen wollten. Aber auch Frauen, die ge-

zielt in einem derartigen Unternehmen arbeiten möchten, haben sich im Club Alpha, der die Aktion „Gläserner Schuh" beherbergt, gemeldet.

Ein Preisträger von 1994 etwa, die Wiener Treuhandgesellschaft

Nidetzky & Partner, profitiert heute noch von seinem „Sozialimage". „Viele Frauen sind in Führungspositionen", hatten die Medien nach der Preisverleihung gemeldet, „die zudem auch in Teilzeit zwischen 25 und 35 Stunden ausgeübt werden - können. Wird ein Kind krank, gibt es unbegrenzten Pflegeurlaub, während dessen die Arbeit mit nach Hause genommen werden kann."

Eine Flut an Bewerbungen qualifizierter Fachleute langte ob dieser Kunde ein. Ein Personalbüro oder langwierige Ausschreibungen kann sich der Preisträger vorderhand sparen.

Wie findet die Jury der Aktion heraus, ob die Firma nicht nur publicityträchtige Worte ins Formular einträgt, während die Taten auf sich warten lassen? Die Interviews vom Personalchef bis zu den Arbeitgebern klären Unwahrheiten rasch. Wundern sich etwa Arbeitnehmer, daß bei ihnen Seminare stattfinden, während der Personal-chef freudig die Frage nach Weiterbildung bejaht, ist es unwahrscheinlich, daß der „Gläserne Schuh" im Firmenfoyer aufgestellt werden kann.

Eines der Kriterien zur Preisvergabe ist der Prozentsatz an Frauen, der nach der Karenzzeit wieder zurück in die Firma geht. „Alles unter 50 Prozent", befindet Pasquali-Kosztandi, „ist schlecht. Auch wenn der Betrieb noch so viele Zuckerln bietet: da stimmt was nicht."

„Manchmal stellt sich die Sache

auch umgekehrt dar. Bei jener Firma etwa, deren Förderung weiblicher Würde nicht nur durch deren Werbelinie umstritten ist. Die Rücklaufquote (nach der Karenz) betrug rund fünf Prozent. „Typisch Handel", dachte Pasquali-Kosztandi, „da kündigen die Frauen immer nach der Geburt des Kindes." Weil aber sonst „alles stimmte", fuhr sie hin. Viele Frauen, so erfuhr sie, können auch nach fünf, sechs Jahren in den Betrieb zurückkommen. Zwar ist es keine bezahlte Karenz, „aber immerhin fast eine Jobgarantie", beurteilte schließlich die Jury, und das Unternehmen heimste einen Preis ein.

Nicht nur der Wiedereinstieg und die Arbeitszeitmodelle sind Kriterien für die Preisvergabe.

„An der Zahl von Frauen in Führungspositionen ", meint die Wienerin Pasquali-Kosztandi, „ist schon abzulesen, ob ein Betrieb frauen- und familienfreundlich ist." Schwindeln gilt nicht: Vermerkt etwa ein Bewerber Weiterbildungskurse für Frauen, wird nachgeschaut, welche dies sind. Gibt es Schreibmaschine und Eng-lisch-Steno für Frauen, und Persönlichkeitsbildung und Zeitmanaga-ment für Männer, dann setzt es einen schwarzen Punkt.

Heuer wird sicher das neue Schlagwort „flexible Arbeitszeit" genauer unter die Lupe genommen. Denn ist die„freie Zeiteinteilung" vom Arbeitgeber aufgezwungen, meint Pasquali, dann sei das nicht im Sinne des Fortschritts.

Als Pendant zum amerikanischen „Familienfreundlichkeits-Indikator" oder dem deutschen Familien-Audit, soll auch in Österreich Familienfreundlichkeit als wettbewerbswirksamer Faktor in die Unternehmensstrategien aufgenommen werden. Familienminister Martin Bartenstein will die Aktion „Taten statt Worte" bundesweit durchführen. Durch den Wiener Wettbewerb „Gläserner Schuh" kann Alice Pasquali-Kosztandi den Ist-Zustand auf dem weiten Feld der Familienfreundlichkeit erkunden und wohl „auch beratend wirken". Für großzügige Projekte ist die Kapazität zu klein. Die junge Mutter ist nämlich ehrenamtlich tätig.

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